OGH 12Os91/22g

OGH12Os91/22g29.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. September 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Turner in der Strafsache gegen * A* MAS wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 fünfter Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 11. Mai 2022, GZ 12 Hv 81/21g-80, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00091.22G.0929.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* MAS des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 „fünfter“ (richtig: erster) Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie vom 13. Februar 2015 bis zum 14. Jänner 2018 in S* und an anderen Orten gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in 15 im Urteil im Einzelnen geschilderten Fällen Angestellte der L* AG (vormals S* AG) durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die wahrheitswidrige Vorgabe, zum Empfang der Gelder durch Ing. K* So* berechtigt worden zu sein, wobei sie Zahlungsanweisungen mit dessen nachgemachter Unterschrift vorlegte, zu Handlungen, nämlich zur Überweisung von Geldbeträgen in der Höhe von insgesamt 262.590 Euro verleitet, wodurch Ing. K* So*, R* So*, Mag. J* So* LL.M. und Mag. S* So* im genannten, 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurden.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen auf Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten schlägt fehl.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden Verteidigungsrechte der Angeklagten durch die Abweisung des zum Beweis der Mangelhaftigkeit des erstatteten Schriftgutachtens des Sachverständigen * F* gestellten Antrags auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen „aus dem Schriftvergleichsfach“ und „diesen mit der Erstattung von Gutachten zu beauftragen, ob die der Anklage zugrundeliegenden Bankbelege von * K* So* stammen oder nicht, dies unter Berücksichtigung innerer und äußerer Umstände, wie Krankheit, Medikamente sowie der natürlichen Schriftentwicklung“ (ON 79 S 23), nicht verletzt.

[5] Abgesehen davon, dass dieser Antrag offenkundig auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet war (vgl RIS-Justiz RS0118123), ist gemäß § 127 Abs 3 StPO ein weiterer Sachverständiger (außer dem hier nicht in Rede stehenden Fall erheblichen Abweichens der Angaben zweier Sachverständiger) zur Verhandlung nur dann beizuziehen, wenn der Befund unbestimmt oder das Gutachten widersprüchlich oder sonst mangelhaft ist und sich die Bedenken nicht durch Befragung des bestellten Sachverständigen beseitigen lassen (RIS-Justiz RS0127942).

[6] Diese kumulativen Anfechtungsvoraussetzungen lagen auf den Antragszeitpunkt bezogen nicht vor, weil der Sachverständige erst in weiterer Folge zu den behaupteten Mängeln Stellung nahm (ON 79 S 23) und ein sich gerade darauf beziehender, mit der Behauptung eines gescheiterten Verbesserungsversuchs (vgl dazu Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 7.693) verbundener Antrag nicht gestellt wurde.

[7] Der weitere Antrag auf Vernehmung der Zeugin R* So* wurde zum Beweis dafür gestellt, „dass zwischen der Angeklagten und dem * K* So* mehr als ein freundschaftliches Verhältnis bestand, dass die Angeklagte durchaus auch private Agenden für den Verstorbenen So* erledigt hat sowie zum Beweis dafür, dass * K* So* Blankobelege Zuhause aufbewahrt hat“. Insoweit ließ das Begehren nicht erkennen, weshalb von diesem Beweis das behauptete Ergebnis, wonach „die Angaben der Angeklagten richtig sind und diese auch im Zuge von Treffen beim Café M* vom Verstorbenen * K* So* Zahlungsbelege erhalten hat, welche den Auftrag zur Überweisung bzw. folgend Behebung von Bargeldbeträgen oder Geldbeträgen zum Inhalt hatten und es nicht immer so war, dass die Angeklagte mit Belegen zu ihm gekommen ist und diese von ihm unterfertigen hat lassen“, zu erwarten gewesen wäre. Schließlich unterblieb auch ein Antragsvorbringen dahin, aufgrund welcher Umstände die bereits im Ermittlungsverfahren vernommene Zeugin (ON 19 S 57 ff; zur Verlesung ihrer Angaben in der Hauptverhandlung siehe ON 79 S 21) ihr Aussageverhalten im Sinne der Beweisbehauptungen ändern werde (vgl RIS-Justiz RS0098117).

[8] Das im Rechtsmittel jeweils nachgetragene Vorbringen unterliegt dem Neuerungsverbot und kann daher auf sich beruhen (RIS-Justiz RS0099618).

[9] Der Mängelrüge (der Sache nach Z 5 vierter Fall) zuwider ist es unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden, dass die Tatrichter die Feststellungen zur subjektiven Ausrichtung der Angeklagten aus dem objektiven Geschehen ableiteten (US 28; vgl RIS-Justiz RS0116882).

[10] Die weitere Rüge (der Sache nach Z 10) gibt nicht bekannt, aus welchem Grund (für die Subsumtion der Tat nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB) Konstatierungen zum Hersteller der Unterschriftsfälschungen erforderlich gewesen wären.

[11] Der Einwand des Fehlens von Feststellungen betreffend das Wissen der Angeklagten um das Vorliegen von Unterschriftsfalsifikaten übergeht prozessordnungswidrig(vgl RIS-Justiz RS0099810) den diesbezüglichen Urteilssachverhalt (US 6 f).

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[13] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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