OGH 13Os136/14w

OGH13Os136/14w25.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Februar 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bachl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Klaus B***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 9. April 2014, GZ 24 Hv 21/12v‑42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00136.14W.0225.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Klaus B***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er von September 2010 bis Dezember 2010 in Krems an der Donau in 84 Angriffen als Geschäftsführer der K***** Internationale Speditionsgesellschaft mbH Co KG und der Kr***** RAIL Internationale Bahnspeditionsgesellschaft mbH & Co KG mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Geschäftspartner durch Vorspiegelung der Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit zur Durchführung von Transportleistungen und anderen Dienstleistungen verleitet, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag, und zwar im Betrag von etwa 370.000 Euro am Vermögen schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), das Erstgericht habe sich beim Ausspruch über entscheidende Tatsachen auf in der Hauptverhandlung nicht Vorgekommenes gestützt, trifft nicht zu. Der Sachverständige Mag. Dr. Matthias K***** hat nach dem ungerügten Protokoll seine schriftliche Expertise in der Hauptverhandlung vorgetragen (ON 41 S 8). Damit geht das weitere, dazu konträre Vorbringen ins Leere.

Weshalb die zur Begründung herangezogenen polizeilichen Erhebungsergebnisse (ON 5) kein Teil der verlesenen „Anzeige“ (ON 41 S 19) sein sollten, erklärt die Nichtvorkommen in der Hauptverhandlung behauptende Rüge nicht.

Welche entscheidungswesentliche Tatsache die Mängelrüge im Zusammenhang mit nicht verlesenen Firmenbuchauszügen bekämpft, die im Übrigen auch im Gutachten des bereits erörterten Sachverständigengutachtens Berücksichtigung fanden, legt sie nicht dar. Damit entzieht sie sich einer Erwiderung.

Die vom Beschwerdeführer vermisste (Z 5 vierter Fall) Begründung der Feststellungen zur Schadenshöhe findet sich auf US 16 unter Bezugnahme auf ON 5 (vgl dort bloß zB Blg 45, 69, 137 und 196 in Ansehung eines jedenfalls 50.000 Euro übersteigenden und damit im Hinblick auf § 147 Abs 3 StGB subsumtionsrelevanten Schadens).

Die Behauptung, das Erstgericht habe sich auf nicht verlesene Schriftsätze der Privatbeteiligten (ON 27, 28, 29, 30) gestützt, trifft nicht zu.

Mit ihrer die Zusprüche an Privatbeteiligte betreffenden Kritik macht die Mängelrüge lediglich ein Berufungsvorbringen geltend.

Gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen ging das Erstgericht bei der Feststellung des Täuschungs-, Schädigungs‑ und Bereicherungswillens von der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaften spätestens mit 31. August 2010 und auf Basis vernetzter Betrachtung weiterer Umstände unmissverständlich überdies davon aus, dass der für die Unternehmen als Geschäftsführer agierende Klaus Michael B***** ab diesem Zeitpunkt auch wusste, dass neue Verbindlichkeiten der Gesellschaften nicht mehr beglichen werden konnten (US 18, 20). Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite leitete es zudem daraus ab, dass der Angeklagte selbst zugestand, sich bereits mehrere Monate in die Geschäftsführung eingearbeitet zu haben (US 20 f). Darüber hinaus fand Berücksichtigung, dass dem positiven Jahresergebnis von 50.000 Euro Bilanzverluste aus den Vorjahren in der Höhe von 191.458 Euro und 122.146 Euro gegenüberstanden (US 21 und US 17).

Aufgrund dieser Erwägungen folgte das Erstgericht der Verantwortung des Beschwerdeführers, die Zahlungsunfähigkeit erst Ende November 2010 erkannt zu haben, nicht (US 20). Ausgehend davon, dass der Angeklagte vom Fehlen liquider Mittel zur Begleichung der Altverbindlichkeiten wusste, kamen die Tatrichter letztlich bei Gesamtbetrachtung aller Umstände zum hier relevanten Schluss, dass er mit Täuschungs‑ und Schädigungswillen handelte und über die Zahlungsunfähigkeit bewusst ein unrichtiges Bild gab, um den Abschluss von Verträgen und damit den Fortbestand der Gesellschaften nicht zu gefährden (US 21). Der einen Schädigungsvorsatz in Abrede stellenden Einlassung des Rechtsmittelwerbers folgten sie dagegen nicht (US 21). Dabei setzte sich das Erstgericht auch mit der gegen diese Feststellung sprechenden Behauptung der Suche nach einem Investor auseinander, kam aber aufgrund der für glaubwürdig befundenen Angaben des Zeugen Wolfgang O***** zum Schluss, dass diese nicht vom Angeklagten ausgegangen sei (US 22). Demnach ist für den Beschwerdeführer auch aus den Ausführungen des Sachverständigen hiezu nichts zu gewinnen.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ‑ und der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ sind die vom Erstgericht dargelegten Gründe zur Annahme der für den Tatbestand maßgeblichen subjektiven Tatseite unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit mängelfrei.

Einer Auseinandersetzung mit einzelnen Details der für widerlegt erachteten Verantwortung des Angeklagten, etwa dazu, warum er die Zahlungsunfähigkeit erst Ende November 2010 erkannt habe, bedurfte es aufgrund des Gebots zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht.

Soweit die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe ausgeht, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS‑Justiz RS0119370).

Der von den Tatrichtern gezogene Schluss vom gezeigten Verhalten auf das diesem zugrundeliegende Wissen und Wollen ist nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116882).

Die auf § 69 IO verweisende Rüge (der Sache nach aus Z 9 lit a) geht nicht vom festgestellten Sachverhalt (zur inneren Tatseite), sondern von dessen Bestreitung aus (vgl aber RIS‑Justiz RS0099810).

In der Beschwerde reklamierte Ausführungen des Sachverständigen dazu, ob dem Angeklagten „Handlungen im Sinne des § 159 Abs. 5 StGB vorgehalten werden können“ (BS 8 unten), betreffen Rechtsfragen. Solche sind vom Gericht zu lösen (Hinterhofer, WK‑StPO § 127 Rz 12). Übrigens nahm der Sachverständige bei der Erstellung des Gutachtens noch an, dass die Initiative zur Suche eines Investors vom Angeklagten ausging (ON 41 S 14; US 22).

Entgegen der Beschwerde (Z 5 zweiter Fall) haben die Tatrichter die Einlassung des Angeklagten, die Zahlungsunfähigkeit erst Ende November durch ein Gespräch bei der B***** erkannt zu haben, durchaus berücksichtigt, sind ihr aber nicht gefolgt (US 20 f).

Auch mit dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge wird kein Begründungsmangel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufgezeigt, sondern die tatrichterliche Beweiswürdigung unzulässig nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht die getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte seine Geschäftspartner bei Vertragsabschlüssen (s auch US 18) über „seine finanzielle Lage“ (mit Blick auf den Spruch des Urteils und US 18 gemeint: die der Gesellschaften) unaufgeklärt ließ und zur Durchführung von Transporten im Wert von 370.046,99 Euro verleitete, obwohl er für die Leistungen keine Zahlung erbringen konnte, und dabei zumindest „den bedingten Vorsatz hatte“, seine Geschäftspartner in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen zu schädigen (US 23). Damit wird der Bezugspunkt einer erfolgreichen Anfechtung verfehlt (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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