OGH 13Os151/86

OGH13Os151/8613.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.November 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Täuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Wilhelm R*** wegen des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. b und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengerichts vom 5.August 1986, GZ. 29 Vr 2838/84-57, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, des Angeklagten Wilhelm R*** und des Verteidigers Dr. Kornek zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 3.Jänner 1947 geborene kaufmännische Angestellte Wilhelm R*** wurde des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. b und c PornG schuldig erkannt. Darnach hat er in gewinnsüchtiger Absicht vom 8. Oktober bis 14.November 1984 in Wels die im Urteilsspruch näher bezeichneten unzüchtigen Broschüren anderen angeboten und überlassen (1) sowie am 30.Oktober 1984 in Salzburg unzüchtige Videokassetten nach Österreich eingeführt (2).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Als den Ausspruch über entscheidende Tatsachen betreffende Begründungsmängel (Z. 5) rügt der Beschwerdeführer, daß seine (in der Hauptverhandlung vom 5.August 1986 verlesene) Verantwortung vom 12. November 1985 unrichtig wiedergegeben und seine sonstigen Angaben sowie die Zeugenaussagen des Peter P*** und des Hartmut S*** zur Frage seiner Verantwortlichkeit für Exporte von Videokassetten der K & K-W***.M.B.H nach Österreich und der hiefür vorgesehenen Kontrolle mit Stillschweigen übergangen worden seien; zudem sei übersehen worden, daß er die in Salzburg beschlagnahmten für die Firma V*** R*** importierten 14 Stück Videokassetten nicht bestellt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerdeeinwände schlagen nicht durch: Nach den Urteilsfeststellungen war der Angeklagte einerseits für die Firma V*** R*** und den "E***-S***-M***" während der (durch ihre Schwangerschaft bedingten) Verhinderung seiner Gattin Eveline R*** und andererseits als Angestellter der

K & K-W*** in München für Exporte von

Videokassetten nach Österreich verantwortlich. Zu dieser Verantwortlichkeit hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 12.November 1985 mit dem Bemerken, daß er nach stichprobenweiser Überprüfung der Ware auf ihre "Österreichtauglichkeit" die Anweisungen für den Export der Videokassetten (zum Unterschied für jenen der Magazine) gegeben habe (S 278, 279), zunächst auch bekannt; diese - in der Hauptverhandlung vom 18.März 1986 allerdings geänderte (S 305) - Darstellung ist in den Urteilsgründen ihrem wesentlichen Inhalt nach aktengetreu wiedergegeben worden. Im übrigen ist die Einlassung des Angeklagten vom Erstgericht ausführlich erörtert worden (S 361); desgleichen sind die Zeugenaussagen des Peter P*** und des Hartmut S*** (die Zeugin S*** konnte mangels Eruierbarkeit ihrer Adresse nicht vernommen werden), die Kontrolle und Versendung der Exportware besorgt zu haben (S 330, 332, 335), vom Erstgericht ebensowenig mit Stillschweigen übergangen, sondern im Rahmen der Beweiswürdigung verwertet worden (S 363).

Entscheidend ist jedoch, daß nach der in freier Beweiswürdigung gewonnenen Überzeugung des Gerichts der Angeklagte eine genaue inhaltliche Prüfung der Ware vorsätzlich unterlassen und hiebei einen (absolut) unzüchtigen Inhalt sowohl der im "E*** S***-M***" in Wels feilgehaltenen Magazine, als auch der für den Import an die Firma V*** R*** in Salzburg bestimmten Videokassetten ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat (S. 360, 363). Demgemäß kommt es nicht darauf an, ob der Angeklagte sämtliche nach Österreich exportierten Videofilme und Zeitschriften selbst kontrolliert oder bloß eine stichprobenweise Kontrolle vorgenommen hat und ob er die inkriminierten Videokassetten, für deren Auswahl und Versendung er bei Exporten nach Österreich als maßgebender Angestellter der Firma K & K W***.M.B.H. verantwortlich war, namens der Firma seiner Gattin bestellt hat. Insoweit haften dem angefochtenen Urteil daher weder Begründungs- noch auf unrichtiger Rechtsansicht beruhende Feststellungsmängel (Z. 9 lit. a) an.

