OGH 13Os108/07t

OGH13Os108/07t3.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Gaber S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. Februar 2007, GZ 24 Hv 3/07w-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Gaber S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet, weil er am 29. März 2006 in Wien unter dem Einfluss einer paranoid-wahnhaften Störung mit psychotischen Symptomen und aggressiven Tendenzen, sohin eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf Grund einer geistig-seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht, Manfred Sch***** und Gertraud W***** durch die wiederholt geäußerte sinngemäße Ankündigung, wenn sie ihm nicht „seinen alten Job" verschaffen, werde er sie umbringen, mithin durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich der Vermittlung seines ehemaligen Arbeitsplatzes zu nötigen versucht, und hiedurch eine Tat begangen hat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist und die ihm, wäre er zurechnungsfähig gewesen, als Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB zuzurechnen gewesen wäre, wobei nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art und Tat zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Betroffenen aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 9 lit a, 10 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt:

Das Urteil enthält keine Feststellungen, welche die rechtliche Annahme tragen könnten, der Betroffene habe mit dem Tod gedroht. In den Entscheidungsgründen ist dazu nur angeführt, dass der Betroffene am 29. März 2006 beim Arbeitsmarktservice, vertreten durch Gertraud W***** und Manfred Sch*****, vorsprach und vehement seinen alten Arbeitsplatz zurück verlangte. Im Zuge der Unterredung schlug er mehrfach mit der Faust auf den Schreibtisch und den Computer, äußerte, dass er alle umbringen werde und trat beim Verlassen des Büros gegen die Türe. Im Zuge dieser Auseinandersetzung gestikulierte der Betroffene auch mit der Faust knapp vor dem Gesicht des zur Unterstützung herbeigeeilten Manfred Sch***** (US 4 f). Zum Bedeutungsinhalt der Drohung - der eine Tatfrage darstellt (zB Schwaighofer in WK² § 106 Rz 2) - findet sich in den Entscheidungsgründen nichts in der Richtung, dass vom Betroffenen eine ernstliche Todesdrohung geäußert worden wäre. Schon dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen zwingt zur Kassation. Weiters ist nach § 21 StGB die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nur dann anzuordnen, wenn der prognostizierte Sachverhalt (= die Prognosetat) rechtlich als eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen zu beurteilen wäre. Dafür bedarf es aber eindeutiger Sachverhaltsannahmen zur prognostizierten Tat, die den Schluss ermöglichen, dass damit eine mit Strafe bedrohte, als besonders folgenschwer zu wertende Handlung zu befürchten sei. Mangels jeglicher Sachverhaltsannahmen zur Prognosetat ist vorliegend jedoch die bloße Behauptung, es sei die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung mit schweren Folgen zu befürchten, auf ihre Richtigkeit nicht überprüfbar. Wegen der damit erforderlichen Aufhebung des Urteils ist die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden (§ 285e StPO).

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