European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00090.24P.1022.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht Linz zu.
Den Angeklagten G* M* und N* M* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung, wurden mit dem angefochtenen Urteil G* M* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 2 und 3 SMG (1./) und N* M* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 280a Abs 1 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
[2] Danach haben in W* vorschriftswidrig
1./ G* M* von April 2018 bis April 2023 Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge dadurch erzeugt, dass er im Rahmen einer professionellen Indooraufzucht in 15 Anbauzyklen jeweils durchschnittlich 70 kg Cannabiskraut pro Zyklus mit einem anzunehmenden Reinheitsgehalt von durchschnittlich 10,4 % THCA und 0,79 % Delta‑9‑THC gewann, wobei er die Straftat als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher Straftaten beging, indem er den direkten Kontakt zu den führenden Personen dieser Tätergruppierung unterhielt, die Verhandlungen über die Nutzung der Betriebsstätte und der Personalressourcen sowie auch über die Entlohnung führte, Geldbeträge entgegennahm und die Räumlichkeiten für den Anbau sowie den Aufenthalt weiterer Mitglieder der „Organisation“ zur Verfügung stellte;
2./ N* M* sich von 2018 bis 2020 an der Erzeugung von Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) auf die im Ersturteil näher beschriebene Weise beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Weil der Angeklagte N* M* bei der Anmeldung des Rechtsmittels (ON 139) Nichtigkeitsgründe nicht deutlich und bestimmt bezeichnete und auf die Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde verzichtete (ON 150), war diese schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1 iVm 285a Z 2 StPO).
[4] Die gegen dieses Urteil vom Angeklagten G* M* aus Z 5, 9 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.
[5] Die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) macht nicht klar, weshalb vorsätzliches Handeln des Angeklagten (§ 5 StGB) in Bezug auf die kontinuierliche Tatbegehung mit der Konstatierung, wonach er um diesen Umstand wusste und ihn auch ernstlich für möglich hielt (US 7), nicht deutlich zum Ausdruck kommen soll (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0088886).
[6] Der Einwand widersprüchlicher Feststellungen dazu, ob der Beschwerdeführer selbst Suchtgift erzeugt hat oder er sich nur „passiv“ in Form der Zurverfügungstellung der Produktionsstätte verhalten hat, spricht nur die Beteiligungsform (§ 12 StGB) und somit keinen entscheidenden Umstand an (RIS‑Justiz RS0013731).
[7] Die weitere Rüge (Z 5 vierter Fall) übergeht, dass die Tatrichter die Feststellungen zum Reinheitsgrad der erzeugten Suchtgiftquanten ohnedies nicht nur mit Gerichtsnotorietät begründet haben, sondern sie sich insoweit auf die professionelle Aufzucht und den Verkauf zu angemessenen Großhandelspreisen stützten (US 10, RIS‑Justiz RS0119370).
[8] Die Beschwerdekritik (Z 5 fünfter Fall), das Erstgericht sei aktenwidrig davon ausgegangen, dass G* M* zumindest zehn verschiedene, in das vorliegende kriminelle Geschehen involvierte Personen genannt hätte, trifft nicht zu. Denn das Rechtsmittel übergeht die genau dazu erfolgten (in der Hauptverhandlung verlesenen; vgl ON 134 S 8 f) Angaben des Beschwerdeführers vor der Polizei (ON 27.5).
[9] Die Argumentation der Rechtsrüge (Z 9 lit a), wonach die Feststellungen zu den Tathandlungen des Angeklagten die Frage nach der Beteiligungsform im Sinn des § 12 StGB offen ließen, macht den Bezug zu den entscheidenden Tatsachen nicht klar. Insoweit kann auf die Erledigung der gleichsinnigen Mängelrüge verwiesen werden.
[10] Der gegen die Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 2 SMG gerichtete Einwand (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10), der Beschwerdeführer sei bloß punktuell in den Aktionsrahmen der vorliegenden Suchtgiftorganisation eingebunden gewesen (vgl dazu RIS‑Justiz RS0118505), erschöpft sich in einer bloßen Behauptung und erklärt nicht, weshalb dies angesichts der konstatierten Aktivitäten (vgl US 2 f), insbesondere der Bereitstellung einer Betriebsstätte für die Herstellung verbotener Substanzen, der Fall sein soll.
[11] Aus welchem Grund den Feststellungen zur subjektiven Ausrichtung des Beschwerdeführers der erforderliche Sachverhaltsbezug fehlen soll, gibt das Rechtsmittel nicht bekannt.
[12] Soweit die Rüge Konstatierungen dazu vermisst, zu welchem Zeitpunkt sich der Additionsvorsatz des Beschwerdeführers entwickelt habe, genügt der Verweis auf die genau dazu angestellten – prozessordnungswidrig jedoch übergangenen (RIS‑Justiz RS0099810) – Erwägungen der Tatrichter auf US 11 („ab dem ersten Zyklus“).
[13] Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) erstattet mit ihrer Behauptung, das Erstgericht habe den Erschwerungsgrund der Verführung zur strafbaren Handlung nach § 33 Abs 1 Z 3 StGB zu Unrecht angenommen, ein bloßes Berufungsvorbringen (vgl RIS‑Justiz RS0099911 [T8]).
[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
[15] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
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