OGH 12Os137/11f

OGH12Os137/11f18.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Oktober 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bilinska als Schriftführerin in der Strafsache gegen Krzysztof U***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Piotr Z***** sowie über die Berufungen des Angeklagten Krzysztof U***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 30. Mai 2011, GZ 8 Hv 47/11t-64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der Krzysztof U***** und Piotr Z***** betreffenden und im Schuldspruch A./ genannten Straftaten auch unter § 130 dritter Fall StGB sowie im Schuldspruch C./1./ und 2./, demgemäß auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung) der Angeklagten aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Piotr Z***** fallen auch die auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde bezogenen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche des Mitangeklagten Krzysztof U***** enthält, wurde Piotr Z***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB (A./I./ und II./), der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach §§ 229 Abs 1 und 15 Abs 1 StGB (B./) und der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach §§ 241e Abs 1 erster Fall und 15 Abs 1 StGB (C./) schuldig erkannt.

Danach haben, soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, zusammengefasst Krzysztof U***** und Piotr Z***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter in Klagenfurt und Graz

A./ zwischen 18. Jänner 2011 und 21. Jänner 2011 in sieben im Urteil näher bezeichneten Fällen verschiedenen Gewahrsamsträgern fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, wobei sie in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen von teils den Wert von 3.000 Euro übersteigenden Sachen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

B./ am 20. Jänner 2011 und am 21. Jänner 2011 im Urteil näher bezeichnete Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz teils unterdrückt, teils zu unterdrücken versucht;

C./ sich unbare Zahlungsmittel, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz verschafft bzw zu verschaffen versucht, dass sie durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werden, und zwar

1./ am 20. Jänner 2011 eine Kreditkarte „VISA“ lautend auf Oskar J*****;

2./ am 21. Jänner 2011 zwei Sparkarten der Ehegatten K*****, wobei es infolge Betretung bei der Tatausführung beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Piotr Z***** verfehlt ihr Ziel.

Die genauen Umstände der Fassung des Tatentschlusses und die Aufteilung der jeweiligen Rolle der im Zusammenwirken begangenen Einbruchsdiebstähle betreffen keine entscheidenden, also für Schuldspruch oder Subsumtion maßgeblichen Tatsachen und können damit nicht Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) sein.

Mit einer Bezugnahme auf fehlende DNA- oder sonstige Anwesenheitsspuren in der Tatsachenrüge (Z 5a) werden keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der hinreichend begründeten Urteilsannahmen zur Täterschaft des Beschwerdeführers (US 7) geweckt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem angefochtenen Urteil von Amts wegen wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), den Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeitsgründe anhaften, und zwar dem Schuldspruch A./ der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO und dem Schuldspruch C./, der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO.

Zum Schuldspruch A./:

Nach den Feststellungen kam es den Angeklagten auch darauf an, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 5). Die vom Erstgericht angenommene Qualifikation nach § 130 dritter Fall StGB setzt voraus, dass der Täter mit der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) handelt, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Mangels darauf abstellender Konstatierungen leidet das Urteil an einem Rechtsfehler mangels Feststellungen, der sich angesichts eines vom erkennenden Gericht jeweils angenommenen Erschwerungsumstands der mehrfachen Tatqualifikation zum Nachteil der Angeklagten auswirkt.

Zum Schuldspruch C./:

Der Tatbestand der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB verlangt in subjektiver Hinsicht alternativ entweder eine auf eine künftige Bereicherung unter missbräuchlicher Verwendung des unbaren Zahlungsmittels oder auf eine Fälschung desselben bezogene überschießende Innentendenz (Schroll in WK² § 241e Rz 9 ff; Kienapfel/Schmoller StudB BT III2 § 241e Rz 20 ff und Rz 51). Diesen Erfordernissen entspricht die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des Schuldspruchs mit der Konstatierung, die Angeklagten hätten darüber hinaus den Vorsatz gehabt, sich unrechtmäßig zu bereichern, und zwar durch die Wegnahme „unbarer Zahlungsmittel der unter Spruchpunkt I./C./ genannten unbaren Zahlungsmitteln“ (US 6) nicht.

Inwiefern es sich bei den zu C./2./ genannten Sparkarten um unbare Zahlungsmittel iSd § 74 Abs 1 Z 10 StGB handelt, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen, insbesondere ob diese im Rechtsverkehr Bargeld vertretende Funktion haben oder der Ausgabe von Bargeld dienen. Eine von einer Bank ausgegebene Kundenkarte und eine das Sparbuch ersetzende Sparkarte jeweils mit Zahlungsfunktion, die aber nur gegenüber dem ausstellenden Bankinstitut einsetzbar ist, sind keine Zahlungsmittel, wohl aber Urkunden (Schroll in WK2 Vorbem zu §§ 241a - 241g Rz 20; Kienapfel/Schmoller StudB BT III2 Vorbem §§ 241a ff Rz 32; Fabrizy, StGB10 § 74 Rz 21; 12 Os 88/07v, SSt 2007/62).

Die Mängel an Feststellungen betreffen auch den Angeklagten Krzysztof U*****, der die Schuldsprüche unangefochten ließ, sodass hinsichtlich beider Angeklagten die sich zu ihrem Nachteil auswirkenden Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO von Amts wegen (§ 290 Abs 1 StPO) aufzugreifen waren. Dies erfordete eine Rückverweisung an das Erstgericht in dem davon betroffenen Umfang (§ 285e StPO).

Mit ihren Berufungen waren beide Angeklagten und auch die Staatsanwaltschaft auf dieses kassatorische Erkenntnis zu verweisen.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Piotr Z***** gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO; sie erstreckt sich nicht auf das amtswegige Vorgehen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).

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