OGH 12Os178/79

OGH12Os178/7910.4.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Sperker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Werner A und andere wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 (§§ 125, 126 Abs. 1 Z. 2) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Werner A sowie die Berufung des Angeklagten Josef B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 11. Oktober 1979, GZ. 4 Vr 2063/79-19, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Niebauer und Dr. Münzker, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 11.Februar 1964 geborene Schüler Werner A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 (§§ 125, 126 Abs. 1 Z. 2) StGB. und der am 3.April 1964 geborene Schüler Josef B des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 2 StGB. schuldig erkannt.

Werner A liegt zur Last, sich am 20.April 1979 in Weiz fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt und in diesem Zustand gemeinsam mit dem dabei vorsätzlich handelnden Josef B am 21.April 1979

in Weiz Grabmäler beschädigt zu haben, indem die beiden Angeklagten auf dem dortigen Ortsfriedhof bei mindestens zehn Gräbern Grablaternen zertraten und bei einem Grab das Kreuz abrissen. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Werner A mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a und lit. b StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, wobei er geltend macht, daß die Sachbeschädigungen im Zustand voller Bewußtseinstrübung geschehen seien, seinem Rauschzustand daher die Wirkung eines Schuld- und Strafaufhebungsgrundes im Sinne des § 11 StGB zukomme und ihm deshalb auch ein vorsätzliches Handeln, wie dies der Tatbestand der Sachbeschädigung erfordert, nicht angelastet werden könne, weshalb er freizusprechen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht im Recht.

Wegen Vergehens nach § 287 Abs. 1 StGB. ist zu bestrafen, wer sich, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol oder den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt, wenn er im Rausch eine Handlung begeht, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen oder Vergehen zugerechnet würde.

Beim Delikt nach § 287 Abs. 1 StGB. bezieht sich die Schuld nur auf die Herbeiführung des Rausches, nicht aber - infolge der durch den Rausch bewirkten Zurechnungsunfähigkeit des Täters - auf die nachfolgende Betätigung eines auf die Herbeiführung eines bestimmten strafgesetzwidrigen Erfolges gerichteten Willens (ÖJZ-LSK. 1976/290).

Die Begehung der Rauschtat stellt vielmehr eine objektive Bedingung der Strafbarkeit dar. Sie kann schon begrifflich nicht vom Verschulden des Täters erfaßt sein, es ist auch nicht erforderlich, daß der Täter damit rechnen mußte, er könne im Rausch diese oder irgendeine strafbedrohte Handlung begehen. Auch die Rauschtat muß aber - objektiv -

das Tatbild eines Deliktes zur Gänze erfüllen und alle Tatbildmerkmale verkörpern. Darüber hinaus müssen die Handlungen des Berauschten als folgerichtige Betätigung eines auf die Herbeiführung eines bestimmten strafgesetzwidrigen Erfolges gerichteten Willens erscheinen (SSt. 38/58), wobei allerdings angesichts des Umstandes, daß der Volltrunkene eben nicht imstande ist, die Bedeutung und Tragweite seines Handelns einzusehen, die von ihm in diesem Zusammenhang verlangte Fähigkeit zur Willensbildung jener Bewußtheit und Einsichtigkeit, wie sie das gewollte Handeln eines nicht volltrunkenen Vorsatztäters kennzeichnet, keineswegs gleichgesetzt werden darf (SSt. 19/131). Wohl aber muß auch hinter der im Zustand voller Berauschung begangenen, sich dem äußeren Geschehen nach als ein Verbrechen oder ein Vergehen darstellenden Tat ein entsprechender Wille stehen (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/

290 = SSt. 47/5 = RZ. 1976/120; Leukauf-Steininger, Kommentar2, RN. 10 zu § 287). Nur im Falle einer gänzlichen Aufhebung des Bewußtseins, der zufolge der Täter einer willkürlichen Handlung überhaupt nicht mehr fähig ist, wäre eine Bestrafung nach § 287 Abs. 1 StGB. ausgeschlossen.

Ein derartiger Zustand wird aber vom Beschwerdeführer weder dargetan, noch läßt das festgestellte Tatgeschehen die Annahme eines solchen zu, haben die beiden Angeklagten doch gemeinsam mindestens zehn Grablaternen zertreten und von einem Grab ein Kreuz abgerissen, woraus sich eine Konsequenz ihrer Vorgangsweise ergibt, welche schon für sich die Annahme einer gänzlichen Aufhebung des Bewußtseins und eines bloß unwillkürlichen Handelns des an den ausgedehnten Beschädigungen mitwirkenden Werner A ausschließt.

Das Erstgericht hat daher den Beschwerdeführer rechtsrichtig wegen § 287 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Das Erstgericht veruteilte die beiden Angeklagten unter Anwendung des § 11 JGG., und zwar Werner A nach § 287 StGB. und Josef B nach § 126 Abs. 1 StGB.

zu einer Freiheitsstrafe von je 2 (zwei) Monaten, wobei es diese Strafen gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete es bei beiden Angeklagten als erschwerend die Wiederholung der Tat sowie die besonders verwerflichen Beweggründe, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis, den Umstand, daß die Angeklagten bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt haben und die Tat mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht, die Schadensgutmachung und die Unbesonnenheit.

Während der Angeklagte A mit seiner Berufung die Anwendung des § 13 JGG., in eventu die Verhängung einer Ermahnung nach § 12 JGG. anstrebt, begehrt der Angeklagte B mit seiner Berufung nur die Anwendung des § 13 JGG.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Was zunächst die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe betrifft, so sind diese dahin zu korrigieren, daß die besonders verwerflichen Beweggründe als Erschwerungsgrund zu entfallen haben, weil die Tat ohnehin wegen der Art der beschädigten Sachen und damit der erhöhten Verwerflichkeit als schwere Sachbeschädigung im Sinne des § 126 Abs. 1 StGB. zu beurteilen ist, mithin einem höheren Strafsatz unterliegt. Im übrigen wurden aber die Strafzumessungsgründe bei beiden Angeklagten richtig und vollständig festgestellt.

Der Ausspruch und die Vollstreckung der wegen einer Jugendstraftat zu verhängenden Strafe ist nur dann für eine Probezeit vorläufig aufzuschieben, wenn anzunehmen ist, daß der Schuldspruch allein (allenfalls in Verbindung mit Weisungen oder der Bestellung eines Bewährungshelfers) genügen werde, um einerseits den Straftäter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, andererseits aber auch der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entsprechend entgegenzuwirken. Vorliegend sprechen - wie das Jugendschöffengericht zutreffend ausgeführt hat - vor allem generalpräventive Gründe gegen eine echte bedingte Verurteilung. Es bedarf unter den gegebenen Umständen des Ausspruchs einer Strafe, um andere Jugendliche von der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten abzuhalten.

Dazu kommt, daß auch aus spezialpräventiven Gründen der Strafausspruch geboten erscheint, weil beide Angeklagten nach dem Inhalt der Jugenderhebungen (ON. 8 und 9 d.A.) zu unkontrollierten Handlungen neigen und negativ beeinflußbar sind.

Das Erstgericht hat demnach zu Recht § 13 JGG. nicht angewendet; es liegen aber bei A auch die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 JGG. nicht vor.

Beiden Berufungen mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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