OGH 13Os163/95

OGH13Os163/956.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann T***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann T***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 1.September 1995, GZ 20 u Vr 13.129/94-97, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, der Angeklagten Johann T***** und Franz G***** und der Verteidiger Dr.Landskorn und Dr.Zeh, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann T***** wird verworfen, seiner Berufung wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen den diesen Angeklagten treffenden Strafausspruch Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf achtzehn Jahre erhöht.

Gemäß §§ 344, 290 Abs 1 StPO wird aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der den Angeklagten Franz G***** treffende Strafausspruch aufgehoben und in der Sache selbst gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO erkannt:

Franz G***** wird nach § 75 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Juli 1994, AZ 12 c E Vr 6814/94, zu einer Zusatzstrafe von neunzehn Jahren und neun Monaten verurteilt.

Die Anrechnung der Vorhaft wird bei Franz G***** aus dem angefochtenen Urteil übernommen.

Mit ihrer Franz G***** betreffenden Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Johann T***** auch die durch seine Rechtsmittel verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Johann T***** und Franz G***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Die Geschworenen haben die anklagekonformen Hauptfragen nach Mord für T***** mehr-, für G***** einstimmig bejaht und demzufolge die gestellten Eventualfragen nach § 287 StGB nicht beantwortet.

Den Angeklagten liegt zur Last, am 16.Juli 1994 in Mödling in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter Ingeborg T***** durch Zufügen mehrerer Stich- und Schnittverletzungen im Halsbereich sowie durch Versetzen einer Stichwunde am Rücken vorsätzlich getötet zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Johann T***** bekämpft den Schuldspruch aus § 345 Abs 1 Z 6 StPO; indes zu Unrecht.

Der Beschwerdeführer bemängelt die Unterlassung von Eventualfragen nach den Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang gemäß §§ 83 (Abs 1 bzw 2) und 86 StGB sowie, dem bereits in der Hauptverhandlung gestellten Antrag (S 202/II) folgend, nach absichtlicher schwerer Körperverletzung gemäß § 87 Abs 1 und 2 zweiter Fall.

In Abweichung von seiner auch den Mordvorsatz betreffenden, geständigen Verantwortung vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter (S 179 f, 184 f/I) hat der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung jede Mitwirkung an der Tat geleugnet, den Mitangeklagten Franz G***** der Sache nach als Alleintäter bezeichnet (S 176/II) und außerdem behauptet, er habe lediglich damit gerechnet, Franz G***** werde das Opfer bloß durch Bedrohung mit einem Messer nötigen, weiteres Schimpfen zu unterlassen (S 182/II).

Dieses Vorbringen bietet keinen Anhaltspunkt, er hätte eine Verletzung (oder eine Mißhandlung mit fahrlässig bewirkten Verletzungsfolgen) seiner Gattin im Sinn des § 83 Abs 1 bzw Abs 2 StGB in seinen Vorsatz aufgenommen bzw deren schwere Verletzung beabsichtigt, woraus der Tod der Genannten erfolgte, den er wenigstens fahrlässig (§ 7 Abs 2 StGB) zu verantworten hätte.

Auch in der Verantwortung des Franz G***** wurde in dieser Richtung nichts vorgebracht. Dieser hat vielmehr den Beschwerdeführer, etwa durch den Hinweis auf die Richtigkeit seiner dessen Mittäterschaft am Mord bestätigenden Angaben vor der Polizei (S 169 f/I), und die Aussage, er habe schon bei früheren Drohungen des Beschwerdeführers gegenüber dessen Gattin befürchtet, dieser könnte seine Drohungen "mit dem Umbringen" vielleicht doch wahrmachen (S 172 iVm 162/II), auch in der Hauptverhandlung massiv belastet (S 162 f/II; siehe auch ON 12).

Darin ist kein Tatsachenvorbringen gelegen, das im Fall seiner Richtigkeit die Annahme zuließe, der Beschwerdeführer würde für den Tod seiner Gattin lediglich nach §§ 83 (Abs 1 oder 2) und 86 oder 87 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB haften.

Die vom Beschwerdeführer reklamierten Eventualfragen waren daher nicht geboten, weswegen die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Das Geschworenengericht verurteilte Johann T***** nach § 75 StGB (unter Anrechnung der Vorhaft) zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe, wobei als erschwerend das grausame Vorgehen, als mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel sowie der Beitrag zur Wahrheitsfindung durch das Geständnis vor der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich gewertet wurden.

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft bekämpfen den Strafausspruch jeweils mit Berufung, dieser die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung und Strafherabsetzung, jene eine Straferhöhung beantragend.

Die vom Angeklagten für sich reklamierte Alkoholisierung zur Tatzeit kann nicht als weiterer Milderungsgrund gewertet werden, war er doch schon durch längere Zeit dem Alkoholmißbrauch ergeben und neigte eingestandenermaßen auch in diesem Zustand zu Gewalttätigkeiten gegen seine Gattin (s § 35 StGB). Der bisher ordentliche Lebenswandel wurde dem Angeklagten zugute gehalten, sodaß für eine Berücksichtigung weiterer Momente im Rahmen des einen einzigen Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB darstellenden Umstandes (Mayerhofer/Rieder, StGB4, § 34 E 8) kein Raum bleibt. Die Berufung des Angeklagten geht somit fehl.

Hingegen ist die Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel bezüglich T***** im Recht. Neben der Wehrlosigkeit des Opfers ist noch als erschwerend zu werten, daß er die mehrfach tödlichen Stiche gegen seine eigene Gattin mit großer Kaltblütigkeit geführt hat, sodaß eine Erhöhung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe wie im Spruch gerechtfertigt ist.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann T***** hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten Franz G***** mit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO behaftet ist.

Das Geschworenengericht hat über ihn unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das im Spruch bezeichnete Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, mit dem er rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden war (S 77/I), eine zeitliche Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren verhängt. Die Summe der über einen Angeklagten unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf eine andere zeitliche Freiheitsstrafe verhängten zeitlichen Freiheitsstrafen darf jedoch die im § 18 Abs 2 StGB vorgesehene längste Dauer einer auf bestimmte Zeit verhängten Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren nicht übersteigen (Mayerhofer/Rieder, aaO, § 31 E 64; Foregger/Kodek, StGB5, § 18 Erl III). Da nach dem vorliegenden Strafausspruch die Gesamtstrafe jedoch zwanzig Jahre und drei Monate betragen würde, hat das Erstgericht seine Strafbefugnis zum Nachteil des Angeklagten Franz G***** überschritten. Das angefochtene Urteil war daher gemäß §§ 344, 290 Abs 1 StPO in dem diesen Angeklagten treffenden Strafausspruch (unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufzuheben und bezüglich dieses Angeklagten mit Strafneubemessung vorzugehen.

Dabei waren als mildernd das Geständnis, als erschwerend hingegen zwei einschlägige Vorstrafen, das grausame Vorgehen gegen ein wehrloses Opfer und das Zusammenfallen eines Verbrechens mit einem Vergehen zu werten. Im Hinblick auf die allgemeinen Strafbemessungsgrundsätze (§ 32 StGB) war daher auf eine Freiheitsstrafe wie im Spruch ersichtlich zu erkennen, wobei gemäß §§ 31, 40 StGB auf die dort bezeichnete Vorverurteilung zu drei Monaten Freiheitsstrafe Bedacht zu nehmen war.

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung gegen den Strafausspruch bei Franz G***** auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte