OGH 13Os147/17t

OGH13Os147/17t14.3.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. März 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Khayri M***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19. Juli 2017, GZ 42 Hv 11/16t‑70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00147.17T.0314.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Khayri M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (A) und des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er am 10. Juli 2015 in W*****

(A) die am 25. März 2001 geborene Naama M***** mit Gewalt, nämlich durch das Versetzen eines Schlages auf die Schulter, Überkreuzen der Hände und Festhalten an den Handgelenken, zur Duldung des Beischlafs genötigt;

(B) durch die zu A genannte Handlung mit seiner Tochter, sohin mit einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, den Beischlaf vollzogen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Urologie zum Beweis dafür, dass der Angeklagte die Vergewaltigung in der beschriebenen Position aus gesundheitlichen Gründen nicht durchführen konnte, weil zum Beispiel „eine Erektion des Penis nicht möglich ist“ (ON 60 S 3), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (ON 60 S 4). Selbst Tatvollendung iSd § 201 Abs 1 StGB setzt nach ständiger Judikatur eine Erektion des Gliedes des Täters nicht voraus (RIS‑Justiz RS0090720 [insbesondere T2 und T3], jüngst 13 Os 47/17m). Auch aus dem Blickwinkel allfälliger Kontrollbeweisführung konnte die Frage nach der Erektionsfähigkeit dahinstehen, weil der Angeklagte diese gar nicht grundsätzlich in Abrede gestellt hatte (ON 60 S 4). Aus welchen Erwägungen der urologische Sachverständige in Bezug auf den Gesundheitszustand des Angeklagten im Übrigen und dessen Fähigkeit, mit dem Opfer in der beschriebenen Weise einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen, zu einem anderen Schluss kommen sollte als die medizinischen Sachverständigen (vgl dazu US 6 f), war dem Antrag übrigens auch nicht zu entnehmen.

Das ergänzende Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegt dem sich aus dem Wesen des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO ergebenden Neuerungsverbot und ist demnach unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117).

Unvollständig (§ 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS‑Justiz RS0118316).

Solche spricht die Mängelrüge nicht an.

Wer wann und in wessen Beisein mit Naama M***** über das ihr Widerfahrene gesprochen habe, ob sie auch eine Bedrohung mit dem Holzstock erwähnt oder gegenüber einem Zeugen von einer anderen Liegeposition bei der Vergewaltigung gesprochen habe, ist für die Lösung der Schuld- und der Subsumtionsfrage nicht von Bedeutung.

Unschärfen in der Aussage des Zeugen Karam F***** erörterte das Erstgericht im Übrigen sehr wohl (US 10).

Mit dem Vorbringen zur Täterschaft des Angeklagten, die das Erstgericht aus den für glaubwürdig befundenen Angaben der Naama M***** ableitete (US 7), wird kein Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet. Unter dem Aspekt der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO betrachtet, werden mit der Bezugnahme auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten jedenfalls keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen geweckt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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