OGH 12Os35/11f

OGH12Os35/11f3.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kunst als Schriftführer in der Strafsache gegen Cristian S***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 20. Oktober 2010, GZ 22 Hv 35/10b-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Cristian S***** der Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (I./) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (II./) sowie der Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 16. Juli 2009 in Linz

I./ außer den Fällen des § 201 StGB Melanie H***** mit Gewalt zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er sie auf sich zog, festhielt und über einen Zeitraum von etwa fünf Minuten über der Badehose an der Scheide und dem Gesäß intensiv berührte;

II./ außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person, nämlich der am 6. Oktober 1999 geborenen Melanie H***** vorgenommen, und zwar

1./ durch die zu I./ geschilderten Handlungen;

2./ indem er sie etwa zehn Mal über der Badehose am Gesäß und im Scheidenbereich intensiv berührte;

III./ pornografische Darstellungen einer minderjährigen Person, nämlich der am 6. Oktober 1999 geborenen Melanie H***** hergestellt, indem er sich bei Vornahme der geschlechtlichen Handlungen sowie diese bei geschlechtlichen Handlungen an sich selbst, nämlich des Berührens ihrer Scheide über der Badehose mit ihrer rechten Hand fotografierte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich auf § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 10 StPO stützt. Sie verfehlt ihr Ziel.

Eine Bedenklichkeit des Ausspruchs nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO sieht die - bloß auf das Vorbringen der Mängelrüge verweisende - Beschwerde (Z 3) in den nachfolgend unter den Ausführungen zu § 281 Abs 1 Z 5 StPO näher dargelegten Punkten, übersieht aber, dass dieser in dem für die Subsumtion entscheidenden Umfang den als erwiesen angenommenen Tatsachen der Entscheidungsgründe entspricht (RIS-Justiz RS0120334; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 272).

Widersprüche zwischen den Feststellungen in den Urteilsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und dem Spruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) vermeint der Angeklagte darin zu erkennen, dass in jenen von intensiven Berührungen und Streicheln, im Spruch hingegen nur von ersteren die Rede ist, weiters in der unterschiedlichen Verwendung der Begriffe Scheide, Scheidenbereich, Gesäß und Gesäßbereich sowie in der einmal mit „ca. 5 Minuten“, in den Gründen aber mit „minutenlang“ bezeichneten Dauer der Tathandlungen. Hiemit, mit dem weiteren Einwand, es bestünde ein Unterschied zwischen den Begriffen „gehen“ und „runtergehen“ und dem Vorwurf einer unzureichenden Begründung des Begriffs „Streicheln“ verkennt der Angeklagte den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Indem er sich bloß auf die unterschiedliche Wortwahl des Erstgerichts bezieht, macht er kein formales Begründungsdefizit geltend, sondern verliert sich in semantischen, angesichts der weitgehenden Deckungsgleichheit der verwandten Begriffe überdies nicht zutreffenden Überlegungen. Soweit abschließend kritisiert wird, die subjektive Tatseite sei nur mit „inhaltlich nichts sagenden Floskeln“ begründet, übersieht der Angeklagte, dass der von den Tatrichtern gezogene Schluss (US 12) von einem gezeigten Verhalten auf ein zu Grunde liegendes Wollen oder Wissen rechtsstaatlich vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in der Regel auch nicht zu ersetzen ist (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Insoweit „aus Gründen der [anwaltlichen] Vorsicht“ das Vorbringen der Mängelrüge auch dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO unterstellt wird, entzieht sich dieses mangels jedweder, an den prozessualen Voraussetzungen dessen Geltendmachung ausgerichteten Argumentation einer inhaltlichen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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