Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Zoran P***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigen Person nach § 205 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 25. Jänner 2009 in Wien Sandy R*****, eine infolge geistiger und körperlicher Behinderung wehrlose Person, unter Ausnutzung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er eine geschlechtliche Handlung an ihr vornahm, indem er versuchte, mit seinem Penis in ihre Vagina einzudringen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Die Tatrichter begründeten die Urteilsannahme (US 5 f), der Beschwerdeführer habe (als Kraftfahrer eines Fahrtendienstes vorwiegend für Behindertentransporte) für den Transport des Opfers, währenddessen er das inkriminierte Verhalten gesetzt habe, deutlich länger gebraucht als „laut Routenplaner“ und sei am Zielort mit erheblicher Verspätung angekommen, unter anderem mit der Überlegung, er sei auch beim nächsten Kunden eine halbe Stunde zu spät eingetroffen, was die Schlussfolgerung stütze, dass „er R***** zu spät abgeliefert hat und zu lange mit ihr unterwegs gewesen war“. Sein diesbezüglicher Erklärungsversuch vermochte das Erkenntnisgericht „wenig zu überzeugen“ (US 10).
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf zeugenschaftliche Vernehmung dieses (nächsten) Kunden, Franz F*****, zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte zum ersten Mal“ bei diesem gewesen sei „und es durchaus glaubwürdig war, dass er eine halbe Stunde zu spät gekommen ist und er die Adresse nicht gefunden hat“ (ON 36 S 41), Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt. Aus dem begehrten Verfahrensschritt war für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil angesichts des von ihm selbst (vgl ON 36 S 11 und 17) und im Antragsvorbringen gar nicht in Frage gestellten, bereits verspäteten Zeitpunkts der Ablieferung des Opfers nach der Tat das Eintreffen beim nächsten Kunden und diesbezügliche Erklärungsversuche des Beschwerdeführers - auch unter dem Aspekt dessen Glaubwürdigkeit - nicht von schulderheblicher Bedeutung waren. Zudem ließ der - solcherart auf unzulässige Erkundungsbeweisführung abzielende - Antrag nicht erkennen, inwieweit der genannte Zeuge Wahrnehmungen über den Grund der Verspätung des Beschwerdeführers und damit dessen Glaubwürdigkeit bestätigende Angaben hätte machen können.
Auch der Antrag auf Vernehmung eines „informierten Vertreters des Fahrtendienstes oder eines Fahrers“ zum Beweis dafür, dass eine (vom Beschwerdeführer bei der Tat verwendete) „Decke nicht im Eigentum des Angeklagten ist“ (ON 36 S 41) betraf keine erhebliche Tatsache und verfiel daher zu Recht der Abweisung. Davon abgesehen stand das Begehren im Widerspruch zu damals vorliegenden Verfahrensergebnissen (vgl ON 5 S 54) und hätte daher eines eingehenden Vorbringens zur Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschritts bedurft (RIS-Justiz RS0107040).
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Rechtsansicht des Erstgerichts, (auch) der - hier anzuwendende - erste Fall des § 205 Abs 1 StGB verlange die Absicht des Täters, sich (oder einen Dritten) durch die Missbrauchshandlung geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen (US 13, 14; vgl auch US 3 und 8), nicht zutrifft. Die angesprochene Intention ist vielmehr nur dann tatbestandsessentiell, wenn der Täter die wehrlose oder psychisch beeinträchtigte Person dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen (§ 205 Abs 1 letzter Fall StGB; vgl auch §§ 206 Abs 2, 207 Abs 2, 212 Abs 1 StGB).
Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Bleibt anzumerken, dass sich der Oberste Gerichtshof zu amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) der in der Anwendung des - zufolge nunmehriger Strafuntergrenze von sechs Monaten (gegenüber der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung) ungünstigeren - § 205 Abs 1 StGB idgF (BGBl I 2009/40) gelegenen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO - vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 653 und § 288 Rz 36) nicht veranlasst sieht, weil unrichtige Subsumtion den Angeklagten nicht ohne weiteres im Sinn des § 290 StPO konkret benachteiligt (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 ff) und vorliegend das Oberlandesgericht diesen Umstand - aufgrund dieser Klarstellung - ohne Bindung an die verfehlte rechtliche Unterstellung bei der Entscheidung über die vom Angeklagten gegen den Sanktionsausspruch erhobene Berufung zu berücksichtigen hat (RIS-Justiz RS0118870 [insbesondere T8]).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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