OGH 12Os61/05w

OGH12Os61/05w17.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Besenböck als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johannes F***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 10. Dezember 2004, GZ 16 Hv 18/04p-71, sowie über die Beschwerde des Genannten gegen den zugleich gefassten Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) werden das angefochtene Urteil, das in Ansehung des Teilfreispruchs unberührt bleibt, in allen Schuldspruchpunkten, im Strafausspruch einschließlich des zugleich gefassten Widerrufsbeschlusses und im Zuspruch an die Privatbeteiligten Dr. S***** & Partner und Martin Kä***** aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung und der Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Johannes F***** der Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A/I/1-3, II/1-16) und der betrügerischen Krida nach § l56 Abs 1 StGB (B) sowie des Vergehens des falschen Vermögensverzeichnisses nach § 292a StGB (C) schuldig erkannt. Darnach hat er

A) mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese am Vermögen in einem insgesamt 40.000 EUR übersteigenden Betrag schädigten, wobei er den teils schweren Betrug in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

I. durch Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der He***** GmbH

1. im Jahr 1998 in Wien Verfügungsberechtigte der Ro***** GmbH zur Erbringung von Elektroinstallationsarbeiten - Schaden 75.761,43 EUR;

2. im Jahr 1998 in Wien Verfügungsberechtigte der Si***** GmbH zur Lieferung von Kunststofffenstern - Schaden l4.977,08 EUR;

3. im Frühjahr 2001 in Wien Verfügungsberechtigte der Firma Rot***** OEG zur Lieferung und Montage eines Stahlrahmens - Schaden 6.540,55

EUR;

II. durch Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit

1. im Zeitraum 1993 bis 1994 in Wien Felix H***** zur Erbringung von Bauarbeiten, Schaden 38.879,97 EUR;

2. im Zeitraum September 1995 bis Dezember 1995 in Wien Verfügungsberechtigte der T***** GmbH & Co KG zur Lieferung eines Bauaufzuges - Schaden 1.161,53 EUR;

3. im Zeitraum Herbst 1998 bis Frühjahr 1999 an nicht mehr feststellbaren Orten in mehreren Angriffen Sonja Sp***** zur Gewährung von Darlehen - Schaden insgesamt 24.563,42 EUR;

4. im Frühjahr 1999 in Loich Verfügungsberechtigte der DI W***** Gesellschaft für Vermessungswesen mbH zur Erbringung von Vermessungsarbeiten - Schaden l.687,32 EUR;

5. in der Zeit von l. Februar bis l. September 1999 in Kirchberg an der Pielach Verfügungsberechtigte der A***** GmbH zur Lieferung von Fertigbeton - Schaden 2.248,28 EUR;

6. im Mai und Juni 2000 in Loich Verfügungsberechtigte der Petar St***** GmbH zur Herstellung eines Estrichs - Schaden l0.281,75 EUR;

7. am 20. Juli 2000 in Loich Verfügungsberechtigte der Sch*****gesellschaft mbH zur Erstellung eines Gutachtens - Schaden 5.973,79 EUR;

8. am l4. September 2000 in Wien Verfügungsberechtigte der M***** GmbH zur Lieferung von Tierfutter - Schaden 749,04 EUR;

9. am 3l. Oktober 2000 in Loich Verfügungsberechtigte der Ra***** reg. Gen. zur Lieferung von Heizöl - Schaden 2.468,54 EUR;

10. in den Jahren 2000 und 2001 in Wien Verfügungsberechtigte der Dr. S***** & Partner Wirtschaftstreuhandgesellschaft zur Erbringung von Beratungsleistungen - Schaden 3.159,38 EUR;

11. am 14. Februar 200l in Wien Verfügungsberechtigte der J***** GmbH zur Aufschiebung eines bereits anhängigen Verkaufsverfahrens gegen die He***** GmbH - Schaden 4.463,56 EUR;

12. im Oktober 2001 in Loich Verfügungsberechtigte der J***** K***** GmbH zur Herstellung eines Gartenzaunes samt Einfahrtstoren - Schaden 2.223,80 EUR;

13. im Oktober 2001 in Rabenstein Verfügungsberechtigte der G***** GmbH & Co KG zur Lieferung von Grädermaterial - Schaden 616,97 EUR;

14. im Frühjahr 2002 in Loich Verfügungsberechtigte der R***** Wa***** GmbH zur Erbringung von Installationsarbeiten - Schaden 4.502,30 EUR;

15. im Mai 2002 in Hofstetten Martin Kä***** zur Lieferung von Baumaterialien - Schaden 2.l73,97 EUR;

16. am l5. Mai 2002 in Loich Verfügungsberechtigte der Br***** AG zur Gewährung eines Darlehens im Rahmen des Abschlusses eines Bierbezugsvertrages - Schaden 17.013,34 EUR;

