OGH 12Os156/23t

OGH12Os156/23t21.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. März 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Weißmann in der Strafsache gegen * H* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * H* und * E* gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 10. November 2023, GZ 79 Hv 81/23b‑86, sowie über die Beschwerden der Genannten gegen Beschlüsse auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00156.23T.0321.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung des Angeklagten E* wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Über die Berufungen im Übrigen und die Beschwerden hat das Oberlandesgericht Graz zu entscheiden.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * H* und * E* jeweils des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach haben sie am 13. Mai 2023 in S* in einverständlichem Zusammenwirken * R*

I./ mit Gewalt gegen seine Person, indem sie ihn an den Armen festhielten, seine Armbanduhr im Wert von 100 Euro vom Armgelenk und seine Halskette im Wert von 70 Euro vom Hals rissen, seine Brieftasche aus der Hosentasche zogen und daraus 100 Euro Bargeld nahmen, somit fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen,

II./ nach der zu I./ geschilderten Tat (US 5) vorsätzlich am Körper verletzt, indem sie ihn zu Boden stießen und am Boden entlang zerrten, wodurch er Prellungen im Bereich der Rippen erlitt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden stützen * H* auf Z 5a und 10, und * E* auf Z 5, 5a und 10, jeweils des § 281 Abs 1 StPO. Sie schlagen fehl.

 

I./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H*:

[4] Die mit Blick auf die Privilegierung des § 142 Abs 2 StGB erhobene Tatsachenrüge (Z 5a) wendet sich mit ihrer Kritik an den Konstatierungen, wonach die dem Opfer weggenommene Uhr 100 Euro wert gewesen sei, gegen keinen entscheidenden Umstand, stellt sie doch den festgestellten Wert der weiteren (über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden) Raubbeute von insgesamt 170 Euro nicht in Frage.

[5] Die Subsumtionsrüge (Z 10) leitet ihre Behauptung, die bislang von der Rechtsprechung vertretene Schwelle von 100 Euro für die Annahme eines geringen Werts im Sinn des § 142 Abs 2 StGB (vgl RIS‑Justiz RS0120079) sei mit Blick auf die mit dem StRÄG 2015 (BGBl I 2015/112) erhöhten Wertgrenzen und vor dem Hintergrund, dass sich der Verbraucherpreisindex 2000 „von Jänner [offenbar gemeint 2000] bis Mai 2023 um 62,9 % verändert habe“, mit mindestens 300 Euro anzusetzen, in Bezug auf die geforderte Verdreifachung (somit im entscheidungswesentlichen Ausmaß) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (vgl RIS‑Justiz RS0118429).

[6] Die Berücksichtigung opferbezogener Faktoren bei der Beurteilung der in Rede stehenden Geringfügigkeitsgrenze wird ebenfalls nur gefordert (vgl dazu 14 Os 91/18s mwN). Im Übrigen zeigt der Beschwerdeführer auch keine – wie es indes für die Geltendmachung eines entsprechenden Feststellungsmangels erforderlich wäre (RIS‑Justiz RS0118580) – die vermisste Konstatierung entsprechend indizierende Verfahrensergebnisse auf.

 

II./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten E*:

[7] Mit ihrer Kritik an den Feststellungen zum Wert der jeweiligen Beutestücke wendet sich die – undifferenziert auf Z 5 und 5a gestützte (vgl aber RIS‑Justiz RS0115902) – Rüge nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unbeachtlichen Schuldberufung gegen die in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) aus dem polizeilichen Abschlussbericht und den Angaben des Opfers gezogenen Schlussfolgerungen der Tatrichter (US 14).

[8] Die Subsumtionsrüge (Z 10), die im Übrigen prozessordnungswidrig den konstatierten Wert der Beute bezweifelt (vgl RIS‑Justiz RS0099810), kann auf die Erledigung der im Wesentlichen gleichgerichteten Einwände des Angeklagten H* verwiesen werden.

[9] Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die weitere Rechtsmittelargumentation in Bezug auf das (kumulative) Privilegierungserfordernis der unbedeutenden Folgen im Sinn des § 142 Abs 2 StGB.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO – ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO), vom Angeklagten E* gleichwohl angemeldete (ON 85 S 11) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen im Übrigen und der (teils implizit erhobenen) Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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