OGH 12Os2/03

OGH12Os2/038.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten A***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 13. September 2002, GZ 35 Hv 117/02x-139, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten A***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche der Mitangeklagten Andreas A***** und Wolfgang H***** enthält, wurde Franz A***** des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs gebliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und § 15 StGB (I/A) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Zell am See, Kaprun, Oberalm und andernorts gewerbsmäßig den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, und zwar durch Verkauf bzw. unentgeltliche Weitergabe von zumindest 148,5 Gramm Kokain, nämlich Anfang August 2000 ca 0,2 Gramm Kokain durch unentgeltliche Weitergabe an Wolfgang H*****;

Anfang August 2000 ca 10 Gramm Kokain durch Verkauf an Wolfgang H*****;

Ende August/Anfang September 2000 ca 10 Gramm Kokain durch Verkauf an Wolfgang H*****;

am 18. Oktober 2000 42 Gramm Kokain durch Verkauf an Wolfgang H*****;

in der Nacht zum 4. November 2000 40 Gramm Kokain durch Verkauf an Wolfgang H*****, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

zu einem unbekannten Zeitpunkt Ende September 2000 drei Gramm Kokain durch Verkauf an Andreas A*****;

am 30. September 2000 fünf Gramm Kokain durch Verkauf an Andreas A*****;

Anfang Oktober 2000 fünf Gramm Kokain (im Austausch zum Kokain aus Faktum I/A/7) durch Verkauf an Andreas A*****;

am 5. Oktober 2000 ca 0,2 Gramm Kokain durch unentgeltliche Weitergabe an Andreas A*****;

Anfang Oktober 2000 zehn Gramm Kokain durch Verkauf an Andreas A*****, wobei die Tat hinsichtlich einer Teilmenge von 7,5 Gramm Kokain beim Versuch geblieben ist;

am 11. Oktober 2000 20 Gramm Kokain durch Verkauf an Andreas A*****, wobei die Tat hinsichtlich einer Teilmenge von 17 Gramm Kokain beim Versuch geblieben ist und

am 25. Oktober 2000 in Wien drei Gramm Kokain durch Verkauf und 0,2 Gramm Kokain durch unentgeltliche Weitergabe an Andreas A*****.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten Franz A***** gegen diesen Schuldspruch aus den Gründen der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Der in der - partiell undifferenziert mit der Subsumtionsrüge (Z 10) verbundenen - Mängelrüge (Z 5) erhobene Vorwurf einer unvollständigen und unzureichenden Begründung (teils vermeintlich) entscheidender Tatsachen ist unberechtigt.

Die Tatrichter haben die gänzlich leugnende Einlassung des Angeklagten A***** sowie die wechselnden Depositionen der Mitverurteilten A***** und H***** - entgegen der Beschwerdeargumentation - ohnedies mitberücksichtigt und unter Verwertung des von ihnen in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) schlüssig dargelegt, weshalb sie den Schuldspruch auf die für glaubwürdig erachteten Erstangaben der Mitverurteilten A***** und H***** stützten, wonach ihnen der Angeklagte die im Spruch aufgelisteten Kokainquanten entgeltlich geliefert hatte (US 11 ff). Mit diesen denkfehlerfreien und allgemeiner Lebenserfahrung entsprechenden Erwägungen werden die entscheidungsrelevanten Urteilsannahmen formell einwandfrei begründet. Entsprechend dem Gebot gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) war das Erstgericht - dem Beschwerdestandpunkt zuwider - auch nicht verpflichtet, einzelne, bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Beweisergebnisse nicht entscheidungserhebliche Details der erwähnten Depositionen gesondert zu erörtern.

Soweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die vom Erstgericht für unglaubwürdig befundenen sukzessiven Abschwächungen der ihn ursprünglich schuldspruchkonform belastenden Angaben seiner Komplizen A***** und H***** (US 12) im Ergebnis seiner insgesamt mängelfrei verworfenen leugnenden Einlassung zum Durchbruch verhelfen will, bekämpft er bloß die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Entgegen dem weiteren Beschwerdestandpunkt ist auch das Schuldspruchfaktum I/A/5 mit keinem formellen Begründungsmangel behaftet. Das Erstgericht hat nämlich aus den aktenkonform verwerteten Verfahrensergebnissen denkfehlerfrei erschlossen, dass die bei der Verkehrskontrolle am 4. November 2000 im Pkw des Angeklagten sichergestellten 40 Gramm Kokain (Reinheitsgrad 57,1 %) nicht dem Beifahrer Adolf S***** gehörten, sondern - seiner dazu vorerst geständigen Verantwortung folgend - dem Angeklagten A*****, der das bezeichnete Suchtgift zum entgeltlichen Weiterverkauf in die Wohnung des Mitangeklagten H***** in Zell am See transportieren wollte (US 12 f). Mit Spekulationen über die Sinnhaftigkeit eines derartigen Vorgehens wird kein Begründungsmangel aufgezeigt. Dass bei den gemäß § 149a StPO aufgezeichneten Telefonaten die Worte "Wein" bzw "Flaschen" als Synonym für Kokain verwendet wurden, ist bereits durch die für glaubwürdig befundenen Angaben des Wolfgang H***** vor der Sicherheitsbehörde fundiert (S 81, 83, 93/V).

Mit Bezugnahme auf die Ergebnisse der Telefonüberwachung und die von der Beschwerde mit Stillschweigen übergangenen Angaben des Zeugen BI Heinz B***** wird auch die erstinstanzliche Annahme einwandfrei begründet, dass Adolf S***** für den Angeklagten als Suchtgiftlieferant agierte (US 12 iVm S 23 f/V und 217 f/VI). Im Zusammenhang mit der in der Beschwerde - überdies unsubstantiiert - aufgeworfenen "Frage, ob in diesem Zusammenhang überhaupt schon von einem Versuch die Rede sein kann" übergeht der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig die Urteilsannahme, wonach er zum Zweck der Suchgiftübergabe zu Wolfgang H***** unterwegs war (US 9), welchen Tatumstand der Schöffensenat mängelfrei daraus ableiten konnte, dass der Angeklagte mit dem als Suchtgiftlieferanten bereits in Erscheinung getretenen Beifahrer mit 40 Gramm Kokain im PKW unterwegs war und der Mitangeklagte H***** bestätigte, potentieller Abnehmer gewesen zu sein (US 12 iVm S 83/V).

Der exakte Reinheitsgrad des nicht sichergestellten Kokains betrifft angesichts des mehrfachen Inverkehrsetzens jeweils einer jedenfalls großen Menge keine entscheidende Tatsache.

Der Einwand der Subsumtionsrüge (Z 10), gewerbsmäßige Begehungsweise scheide aus, weil bloß beim zeitlich letzten Faktum der Verkauf eines großen Kokainquantums versucht worden sei (I/A/5), prozessordnungswidrig die Urteilsfeststellungen ignoriert, wonach der Angeklagte in zahlreichen Teilakten Suchtgift in einer mehrfach großen Menge in der Absicht in Verkehr setzte, sich durch die wiederholte Begehung derartiger Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 10, 14).

Gleiches gilt für die auf die urteilsfremde Annahme, "dass die" (dem Schuldspruchfaktum I/A/5.) "zeitlich vorgelagerten Quanten lediglich 30 bis 37,5 % Reinheitsgehalt aufgewiesen haben" gestützte Reklamation, statt "§ 28 SMG lediglich § 27 SMG zur Anwendung zu bringen".

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die außerdem ergriffenen Berufungen des Angeklagten A***** sowie der Staatsanwaltschaft zum Nachteil dieses Angeklagten und des Angeklagten H***** (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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