OGH 13Os149/79

OGH13Os149/7922.11.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.November 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Böhm-Hiller als Schriftführers in der Strafsache gegen Rainer A wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 1.Juni 1979, GZ. 5 e Vr 10.596/78-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Karner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Monate herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes wurde der Angeklagte Rainer A der Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB., der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB. und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB. schuldig erkannt, weil er A/ nachts zum 21. Dezember 1978 in Wien in der Wohnung der Elfriede B nicht ihm gehörende Einrichtungsgegenstände, Topfpflanzen und Lebensmittel in einem 5.000 S übersteigenden Wert zerstörte, beschädigte und verunstaltete, wobei der entstandene Schaden ca. 45.000 S beträgt; B/ am 21.Dezember 1978 in Wien versuchte, die Elfriede B dadurch, daß er sie anrief und sagte, sie werde, wenn sie seine Anordnungen nicht befolge und Autopapiere nicht ausfolge, die nächste Zeit im Rollstuhl fahren, somit durch gefährliche Drohung zur Herausgabe der Autopapiere zu nötigen; C/ im August 1978 in Jugoslawien den Führerschein des Johann B, den er durch Entfernen des Originalphotos und Einkleben seines eigenen Bildes verfälscht hatte, im Rechtsverkehr gebrauchte.

Nur in den Punkten A/ und B/ ficht der Beschwerdeführer den Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. a und c StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an. Aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. wendet sich die Beschwerde vorerst gegen den Schuldspruch wegen Vergehens der schweren Sachbeschädigung und führt hiezu aus, das Urteil sei unvollständig, unzureichend und in sich widersprüchlich begründet, wenn es, sich nicht mit allen Tatsachen befassend, zur Feststellung gelangt sei, die Lebensgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und der Geschädigten Elfriede B habe zur Tatzeit nicht mehr bestanden.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge versagt.

Das Erstgericht begründete die bekämpfte Feststellung vollkommen mängelfrei, indem es sich eingehend mit der Aussage der Zeugin B vor Polizei und Untersuchungsrichter einerseits und in der Hauptverhandlung anderseits befaßte und nach genauer Würdigung der voneinander abweichenden Angaben zur Überzeugung gelangte, daß die Abschwächung des Vorbringens in der Verhandlung auf das Bestreben zurückzuführen ist, dem Beschwerdeführer nunmehr nach Möglichkeit zu helfen (S. 164 f d.A.). Für diese Würdigung der Aussagen führt das Schöffengericht genügend Gründe an, die sowohl der forensischen wie auch der Lebenserfahrung entsprechen; sie sind weder in sich widersprüchlich noch unvollständig oder unzureichend; in Wahrheit stellen sich die hiegegen gerichteten Ausführungen des Beschwerdeführers als unzulässiger und damit unbeachtlicher Versuch einer Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Erstgerichtes dar. Gegen den Schuldspruch wegen versuchter Nötigung (Punkt B/ des Urteils) bringt der Beschwerdeführer vor, das Schöffengericht lasse unberücksichtigt, daß sich die Zeugin B im kritischen Zeitpunkt in einem hochgradigen Erregungszustand befunden habe; sie könne sich geirrt haben, als sie in der Stimme des Anrufers die des Beschwerdeführers zu erkennen glaubte.

Auch hiemit wird keine formale Nichtigkeit des angefochtenen Urteils aufgezeigt, sondern nur erneut die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft, das eingehend begründete, warum es zur Überzeugung kam, daß der Drohanruf dem Beschwerdeführer und niemand anderem zur Last falle.

Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.

haftet darum dem Urteil nicht an.

Unter Berufung auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a und c StPO. führt der Beschwerdeführer aus, nach dem § 166 Abs. 3 StGB. sei der Täter einer Sachbeschädigung bei bestehender Lebensgemeinschaft mit dem Geschädigten nur auf Grund einer Privatanklage zu verfolgen, die hier fehle. Das Erstgericht hätte deshalb rechtsrichtig zu einem Freispruch gelangen müssen. Der mit diesen Ausführungen allein geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. c StPO. liegt gleichfalls nicht vor.

Für die Beurteilung einer Sachbeschädigung als Privatanklagedelikt nach § 166 Abs. 3 StGB. wäre erforderlich, daß zur Tatzeit zwischen Täter und Geschädigtem eines der im § 166 Abs. 1 StGB. aufgezählten Naheverhältnisse bestand, zu denen auch die Lebensgemeinschaft gehört (§ 72 Abs. 2 StGB.). Die früher vorgelegene Lebensgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und der Zeugin B war aber - nach den Urteilsannahmen - im Zeitpunkt der Tat bereits aufgelöst. Dabei ist nicht von entscheidender Bedeutung, daß die Auflösung insbesondere durch sofortige Aufgabe der Wohnungsgemeinschaft spontan und ohne irgendwelche Formalitäten stattgefunden hatte. Daß dem Beschwerdeführer gestattet worden war, noch eine Nacht in der Wohnung zu verbringen, bleibt schon angesichts des Umstandes, daß Elfriede B diese Nacht eben wegen dieses Aufenthaltes nicht in ihrer Wohnung zubrachte, für die rechtliche Subsumtion der Tat ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, daß die Lebensgemeinschaft später wieder aufgenommen wurde und die Zeugin in der Hauptverhandlung erklärte, an einer Bestrafung des Beschwerdeführers nicht (mehr) interessiert zu sein. Die Behauptung eines dem Schöffensenat unterlaufenen Rechtsirrtums durch Beurteilung eines Privatanklagedeliktes als Offizialdelikt ist deshalb gleichfalls unberechtigt. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Landesgericht verurteilte den Angeklagten gemäß dem Strafsatz des § 126 Abs. 1 StGB. unter Anwendung der Bestimmung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres. Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen von drei Vergehen und die (einschlägigen) Vorstrafen des Angeklagten, mildernd hingegen das Teilgeständnis und die Schadensgutmachung zu Punkt A/ des Spruchs.

Der Angeklagte bekämpft mit seiner Berufung lediglich das Strafausmaß.

Die Berufung ist begründet.

Die hier gegebenen Strafzumessungsgründe wurden zwar in erster Instanz im wesentlichen vollzählig und richtig festgestellt, aber nicht zutreffend gewürdigt;

denn das Erstgericht maß den Milderungsgründen ersichtlich zu geringe Bedeutung bei. In sorgfältiger Wertung und Würdigung der gegebenen Strafzumessungsgründe, insbesondere unter besonderer Berücksichtigung des näheren Tatherganges und der Tatmodalitäten der Sachbeschädigung erschien dem Obersten Gerichtshof eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf das im Spruch ersichtliche, dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen und dem Verschuldensgrad des Angeklagten gerecht werdende Ausmaß notwendig und geboten. Der Berufung war daher in diesem Sinn Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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