OGH 12Os92/19z

OGH12Os92/19z12.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. August 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rathgeb als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bandia V***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 20 Hv 19/15b des Landesgerichts Feldkirch, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 21. September 2015, GZ 20 Hv 19/15b‑36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0120OS00092.19Z.0812.000

 

Spruch:

 

Das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 21. September 2015, GZ 20 Hv 19/15b‑36, verletzt im Strafausspruch § 1 Abs 2 StGB und § 107 Abs 1 StGB idF BGBl I 2006/56.

Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch sowie der Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO betreffend das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. Jänner 2014, AZ 151 Hv 111/13w, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

 

Gründe:

Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 21. September 2015, GZ 20 Hv 19/15b‑36, wurde Bandia V***** jeweils „mehrerer“ Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB idF BGBl I 2006/56 (1./) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB idF BGBl 1996/762 (2./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 24. Februar 2015 in A***** Saikhantsetseg K*****

1./ durch die wiederholten sinngemäßen Äußerungen auf mongolisch, dass er sie umbringen werde, gefährlich zumindest mit der Zufügung einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

2./ vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihr Faustschläge gegen den Kopf versetzte, sie würgte und gegen einen Heizkörper stieß, wodurch sie Prellungen des Brustkorbs, der Halswirbelsäule und des Knies sowie einen Kapselriss am Mittelfinger erlitt.

Über den Angeklagten wurde nach § 107 Abs 1 StGB idF BGBl I 2006/56 unter Anwendung der §§ 28, 43a Abs 2 StGB idF BGBl I 2010/111 eine (bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie eine Geldstrafe in der Höhe von 360 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wurde unter einem vom Widerruf der mit den Urteilen des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 2. April 2012, AZ 46 Hv 19/12k, und des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Mai 2013, AZ 152 Hv 47/13s, sowie vom 23. Jänner 2014, AZ 151 Hv 111/13w, gewährten bedingten Strafnachsichten abgesehen und hinsichtlich des zuletzt genannten Urteils die Probezeit gemäß § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre verlängert.

Zwischenzeitlich wurde die Geldstrafe bezahlt (vgl ON 60) und die Probezeit betreffend den Vollzug der Freiheitsstrafe mit Beschluss des Bezirksgerichts Bludenz vom 7. September 2017, GZ 10 U 84/17k‑7 (und verfehlt neuerlich – diesbezüglich jedoch ohne Nachteil für den Verurteilten – mit Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirch vom 15. Mai 2018, GZ 15 U 21/19x‑5, wobei trotz verfügter Verständigung [GZ 10 U 84/17k‑8 des Bezirksgerichts Bludenz, Punkt 4./] die beschlossene Verlängerung der Probezeit in der Strafregisterauskunft GZ 15 U 21/19x‑2, S 9 f, nicht aufscheint), auf fünf Jahre verlängert.

Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, verletzt das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 21. September 2015, GZ 20 Hv 19/15b‑36, in seinem Strafausspruch das Gesetz:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 107 Abs 1 StGB idF BGBl I 2006/56 war mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen, wer einen anderen gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen (seit 1. Jänner 2016; Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen [BGBl I 2015/112]).

Diese vom Gesetz vorgesehene Höchststrafe wurde im Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 21. September 2015, GZ 20 Hv 19/15b‑36, überschritten, weil die Summe der aus der Strafenkombination des § 43a Abs 2 StGB (idF BGBl I 2010/111) aus bedingt verhängter Freiheitsstrafe von zehn Monaten und Ersatzfreiheitsstrafe der Geldstrafe von 360 Tagessätzen, somit 180 Tagen, resultierenden Freiheitsstrafe ein Jahr überschreitet.

Diese Gesetzesverletzung gereicht dem Verurteilten zum Nachteil, sodass sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, ihre Feststellung mit konkreter Wirkung zu verbinden (§ 292 letzter Satz StPO), was zur Beseitigung des Strafausspruchs und des Beschlusses auf Verlängerung der Probezeit wie im Spruch ersichtlich führte.

 

Da der Verurteilte zum Gerichtstag nicht erschienen ist, wird das Erstgericht eine neuerliche Strafbemessung vorzunehmen haben.

Bleibt anzumerken, dass das Erstgericht den Angeklagten verfehlt „mehrerer Vergehen“ der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannte. Dieser Subsumtionsfehler bleibt jedoch, weil das Erstgericht die mehrfache Begehung dieser strafbaren Handlung ohnedies nicht als erschwerend berücksichtigte (US 3), ohne Nachteil für den Angeklagten. Insoweit besteht bei der abermaligen Strafbemessung im neuen Rechtsgang keine Bindung an den verfehlten Schuldspruch (vgl RIS‑Justiz RS0118870; 12 Os 50/18x).

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