OGH 12Os105/03

OGH12Os105/0318.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Proksch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ivica P***** und andere Angeklagte wegen des teils in Form des Versuchs verwirklichten Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. April 2003, GZ 043 Hv 136/02m-230, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Ivica P*****, Robert T*****, Rade P***** und Pavo S***** sowie die Berufung des Angeklagten Ivica P***** "wegen Schuld" werden zurückgewiesen.

II. In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Zvonko P***** sowie aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil sowie im Einziehungserkenntnis unberührt bleibt, im Übrigen, nämlich in den Schuldspruchpunkten I/1-6 und II/1-6 samt den die Angeklagten Ivica P*****, Robert T*****, Rade P*****, Ambroza I*****, Zvonko P*****, Alen G***** und Pavo S***** betreffenden Strafaussprüchen einschließlich der Vorhaftanrechnungen, der Abschöpfung der Bereicherung und der Widerrufsbeschlüsse aufgehoben und dem Erstgericht die neue Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung aufgetragen.

III. Die Angeklagten Ivica P*****, Robert T*****, Rade P*****, Zvonko P***** und Pavo S***** werden mit ihren Berufungen, Rade P***** auch mit seiner Beschwerde ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer die Angeklagten Ivica P*****, Robert T*****, Rade P*****, Zvonko P***** und Ambroza I***** betreffenden Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem - auch einen unangefochten gebliebenen (Teil-)Freispruch des Angeklagten Zvonko P***** enthaltenden - angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Ivica P***** (I/2), Robert T*****, Rade P***** (I/1), Ambroza I***** (I/3,4) und Zvonko P***** (I/5) (richtig:) der teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs gebliebenen Verbrechen nach §§ 28 Abs 2 (zu ergänzen: zweiter, dritter und vierter Fall), Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und 15 StGB, Ivica P***** teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, Alen G***** (I/6) (richtig:) der teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs gebliebenen Verbrechen nach §§ 28 Abs 2 (zu ergänzen: vierter Fall), Abs 3 erster Fall SMG und 15 StGB und Pavo S***** (I/4) des Verbrechens nach § 28 Abs 2 SMG, die Angeklagten Ivica P***** (II/1), Robert T***** (II/2), Rade P***** (II/3), Ambroza I***** (II/4), Alen G***** (II/6) und Pavo S***** (II/5) ferner der Vergehen nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen: erster und zweiter Fall) SMG schuldig erkannt. Darnach haben

I. Ivica P*****, Robert T*****, Rade P*****, Ambroza I*****, Zvonko P*****, Alen G***** und Pavo S***** den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) aus- und eingeführt, in Verkehr gesetzt, oder in Verkehr zu setzen versucht, indem

1. Robert T***** und Rade P*****

a) in der Zeit von Juli 2001 bis Ende Jänner/Anfang Februar 2002 im Zuge von etwa fünf Fahrten insgesamt ca 1.200 Gramm Kokain und 10.000 Stück "Ecstasy-Tabletten" von den Niederlanden aus-, durch Deutschland durch- und nach Österreich einführten und in Wien den Großteil der geschmuggelten Suchtgiftmenge an den Mitangeklagten Ivica P***** zum Weiterverkauf übergaben,

b) etwa Mitte Jänner 2002 in Wien ca 50 Gramm Kokain der geschmuggelten Suchtgiftmenge an den Mitangeklagten Alen G***** verkauften,

c) am 3. März 2002 in Wien 6.127 Stück Ecstasy-Tabletten zum Zweck des unmittelbaren Weiterverkaufes bereithielten;

2. Ivica P*****

a) in der Zeit von ca 1993 bis ca 1994 ca ein Kilogramm Heroin an den gesondert verfolgten Sasa D***** (ca 30 Gramm Heroin im Juni 1993) sowie an Unbekannte verkaufte,

b) im März 2001 insgesamt ca 700 Gramm Heroin an einen Unbekannten sowie ca 300 Gramm Heroin an einen Unbekannten namens "Buco" verkaufte,

c) zu der von den Angeklagten Robert T***** und Rade P***** in fünf Angriffen vorgenommenen Einfuhr (aus den Niederlanden über Deutschland) und der anschließenden Weitergabe von insgesamt 1,2 Kilogramm Kokain und 10.000 Stück Ecstasy-Tabletten durch Mitfinanzierung des Suchtgiftankaufs und die Zusage der nachfolgenden Organisation des Verkaufs beitrug,

d) im Juni/Juli 2001 ca 50 bis 60 Gramm Kokain - bezogen von einem Unbekannten namens "Pero" - an Unbekannte verkaufte,

