OGH 12Os98/04

OGH12Os98/0431.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. August 2004 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matschegg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Stephan K***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 19 Hv 11/04i des Landesgerichtes Klagenfurt, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Stephan K***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Beschwerdegericht vom 22. Juli 2004, AZ 11 Bs 354/04 (= ON 74 der Hv-Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Stephan K***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss des Beschwerdegerichtes wurde die über Stephan K***** - der mit von ihm mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie von der Staatsanwaltschaft mit Berufung bekämpftem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 8. April 2004, GZ 19 Hv 11/04i-59, wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 1 StGB, des Vergehens nach § 27 Abs 1 (zweiter Fall) SMG und des Vergehens des versuchten Diebstahles nach §§ 15, 127 StGB unter Anwendung von § 28 (Abs 1) StGB gemäß § 232 Abs 1 StGB bei Anrechnung der Vorhaften zwischen 8. und 14. Jänner 2004 sowie seit 16. Februar 2004 zu einer gemäß § 43a Abs 3 StGB hinsichtlich des Teiles von 16 Monaten bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt worden war - verhängte Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO fortgesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde ist nicht berechtigt. Sie geht nämlich sowohl bei Argumentation mit § 39 SMG als auch bei der Behauptung unverhältnismäßiger Dauer (im Vergleich zum nicht bedingt nachgesehenen Strafteil) von gesetzesfremden Prämissen aus. Nach § 180 Abs 1 letzter Satz StPO ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand der Bedeutung der Sache und "der zu erwartenden Strafe" vorzunehmen. Unter dem sonach entscheidenden Parameter ist - nach Wortlaut und Sinn der Bestimmung - die nach den Regeln des vierten Abschnittes des Allgemeinen Teiles des Strafgesetzbuches zu bemessende Strafe zu verstehen. Deren Höhe, die als exakte Messgröße eindeutige Aussagen ermöglicht, ist somit Gegenstand des Vergleichs mit der Dauer der Untersuchungshaft. Kein gesetzliches Kriterium der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist hingegen die im fünften Abschnitt des Allgemeinen Teiles des Strafgesetzbuches geregelte Frage, ob und unter welchen Bedingungen es zum Vollzug der - solcherart bereits ausgesprochenen, also unabhängig davon bereits existenten - Strafe kommt. Ob eine Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen wird oder nicht, spielt daher für die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 180 Abs 1 letzter Satz StPO keine Rolle. Anders als in den Fällen, in denen überhaupt keine Strafe zu erwarten ist (vgl § 6 Abs 1 und 3 JGG, § 7 JGG [§ 90b StPO], §§ 12, 13 JGG), sodass jede Untersuchungshaft unverhältnismäßig wäre (13 Os 92/03), kann somit bei allen zu erwartenden Strafen, also auch einer Freiheitsstrafe, zu deren Vollzug es (zumindest vorerst: vgl § 53 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie §§ 4 bis 6, 133 StVG und § 39 SMG) nicht kommt, die Untersuchungshaft verhängt und aufrecht erhalten werden (vgl Jerabek in WK² § 43 Rz 30; zur nunmehr ständigen Judikatur etwa 15 Os 34/04; 12 Os 39/04; zuletzt 11 Os 2/04 = EvBl 2004/114; zur Unerheblichkeit sämtlicher Umstände des Vollzugsverfahrens 15 Os 160/02).

Im Hinblick auf die eingangs angeführten Daten kann im Gegenstand von unverhältnismäßiger Dauer der Untersuchungshaft daher keine Rede sein.

Die Behauptung willkürlicher Argumentation zur Begründung des Haftgrundes gemäß § 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO bleibt ihrerseits ohne jegliche Untermauerung. Das Beschwerdegericht hat vielmehr akten- und denkgesetzkonform im langjährig und unbeeinflussbar bis in die Gegenwart andauernden Suchtgiftkonsum (drei Vorstrafen nach § 27 Abs 1 SMG seit 2001 [S 9/I] sowie neuerliche - wenngleich nicht rechtskräftige, so doch nie inhaltlich bestrittene - einschlägige Verurteilung) und der weiteren Delinquenz zur Erlangung unrechtmäßiger Vermögenswerte trotz mehrfacher Betretung (vgl S 99, 364/I und S 11 in ON 36), somit dem "durch die nach wie vor bestehende Drogensucht bedingten erhöhten Geldbedarf" (BS 4) jene bestimmten Tatsachen ersehen, aus denen es auf die Gefahr schließen konnte, der Beschwerdeführer werde auf freiem Fuße ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens strafbare Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen gegen das selbe - bereits durch fortgesetzte Handlungen verletzte - Rechtsgut begehen (vgl zur zumindest teilweisen Überschneidung der Schutzbereiche des sechsten und dreizehnten Abschnittes des Strafgesetzbuches Schroll in WK2 Vorbem zu §§ 232 bis 242 Rz 3).

Die Grundrechtsbeschwerde war somit ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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