B) seit dem 30. September 1997 in Wien als Schuldner mehrerer

Gläubiger einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger geschmälert, indem er seinen 50 %igen Gesellschaftsanteil an der He***** GmbH mit dem einer voll eingezahlten Stammeinlage von 250.000 S entsprechenden Geschäftsanteil an Dr. Johannes E***** als Treuhänder übertrug;

C) vor einem Gericht ein falsches und durch Verschweigen von

Vermögenswerten unvollständiges Vermögensverzeichnis unterfertigt und dadurch die Befriedigung eines Gläubigers gefährdet, und zwar

I. am 21. März 2003 in Wien im Verfahren AZ 11 E 60/02f des Bezirksgerichtes Hernals zum Nachteil des Gläubigers Sch*****gesellschaft mbH;

II. am 8. Jänner 2003 in St. Pölten im Verfahren AZ 3 E 61/01s des Bezirksgerichtes St. Pölten zum Nachteil unter anderem der Gläubiger A***** GmbH und Sonja Sp*****.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, der im Ergebnis Berechtigung zukommt.

In Ansehung des gewerbsmäßig schweren Betruges (A) zeigt die Mängelrüge zutreffend auf, dass der Ausspruch des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen mit sich selbst im Widerspruch ist (§ 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall iVm § 270 Abs 2 Z 5 StPO). Denn die Tatrichter gingen in Ansehung der Tathandlungen, die Johannes F***** eindeutig als de facto Geschäftsführer der He***** GmbH in der Zeit von 1998 bis zum Frühjahr 2001 setzte (A/I/1-3), davon aus, dass die in Rede stehende Gesellschaft erst „ca im Jahr 2001" aufgrund des Konkurses ihres größten Schuldners („BVV") in Zahlungsschwierigkeiten geriet (US 17 f, 42 f).

In Ansehung der dem Angeklagten im Urteilsspruch unter A/II/1-16 als in eigenem Namen eingegangene Verpflichtungen (wobei diese Zuordnung den Entscheidungsgründen nicht deutlich zu entnehmen ist - vgl US 18 zu A/II/1, US 32 zu A/II/11) angelasteten Betrugsaktivitäten nahm das Schöffengericht - wie die Beschwerde zu Recht moniert - aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) an, dass bereits „ab dem Jahr 1996 gegen den Angeklagten zahlreiche Exekutionsverfahren anhängig waren, woraus sich ergibt dass dieser seit diesem Zeitpunkt finanzielle Probleme hatte" (US 14), obwohl der Aufstellung der gegen Johannes F***** geführten Exekutionen (S 15/I) zu entnehmen ist, dass im Jahr 1996 bloß eine Exekution, erst 1998 zwei Exekutionen, 1999 und 2000 je eine weitere Exekution anhängig wurden, und erst in den Jahren 2001 und 2002 zahlreiche Gläubiger gegen den Angeklagten Exekutionen betrieben.

Diese von der Beschwerde aufgezeigten Begründungsmängel erfordern die Kassation des Schuldspruchs wegen des Betrugsverbrechens (A), sodass sich ein Eingehen auf die übrigen dagegen erhobenen Beschwerdeeinwände erübrigt.

Der Erledigung der weiteren, gegen die Schuldsprüche wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida (B) und des Vergehens des falschen Vermögensverzeichnisses (C) gerichteten Einwände ist voranzustellen, dass als Tatobjekt im Sinn des § 156 StGB Forderungen und Rechte in Betracht kommen, die auf exekutivem Weg oder durch Realisierung der Masse verwertbar sind (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 156 Rz 7), wie zB ein durch Treuhandschaften verdeckter Geschäftsanteil (Fabrizy StGB8 § 156 Rz 3). Die Befriedigung wenigstens eines Gläubiger kann nur dann und in dem Umfang vereitelt oder geschmälert werden, als das Recht oder die Forderung einen (im Vollstreckungsverfahren erzielbaren) Wert aufweist, zu dem - wie die (allein) gegen Schuldspruchpunkt C gerichtete Beschwerde (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) zutreffend aufzeigt - keine Feststellungen getroffen wurden, obwohl die Verantwortung des Angeklagten dahin geht, dass sein Geschäftsanteil belastet und deshalb nicht verwertbar war (S 229/III).

Dieser materielle Nichtigkeitsgrund haftet aber auch dem Schuldspruch wegen betrügerischer Krida (B) an und war - weil insoweit in der Beschwerde nicht geltend gemacht - von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 StPO).

Die rechtsirrtümlich unterlassene Feststellung des Werts des in Rede stehenden Geschäftsanteils erfordert die Kassation der übrigen Schuldspruchpunkte B und C, sodass sich auch die Erörterung der weiteren dagegen gerichteten Beschwerdeeinwände erübrigt. Mit seiner Berufung und der Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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