OGH 12Os150/05h

OGH12Os150/05h23.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Februar 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Popelka als Schriftführer, in der Strafsache gegen Smart O***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 25. Oktober 2005, GZ 603 Hv 24/05b-67, sowie dessen Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Widerrufsbeschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des (als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB begangenen) Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (I) sowie der Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (II 1) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (II 2) schuldig erkannt. Danach hat er

(I) andere bestimmt, nämlich

(1) Schwarzafrikaner mit den Namen C***** und J*****, Maria M***** zu bestimmen, am 6. August 2004 1.354,3 Gramm Kokain (1.050 Gramm +/- 19 Gramm Reinsubstanz) nach Österreich einzuführen, sowie

(2) Hillary A*****, zu der unter I 1 angeführten Tathandlung dadurch beizutragen, dass er Anfang August 2004 in Kenntnis des Tatplans zusagte und sich bereithielt, am 7. August 2004 Maria M***** aus einem Hotel abzuholen, zu einem Treffpunkt zu bringen und das bezeichnete Suchtgift zu übernehmen,

(II) am 14. März 2005 Polizeiinspektor Peter U*****

(1) indem er auf ihn einschlug an seiner Festnahme und Eskortierung zum Wachzimmer zu hindern versucht sowie

(2) durch die zu II 1 beschriebene Handlung während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Vollziehung seiner Pflichten eine Verletzung am Körper, nämlich Prellungen und Abschürfungen an beiden Knien, zugefügt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 3, 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Entgegen der Verfahrensrüge (Z 3) ergaben sich bis zur tatrichterlichen Vernehmung des Wilson A***** (S 423) keine Anhaltspunkte für die Annahme, dieser Zeuge würde sich - gegebenenfalls die Belehrungspflicht nach § 152 Abs 5 StPO auslösend - durch seine Aussage der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen. Die Behauptung, die Selbstbezichtigungsgefahr folge aus einem im angeschlossenen Strafakt gegen Maria M***** und Hillary A***** enthaltenen Bericht der Bundespolizeidirektion Schwechat, ist nicht einsichtig, weil aus dieser - bereits am 29. September 2004 verfassten - Urkunde zweifelsfrei hervorgeht, dass gegen Wilson A***** keine die Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens bedingenden Verdachtsmomente bestanden (S 343/I in 602 Hv 36/04h des Landesgerichtes Korneuburg). Die allfällige Interpretation der dabei gewählten Formulierung, eine Beteiligung des Wilson A***** „konnte nicht nachgewiesen werden" iS einer gerichtlichen Entscheidung über eine entsprechende Verdachtslage findet im Akteninhalt keine Deckung. Indem die Mängelrüge (Z 5) auf mehrere sicherheitsbehördliche Aktenvermerke aus dem Verfahren AZ 602 Hv 36/04h des Landesgerichtes Korneuburg über die von Maria M***** und Hillary A***** am 7. August 2004 geführten Telefonate Bezug nimmt, lässt sie nicht erkennen, inwieweit diese Beweisergebnisse den erstgerichtlichen Feststellungen über entscheidende Tatsachen entgegenstehen und demgemäß iSd § 270 Abs 2 Z 5 StPO erörterungsbedürftig gewesen sein sollen. Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich in der substratlosen Behauptung, aus diesen Urkunden würden sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen ergeben, ohne solche inhaltlich aufzuzeigen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die in Bezug auf den Schuldspruch I Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst, unterlässt die gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe. Die Konstatierungen, der Beschwerdeführer habe sich entschlossen, den Schmuggel von rund 1.050 Gramm Reinsubstanz Kokain nach Österreich zu organisieren, um sich ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und sich im Wissen, zur Einfuhr von Suchtgift nicht berechtigt zu sein, hiezu anderer bedient (US 5), reichen nämlich in ihrer Gesamtheit (gerade noch) hin, den Schuldspruch (auch) in subjektiver Hinsicht zu tragen.

Soweit die Sanktionsrüge (Z 11) mangelnde Erörterungen zur Frage, ob der Beschwerdeführer zu den Tatzeiten das 21. Lebensjahr schon vollendet gehabt hat, einwendet, übersieht sie, dass hiezu mangels widersprüchlicher Verfahrensergebnisse kein Anlass bestand. Sollte das diesbezügliche Vorbringen als Behauptung eines Urteilswiderspruchs zu verstehen sein, ist festzuhalten, dass die angefochtene Entscheidung nur - aktenkonform - darlegt, dass der Beschwerdeführer anlässlich eines früheren Strafverfahrens falsche Angaben zu seiner Person getroffen hat, ohne die aktuellen Feststellungen dazu zu relativieren (US 4).

Mit der Prämisse, der Beschwerdeführer habe die Tathandlungen zum Schuldspruch I vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen, entfernt sich die Rüge vom festgestellten Sachverhalt und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Die aggravierende Wertung des einschlägigen Rückfalls innerhalb offener Probezeit bei gleichzeitigem Widerruf der diesbezüglichen bedingten Strafnachsicht verstößt nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, weil die Delinquenz während einer offenen Probezeit keine die Strafdrohung mitbestimmende Tatsache ist (15 Os 129/04; vgl auch 11 Os 24/00). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter SatzStPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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