e) in der Zeit von Mai 2001 bis zum 16. März 2002 insgesamt ca 775 Gramm Kokain und ca 1.000 bis 1.500 Stück Ecstasy-Tabletten an den Mitangeklagten Ambroza I*****, ca 10 Gramm Kokain und ca 1.000 Stück Ecstasy-Tabletten an den Mitangeklagten Alen G*****, ca 80 Gramm Kokain an den gesondert verfolgten Josip K***** sowie ca 1.100 Stück Ecstasy-Tabletten an einen Unbekannten namens "Ilija" verkaufte,

f) am 16. März 2002 1.690 Stück Ecstasy-Tabletten zum Zweck des unmittelbaren Weiterverkaufes bereithielt;

3. Ambroza I*****

a) etwa im März 2000 und etwa Ende Februar/Anfang März 2002 insgesamt ca 100 Gramm Kokain von den Niederlanden aus-, durch Deutschland durch- und nach Österreich einführte und in Wien einen nicht mehr feststellbaren Teil der geschmuggelten Suchtgiftmenge an Unbekannte verkaufte;

b) in der Zeit von etwa Mai 2001 bis etwa Ende Februar 2002 in Wien etwa 775 Gramm Kokain und etwa 1.000 bis 1.500 Stück "Ecstasy"-Tabletten - bezogen vom Mitangeklagten Ivica P***** - an den gesondert verfolgten Josip K*****, den Mitangeklagten Pavo S***** sowie an Unbekannte verkaufte;

c) etwa Anfang Jänner 2002 ca ein Kilogramm Kokain - im Auftrag eines Unbekannten namens "Zeki" - von den Niederlanden aus-, durch Deutschland durch- und nach Österreich einführte;

d) in der Zeit von Anfang Februar 2002 bis Ende Februar 2002 in Wien

2.350 Stück "Ecstasy"-Tabletten an einen Unbekannten namens "Bobi" verkaufte;

e) am 3. März 2002 "52,6 Gramm Kokain (brutto), 76,4 Gramm Kokain (netto)", 975,6 Gramm Cannabiskraut sowie 2.650 Stück "Ecstasy"-Tabletten zum Zwecke des unmittelbaren Weiterverkaufes bereithielt;

4. Ambroza I***** und Pavo S***** Ende Februar 2002 ca ein Kilogramm Kokain - im Auftrag eines Unbekannten namens "Zeki" - von den Niederlanden aus-, durch Deutschland durch- und nach Österreich einführten;

5. Zvonko P***** in Wien

a) von März/April bis Ende September 2001 eine nicht mehr näher feststellbare, jedenfalls aber 150 Gramm übersteigende (US 21) Menge Kokain und "Ecstasy"-Tabletten an Unbekannte verkaufte,

b) um den 13./14. März 2002 ca 3.000 Stück "Ecstasy"-Tabletten zum kommissionsweisen Weiterverkauf an den Mitangeklagten Ivica P***** übergab;

6. Alen G***** in Wien

a) von Jänner bis Mitte Februar 2002 ca 60 Gramm (auf US 21 bloß 50 Gramm) Kokain an Cevdet C***** verkaufte,

b) von Jänner bis 15. Mai 2002 ca 270 Gramm Kokain, 1.600 Stück "Ecstasy"-Tabletten und 20 Gramm Amphetamin an Unbekannte verkaufte,

c) am 15. Mai 2002 99 Stück "Ecstasy"-Tabletten zum unmittelbaren Weiterverkauf bereithielt,

wobei Ivica P*****, Robert T*****, Rade P***** und Ambroza I***** die Taten "als Mitglieder einer Bande" und mit Beziehung auf ein Suchtgift begingen, dessen Menge das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) "um ein Vielfaches übersteigt";

II. Ivica P*****, Robert T*****, Rade P*****, Ambroza I*****, Alen G***** und Pavo S***** (zusammengefasst wiedergegeben) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift zu im Spruch näher bezeichneten Tatzeiten erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde und zur Schuldberufung des Angeklagten Ivica P*****:

Ivica P***** hat die Nichtigkeitsbeschwerde unmittelbar nach der Urteilsverkündung angemeldet (S 195/V), jedoch nicht ausgeführt (ON 245). Indem er bei ihrer Anmeldung keine der in § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet hat (§ 285a Z 2 StPO), war sie schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO).

In gleicher Weise war mit der gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung zu verfahren.

Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Robert T***** und Rade P*****:

Den gegen die Schuldsprüche zu I/1/a-c vom Angeklagten Robert T***** aus Z 4 und 5 und vom Angeklagten Rade P***** aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Zur Verfahrensrüge (Z 4) des Angeklagten T***** wegen Unterlassung der in der Hauptverhandlung am 27. März 2003 beantragten Einsichtnahme in seinen Reisepass zum Nachweis dafür, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der unter I/l/b bezeichneten Suchtgiftübergabe an den Mitangeklagten Alen G***** (50 Gramm Kokain) in Jugoslawien gewesen sei (S 141 f/V), mangelt es an der Beschwerdelegitimation, weil dieser Antrag in der wegen geänderter Senatsbesetzung gemäß § 276a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 15. April 2003 (S 185/V) nicht wiederholt wurde (Ratz WK-StPO § 281 Rz 310).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat dieser Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 20. Februar 2003 angegeben, von den vernehmenden Beamten nicht geschlagen worden zu sein (S 527/IV), sodass die insoweit behauptete Aktenwidrigkeit durch das Zitat dieser Verantwortung in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht vorliegt. Seine Verantwortung, von einem - nicht in die Amtshandlung eingebundenen - unbekannten (Holzpantoffeln tragenden) Beamten geschlagen worden zu sein, hat das Erstgericht ohnedies erörtert und die Richtigkeit Geständnisses des Beschwerdeführers mängelfrei daraus abgeleitet, dass es sich "widerspruchsfrei und schlüssig in das Gesamtbild des Suchtgifthandels der übrigen Angeklagten eingliedern lässt und in einigen Details eine Übereinstimmung besteht, die nur von Beteiligten stammen kann" (US 28).

Der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten P***** zuwider haben die Tatrichter die Tatsache, dass die Mitangeklagten Ivica P*****, Robert T*****, Ambroza I***** und Alen G***** ihre ihn belastenden Angaben vor der Sicherheitsbehörde bei ihren gerichtlichen Vernehmungen abschwächten, ohnedies in den Kreis ihrer Erwägungen einbezogen und - unter Hinweis auf die damit verbundene Selbstbelastung - logisch und empirisch einwandfrei eine Fehlbezichtigung durch die ursprünglich geständigen Mitangeklagten abgelehnt (US 30 f).

Hingegen mussten die im Laufe des Verfahrens aufgetretenen Divergenzen in den Angaben der Mitangeklagten (wie etwa die Bezeichnung des Gepäckstücks, mit dem Kokain transportiert wurde durch Alen G***** als schwarze Reisetasche bzw als schwarzer Koffer), die durchwegs keine wesentlichen Umstände, sondern bedeutungslose Details ohne Indizcharakter für die Verlässlichkeit der Angaben über das deliktische Geschehen betreffen, bei der gebotenen gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht gesondert erörtert werden.

Mit dem - an sich richtigen - Vorbringen, es fehle eine Begründung für die erstgerichtliche, vom Angeklagten bestrittene Annahme dass dieser Suchtgiftkonsument ist, wird fallbezogen keine entscheidende Tatsache bekämpft.

Nach Prüfung der Akten anhand des Vorbringens der Tatsachenrüge (Z 5a) des Angeklagten P***** ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der seinen Schuldspruch tragenden Tatsachenfeststellungen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Pavo S*****:

Auch dessen gegen den Schuldspruch I/4 weitgehend undifferenziert aus den Gründen der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten, wonach er nicht wusste, dass Ambroza I***** in seinem Personenkraftwagen ein Kilogramm Kokain transportierte, ohnedies mitberücksichtigt, seinen auf die Einfuhr einer großen Suchtgiftmenge gerichteten bedingten Vorsatz aber aus seiner Einlassung bei der sicherheitsbehördlichen Vernehmung, wonach er mit Ambroza I***** zur Kokainbeschaffung nach Holland fuhr (S 533/II) sowie daraus mängelfrei abgeleitet, dass er mit Blick auf den dazu beträchtlichen Aufwand erkannte, dass nur der Schmuggel einer großen Kokainmenge wirtschaftlich sein konnte (US 35).

Mit dem Einwand, dass "der angebliche Drogentransport über 1 kg Kokain durch kein einziges Beweisergebnis objektiviert ist", bekämpft der Angeklagte die formal einwandfrei auf die Verantwortung des Mitangeklagten I***** gegründete in Rede stehende Urteilsannahme bloß nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Soweit sich die Beschwerde gegen das Erreichen der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) richtet, argumentiert sie auf der - seiner Verantwortung entsprechenden aber - urteilsfremden Basis des Imports von bloß 50 Gramm Kokain.

