OGH 12Os6/09p

OGH12Os6/09p19.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klugar als Schriftführerin in der Strafsache gegen David Sch***** wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rechtsmittelgericht vom 25. November 2008, GZ 6 Ns 76/08v-2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 18. September 2008, GZ 23 Hv 105/08m-10, wurde David Sch***** des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB schuldig erkannt. Am 25. September 2008 stellte der Angeklagte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Berufung gegen das Urteil erster Instanz. Dieses Begehren wies das Oberlandesgericht Innsbruck mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 25. November 2008, GZ 6 Ns 76/08v-2, ab.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Beschwerde ist unzulässig.

Die Rechtsmittellegitimation ist allgemein in § 87 Abs 1 StPO geregelt. Danach steht gegen gerichtliche Beschlüsse eine Beschwerde an das Rechtsmittelgericht zu, soweit das Gesetz im Einzelnen nichts anderes bestimmt. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass der Gesetzgeber die bis Ende 2007 vorgesehenen eigenen Anfechtungsbestimmungen, zB in § 410 Abs 2 StPO aF, aber auch in § 364 Abs 5 StPO aF, aufgehoben hat (BGBl I 2007/93). Der in § 364 Abs 5 StPO aF vorgesehen gewesene Rechtsmittelausschluss wurde zwar mit der Anpassungsgesetzgebung (BGBl I 2007/93) gleichfalls beseitigt. Dessen ungeachtet steht der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen einer Fristversäumung in einem untrennbaren Konnex mit der Entscheidungskompetenz jenes Gerichts, welches zugleich über das fristgebundene Rechtsmittel oder den befristet einbringbaren Rechtsbehelf meritorisch zu entscheiden hat.

Soweit ein Antrag nach § 364 Abs 1 StPO von jenem Gericht zu prüfen ist, welches im Fall der Gewährung der Wiedereinsetzung zugleich über das Rechtsmittel entscheidet, hinsichtlich dessen eine Frist versäumt wurde, greift somit der Rechtsmittelausschluss der §§ 89 Abs 6, 295 Abs 3, 479, 489 Abs 1 (iVm § 479) StPO. Die Kontrolle, ob das Rechtsmittel rechtzeitig erhoben wurde, und die Prüfung der Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Fristversäumnis sind untrennbare Teile der Kompetenz eines Rechtsmittelgerichts, denn andernfalls hätte es dieser Entscheidungskonzentration nicht bedurft. Ein vom Beschwerde- oder Berufungsgericht gefasster Beschluss über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - mit dem im Fall der Abweisung des Antrags nach § 364 Abs 1 StPO das zugleich eingebrachte Rechtsmittel gegenstandslos wird - ist daher gleichfalls nicht weiter anfechtbar (vgl Bertel/Venier Strafprozessrecht2 Rz 664; siehe schon S. Mayer Commentar III § 364 Rz 56). Dies gilt für alle Beteiligten des Verfahrens, sodass im Fall der Bewilligung des Antrags sogleich über das Rechtsmittel zu befinden ist. Für derartige Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs ergibt sich die Unanfechtbarkeit schon aus Art 92 Abs 1 B-VG. Insofern unterscheidet sich die Ausgangssituation bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von jenen Fällen, in denen das Rechtsmittelgericht im Zuge der Erledigung einer Beschwerde oder Berufung eigenständige und mit dem Rechtsmittel nur mittelbar zusammenhängende Beschlüsse - etwa jene nach § 39 Abs 1 GebAG - fasst.

Nichts anderes gilt für die Rechtsbehelfe eines Antrags auf Fortführung des Verfahrens nach § 195 Abs 1 StPO und für den Anklageeinspruch nach § 212 StPO, weil in beiden genannten Fällen das Oberlandesgericht in der Sache selbst zwar in erster Instanz, allerdings wiederum mit nicht weiter bekämpfbarem Beschluss entscheidet. Auch hier ergibt sich aus der Entscheidungskonzentration von meritorisch befindendem und über die Fristversäumung absprechendem Gericht einerseits und der Kompetenz desselben Gerichts zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag (§ 364 Abs 2 Z 2 StPO) andererseits, dass der Rechtsmittelausschluss der §§ 196 Abs 1, 214 Abs 1 StPO auch für den nach § 364 Abs 1 StPO gefassten Beschluss gilt.

Nur im Fall des Einspruchs gegen ein Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts, über den das in erster Instanz erkennende Gericht zu befinden hat (§§ 364 Abs 2 Z 2, 478 Abs 2 StPO), ist ein Rechtsmittel an das Landesgericht als Beschwerdegericht eingeräumt (§ 478 Abs 2 StPO), weil der Gesetzgeber eine derartige Entscheidung durch ein Gericht erster Instanz als Ausnahmefall einer Kontrolle unterziehen wollte (vgl S. Mayer Commentar III § 478 Rz 1 ff und Rz 21 ff). Dieser ausdrücklichen und nur auf den Angeklagten eingeschränkten (stattgebende Beschlüsse des Bezirksgerichts gemäß §§ 364 Abs 1, 478 Abs 1 StPO sind daher vom Ankläger nicht weiter bekämpfbar) Rechtsmittelbefugnis hätte es im Übrigen nicht bedurft, würde der im § 87 Abs 1 StPO festgeschriebene Grundsatz einer Anfechtbarkeit jedes erstinstanzlichen Gerichtsbeschlusses im Bereich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand uneingeschränkt gelten.

Die Beschwerde gegen die vom Oberlandesgericht Innsbruck getroffene Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erweist sich daher als unzulässig (vgl 12 Os 119/08d).

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