Spruch:
Anton B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Gegen Anton B***** ist beim Landesgericht für Strafsachen Wien zu AZ 5 c E Vr 6468/96 ein Strafverfahren anhängig, in welchem die Staatsanwaltschaft dem Genannten in mehreren, teilweise in der Hauptverhandlung ausgedehnten Strafanträgen die Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 zweiter Fall StGB, der (mehrfachen) teils vollendeten, teils versuchten Urkundenfälschung nach §§ 223 Abs 1 und Abs 2 sowie 15 StGB, der (mehrfachen) gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB sowie das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB zur Last legt.
Mit Urteil des Einzelrichters vom 20.Oktober 1997 wurde Anton B***** (neben Teilfreisprüchen und Verfolgungsvorbehalten, ON 140) der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, der teils vollendeten, teils versuchten Urkundenfälschung nach §§ 223 Abs 1 und Abs 2 sowie 15 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer unmittelbar zu vollziehenden Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Dieses (nach der Aktenlage noch nicht ausgefertigte) Urteil ist infolge "voller" Berufung des Angeklagten sowie Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Strafe nicht rechtskräftig.
Über Anton B*****, der sich in diesem Verfahren bereits vom 14.Juni bis 31.Juli 1996 in Verwahrungs- und Untersuchungshaft befunden hatte, wurde nach seiner neuerlichen Festnahme am 23.März 1997 mit Beschluß vom 26.März 1997 abermals die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr verhängt.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht der Haftbeschwerde des Angeklagten nicht Folge und sprach aus, daß die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO fortzusetzen ist.
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde wurde zunächst vom Angeklagten rechtzeitig, aber ohne Verteidigerunterschrift beim Obersten Gerichtshof eingebracht. Im Zuge des Verbesserungsverfahrens (§ 3 Abs 2 GRBG) erfolgte - trotz eines bereits nach § 41 Abs 2 StPO für das gesamte Verfahren beigegebenen Verteidigers (ON 13) - eine aus einem solchen Anlaß in der Prozeßordnung grundsätzlich nicht vorgesehene Bestellung eines weiteren Verfahrenshelfers "für das Verfahren betreffend die Grundrechtsbeschwerde" (ON 137), welcher nach Erhalt der Beschwerde in seiner nunmehr am 3.November 1997 beim Erstgericht eingelangten und von ihm unterschriebenen Ausführung derselben die Argumente der ursprünglichen Beschwerde belassen und diese bloß zusammengefaßt hat (ON 146), womit er dem Mängelbehebungsauftrag nachgekommen ist.
Die Grundrechtsbeschwerde ist jedoch nicht im Recht.
Rechtliche Beurteilung
Den dringenden Tatverdacht bekämpft sie hinsichtlich des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB. Dieser wurde aber einerseits vom Oberlandesgericht unter Hinweis auf die Zeugenaussage des Dietmar T***** (S 253 f/I) zutreffend bejaht, andererseits stellt dieses Faktum keineswegs die alleinige und ausschlaggebende Grundlage der Haftverhängung dar, sodaß auch die auf den Verleumdungsvorwurf bezogenen Ausführungen zum (bestrittenen) Vorliegen der Tatbegehungsgefahr ins Leere gehen.
Der herangezogene Haftgrund ist nämlich im vorliegenden Gerichtshofverfahren (s. § 8 Abs 3 StPO, vgl auch ÖJZ-LSK 1980/183) - entgegen den Beschwerdeeinwänden - zu Recht angenommen worden, wie die zahlreichen einschlägigen (Rückfall gemäß § 39 StGB begründenden) Vorstrafen des Beschwerdeführers wegen Aggressions- und Urkundendelikten im Zusammenhang mit dem neuerlichen dringenden (bereits zur Aburteilung führenden) Verdacht mehrfacher Begehung solcher Straftaten deutlich belegen. Das Beschwerdeargument des längeren Zurückliegens einiger Verurteilungen versagt schon angesichts der vorgeworfenen Tatwiederholungen sogar während des laufenden Strafverfahrens.
Die Behauptung der Unverhältnismäßigkeit der Haft in bezug auf Dauer und konkrete Schwere der Taten geht gleichfalls fehl, weil das Beschwerdevorbringen dazu einzelne Delikte isoliert in den Vordergrund stellt, ohne die gebotene Gesamtbetrachtung aller zur Haftverhängung herangezogenen Taten zu berücksichtigen. Außerdem läßt der Beschwerdeführer außer acht, daß bei ihm bereits die Voraussetzungen für die Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 StGB zutreffen, weshalb das Bezirksgericht nicht einmal über Urkundsdelikte entscheidungsbefugt wäre (§§ 8 Abs 3, 9 Abs 1 Z 1 StPO) und für die Einschätzung der zu erwartenden Sanktion (ausgenommen des Verleumdungsvorwurfes) die Möglichkeit der Überschreitung der angedrohten Freiheitsstrafe offensteht.
In Ansehung aller angelasteter Straftaten und des Umstandes, daß sich der Angeklagte im Zeitpunkt der angefochtenen Beschlußfassung (s. 14 Os 19/97) insgesamt knapp sechs Monate in Haft befand, ist dem Gerichtshof zweiter Instanz bei Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Haft zur Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Strafe kein Fehler unterlaufen, was auch das mittlerweile verhängte, wenn auch nicht rechtskräftige (s. 14 Os 30/94), Strafmaß für bloß einen Teil der strafbaren Handlungen, die der Untersuchungshaft zugrunde liegen, bekräftigt.
Letztlich übersieht der Beschwerdehinweis auf einen angeblichen Verstoß gegen die Bestimmung des § 194 StPO die Begrenzung der Geltung dieser Fristen mit dem Beginn der Hauptverhandlung.
Da somit die bekämpfte Entscheidung mit dem Gesetz im Einklang steht und Anton B***** in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, war die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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