OGH 12Os155/07x

OGH12Os155/07x31.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef D***** wegen Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht St. Pölten vom 29. August 2007, GZ 20 Hv 71/07s-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen zweier Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer ungeladenen CO2-Pistole anderen fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abzunötigen versucht (§ 15 StGB), indem er von den Bedrohten unter Vorweisen der Pistole Bargeld forderte, nämlich

  1. 1) vom Trafikanten Anton K***** und
  2. 2) von Angelika Be*****, einer Angestellten der Trafik B*****.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 6 und 12 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Verfahrensrüge (Z 4) hält zunächst zutreffend fest, dass im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) liegende Unklarheiten über Ort und Zeit der Tat - soweit diese Umstände nicht ausnahmsweise eine entscheidende Tatsache darstellen (zB beim Dauerdelikt) - unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes nur insoweit beachtlich sind, als die Individualisierung der Tat davon betroffen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290). Hievon ausgehend lassen die insoweit rein spekulativen Beschwerdeausführungen aber nicht erkennen, aus welchem Grund die mangelnde Aufnahme der Tatzeit und des Tatorts in den Urteilstenor gerade hier die Individualisierung der Taten hindern soll. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass nach dem Wahrspruch der Geschworenen beide Taten am 8. Mai 2007 in St. Pölten begangen worden sind (US 2).

Indem die Fragenrüge (Z 6) Eventualfragen nach dem Verbrechen des Diebstahls mit Waffen (§§ 127, 129 Z 4 StGB) und dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) fordert, ohne auf ein entsprechendes Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung Bezug zu nehmen, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (vgl Schindler, WK-StPO § 313 Rz 6; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 42).

Der in diesem Zusammenhang mit Blick auf die Bestimmung des § 129 Z 4 StGB vorgenommene Hinweis auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Erwerb der bei den Taten verwendeten CO2-Pistole (S 170) ist unverständlich, weil diese Depositionen keine Informationen zum geplanten Einsatz der Waffe enthalten.

In Bezug auf die begehrte Eventualfrage nach § 287 Abs 1 StGB kommt hinzu, dass eine solche nur für den Fall der - im Übrigen nicht erfolgten (S 229) - Bejahung der Zusatzfrage nach dem Entschuldigungsgrund der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) zu beantworten gewesen wäre, aus welchem Grund die Rüge insoweit nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers ausgeführt wird. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass fallbezogen (auch) diese Zusatzfrage durch die Ergebnisse des Erkenntnisverfahrens nicht indiziert war. Insbesonders hat sich der Beschwerdeführer selbst keineswegs in diese Richtung verantwortet (s insbesonders 171 f, 175).

Der Ansatz, die Hauptfragen nach dem Verbrechen des schweren Raubes (I und II) enthalten keine Ausführungen dazu, wie der Beschwerdeführer die Waffe „in der Hand hielt bzw in welcher Art und Weise er mit der Waffe umging", legt nicht dar, aus welchem Grund dies erforderlich sein soll, obwohl nach dem Wortlaut des § 312 Abs 1 StPO in die Hauptfrage auf der Tatbestandsebene nur die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung aufzunehmen sind und der Tatbestand des § 143 StGB die vermissten Modalitäten nicht enthält. Die mangelhafte Individualisierung der Tat wird von der Beschwerde insoweit zu Recht nicht vorgebracht.

Soweit das diesbezügliche Vorbringen als Kritik an der Instruktion der Geschworenen über den Gesetzesbegriff der „Verwendung" zu verstehen ist (der Sache nach Z 8), werden die bezughabenden Passagen der Rechtsbelehrung übergangen (S 203 f).

Mit dem Einwand, die Geschworenen hätten iSd § 330 Abs 2 StPO dahin belehrt werden müssen, dass es möglich sei, die Hauptfragen mit der Einschränkung zu bejahen, der Beschwerdeführer habe die Raubüberfälle nicht unter Verwendung einer Waffe begangen, wird ein aus Z 6 beachtlicher Fehler inhaltlich nicht einmal behauptet. Ebenso wenig wird damit der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 8 StPO prozessordnungskonform ausgeführt, weil der Hinweis auf die Möglichkeit nur teilweiser Bejahung von Fragen nicht Gegenstand der Rechtsbelehrung (§ 321 StPO) ist. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Geschworenen nach der Aktenlage ohnedies über die relevierte Beantwortungsvariante belehrt worden sind (S 205). Die Subsumtionsrüge (Z 12) strebt die Verurteilung wegen des Verbrechens des Diebstahls mit Waffen (§§ 127, 129 Z 4 StGB) oder des minderschweren Raubes (§ 142 Abs 2 StGB) an. Dabei geht sie aber nicht vom Wahrspruch der Geschworenen (US 2 bis 4) aus, sondern bekämpft diesen anhand eigener Beweiswerterwägungen in unzulässiger Weise nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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