Mit dem Einwand, daß im Fall größerer Warenanlieferungen auch bei sorgfältiger Kontrolle Fehler niemals vermieden werden könnten, bringt der Beschwerdeführer den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Wie bereits dargelegt, ist das Erstgericht davon ausgegangen, daß dem Angeklagten trotz des im Vergleich zur Vielzahl des Warenangebots geringen Anteils inkriminierter Broschüren und Videokassetten kein bloßes Versehen bei Ausübung der Kontrolle unterlaufen ist, sondern daß er in bezug auf den (absolut) unzüchtigen Charakter dieser Gegenstände mit dolus eventualis gehandelt hat.

Unzutreffend ist aber auch die Argumentation des Angeklagten, ihm könne Mißachtung einer persönlichen Handlungspflicht nicht angelastet werden, weil ihm bei der großen Anzahl der gelieferten Stücke nicht hätte zugemutet werden können, eine Kontrolle jedes einzelnen Stücks vorzunehmen und er sich auf die bei der Firma K & K-W***.M.B.H. eingerichteten

Kontrollmaßnahmen habe verlassen dürfen. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer die ihm als zeitweiligem (de facto-) Geschäftsführer der Firma V*** R*** bzw. des "E***

S***-M***" obliegende Informations- und Prüfungspflicht bezüglich der dort angebotenen und anderen überlassenen Magazine nicht auf die Lieferfirma (oder auf die Zollbehörden) abwälzen durfte (13 Os 189,190/85), würde selbst die Bestellung einer geeigneten Person mit der Aufgabe, die Einhaltung der Bestimmungen des Pornographiegesetzes zu überwachen, den Verantwortlichen nur dann exkulpieren, wenn er auf die Wirksamkeit der Kontrolle vertraut (Mayerhofer-Rieder, II/ Nebenstrafrecht, ENr. 48 zu § 1 PornG). Eben diese Voraussetzung ist aber vorliegend verneint worden. Hat doch das Erstgericht angenommen, daß der Angeklagte mit einem unzüchtigen Charakter der inkriminierten Gegenstände, mithin auch der importierten Videokassetten gerechnet, es aber ungeachtet dieser ihm bewußt gewordenen Möglichkeit vorsätzlich unterlassen hat, die von der Firma K & K-W***.M.B.H. an die Firma V***

R*** exportierten Videokassetten auszuwählen und die im "E*** S***-M***" in Wels feilgehaltenen Zeitschriften darauf zu untersuchen, ob sie sogenannte "harte Pornographie" (Darstellungen gleichgeschlechtlicher Betätigung, einer Unzucht mit Tieren oder sexueller Gewalttätigkeiten) enthalten, sie also auf jeden Fall vertreiben wollte (Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 2 , ENr. 78 ff. zu § 1 PornG).

Da sich der Schuldspruch demnach auch in rechtlicher Hinsicht als einwandfrei erweist, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 1 Abs. 2 PornG, §§ 28 Abs. 1, 37 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je S 400 (50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), die es unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Dabei waren besondere Umstände weder erschwerend noch mildernd. Gemäß § 3 Abs. 1 PornG wurden die beschlagnahmten 14 Videokassetten für verfallen erklärt.

Mit seiner Berufung wendet sich der Angeklagte lediglich gegen die Anzahl der Tagessätze, die er im Hinblick auf den geringen wertmäßigen Umfang der ihm angelasteten Delikte (5 Magazine und 14 Kassetten im Wert von etwa 2.000 bis 3.000 S) für zu hoch hält. Auch der Berufung bleibt ein Erfolg versagt.

Der Berufungswerber geht offenbar gedanklich von einer höchstmöglichen Geldstrafe von 360 Tagessätzen (§ 37 Abs. 1 StGB) aus und vergleicht damit die verhängte Strafe. Legt man hingegen richtigerweise die hier anzuwendende gesetzliche Strafdrohung (§ 1 Abs. 2 PornG: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr mit der Möglichkeit einer zusätzlichen Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen) zugrunde, so erweist sich die bedingt nachgesehene und daher zunächst von der Androhung allein her effiziente, geschöpfte Unrechtsfolge keineswegs als überhöht.

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