OGH 12Os125/22g

OGH12Os125/22g7.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Dezember 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Kastner in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 19. Juli 2022, GZ 605 Hv 6/21d‑97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00125.22G.1207.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * B* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 12. Oktober 2021 in W* versucht, * P* zu töten, indem er diesem mit einer Glasflasche wiederholt wuchtige Schläge gegen den Kopf versetzte.

[3] Die Geschworenen bejahten die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes (§§ 15, 75 StGB) und verneinten die Zusatzfrage (§ 313 StPO) nach dem Strafausschließungsgrund des § 11 StGB. Die für den Fall der Bejahung der Zusatzfrage gestellte Eventualfrage (§ 314 StPO; vgl zu diesem „Dreifragenschema“ RIS‑Justiz RS0100558; Lässig, WK‑StPO § 317 Rz 13) nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) blieb folgerichtig unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen aus § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[5] Die Fragenrüge (Z 6) verfehlt mangels Orientierung an den den Geschworenen vorgelegten Fragen die Ausrichtung am Verfahrensrecht (RIS‑Justiz RS0100865), weil die vom Beschwerdeführer vermisste Eventualfrage nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) den Geschworenen ohnehin gestellt wurde (Eventualfrage 2., S 5 der Blg./ D zu ON 96; US 4 f).

[6] Die Instruktionsrüge (Z 8), die zur Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes eine Belehrung über die Vorsatzform der Absichtlichkeit vermisst, übergeht prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0119071) den Inhalt der Rechtsbelehrung, der im Rahmen eines allgemeinen Teils eine Erörterung sämtlicher Vorsatzformen vorangestellt ist (S 2 ff der Blg./ C zu ON 96; vgl Swiderski, WK‑StPO § 321 Rz 9). Zudem leitet sie nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb die Geschworenen, die darüber instruiert wurden, dass für die subjektive Tatseite des Verbrechens nach § 75 StGB bedingter Vorsatz genügt (S 13 der Blg./ C zu ON 96), über die von § 75 StGB nicht geforderte Vorsatzform der Absichtlichkeit (§ 5 Abs 2 StGB) zu belehren gewesen wären.

[7] Mit der Behauptung fehlender Erläuterung des Tatbestands nach § 287 Abs 1 StGB vernachlässigt die Beschwerde abermals die den Geschworenen dazu erteilte Instruktion (S 19 f der Blg./ C zu ON 96). Im Übrigen wäre darzulegen gewesen, inwiefern sich eine falsche oder unvollständige Rechtsbelehrung hinsichtlich einer nur für den Fall der (hier:) Bejahung der Hauptfrage und der Zusatzfrage (siehe dazu Lässig, WK‑StPO § 317 Rz 10) und zufolge der Verneinung der Zusatzfrage (im Ergebnis) nicht gestellten (vgl § 317 Abs 3 StPO) Eventualfrage auf die Beantwortung der Haupt‑ und der Zusatzfrage ausgewirkt haben sollte (vgl RIS‑Justiz RS0111311).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 344 iVm § 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 344 iVm § 285i StPO).

[9] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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