Die Rechts- und Subsumtionsrüge (Z 9 lit a und 10), es fehle an "Feststellungen zum Vorsatz, insbesondere zur Wissens- und Wollenskomponente des dolus eventualis hinsichtlich des Transports von 1 kg bzw einer großen Menge Suchgifts", verfehlt mangels Konkretisierung der nach Ansicht des Beschwerdeführers erforderlichen Ergänzungen der insoweit unmissverständlichen erstinstanzlichen Konstatierungen die deutliche und bestimmte Bezeichnung des Tatumstandes, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll (§ 285a Z 2 StPO).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Zvonko P*****:

Die vom Angeklagten Zvonko P***** gegen den Schuldspruchpunkt I/5 aus Z 3 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist hingegen berechtigt.

Der Verfahrensrüge (Z 3), die Angeklagten seien nach abgesonderter Vernehmung (§ 250 Abs 1 StPO) in der Hauptverhandlung vom 20. Februar 2003 von den Verantwortungen der Mitangeklagten nicht in Kenntnis gesetzt worden, genügt es zwar zu erwidern, dass die Hauptverhandlung am 15. April 2003 wegen geänderter Senatszusammensetzung neu durchgeführt wurde (§ 276a StPO) und dabei Einverständnis darüber herrschte, dass die bisherigen Verhandlungsergebnisse als verlesen gelten (S 189/V).

Auch der Einwand (Z 5), in Wahrheit sei eine Verlesung unterblieben, verfehlt die prozessordnungsgemäße Darstellung eines formellen Begründungsmangels, weil er weder darlegt, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, noch auf welches in der Hauptverhandlung tatsächlich nicht vorgekommene Beweismittel diese Annahme gestützt wird.

Hingegen wendet die Rüge (nominell Z 5, sachlich Z 10) im Ergebnis zutreffend ein, dass die Annahme des Schöffengerichts, wonach der Angeklagte "jedenfalls große Mengen Kokain und Ecstasy-Tabletten verkaufte", mit Feststellungsmängeln behaftet ist. Denn die bloße Nennung der Gesamtmenge im Urteilsspruch und in den Entscheidungsgründen unter Hinzufügung der Bezeichnung als "große Menge" vermag die Feststellung des konkreten, auf der Basis der Reinsubstanz oder des Wirkstoffgehalts zu bestimmenden Suchtgiftquantums nicht zu ersetzen, das einer Beurteilung als große Menge nach § 28 Abs 6 SMG iVm der Suchtgiftgrenzmengenverordnung zugrunde zu legen wäre (12 Os 3/03, 15 Os 82/03 uva). Da schon diese Feststellungsmängel zeigen, dass die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagte Zvonko P***** schon bei der nichtöffentlichen Beratung Folge zu geben (§ 285e StPO), weshalb sich ein Eingehen auf das weitere gegen die Gewerbsmäßigkeit (§ 28 Abs 3 erster Fall SMG) gerichtete Beschwerdevorbringen erübrigt.

Hingegen waren die teils offenbar unbegründeten, teils nicht gesetzmäßig ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten P*****, T*****, P***** und S***** sowie die Schuldberufung des Angeklagten P***** schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Der aufgezeigte Feststellungsmangel wirkt sich auch zum Nachteil aller übrigen vom Schuldspruch zu I. betroffenen Angeklagten aus, und war daher zu deren Gunsten nach § 290 Abs 1 StPO wahrzunehmen. Denn auch zu diesen Schuldsprüchen fehlen Feststellungen zum Reinheitsgrad des in Verkehr gesetzten Kokains sowie zum Wirkstoffgehalt der Ecstasy-Tabletten, somit die tatsächlichen Beurteilungsgrundlagen für die Annahme der für die Erfüllung des Tatbestands des § 28 Abs 2 SMG essentiellen großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) - und in weiterer Folge für die Bejahung fallweise sogar massiv indizierter Übermengen nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG.

Dem Urteil sind weiters keine Feststellungen zu entnehmen, die die Schuldsprüche der Angeklagten Ivica P*****, Robert T*****, Rade P*****, Ambroza I*****, Zvonko P*****, Alen G***** und Pavo S***** wegen der Vergehen nach § 27 Abs 1 (erster und zweiter Fall) SMG (II/1-6) tragen könnten.

Diese Feststellungsmängel erfordern die Aufhebung sämtlicher Schuldsprüche und somit auch aller Strafaussprüche einschließlich der Vorhaftanrechnungen, der Abschöpfung der Bereicherung und der Widerrufsbeschlüsse.

Der Vollständigkeit halber sei beigefügt, dass die Entscheidung über die Einziehung (§ 34 SMG) nach § 443 Abs 3 StPO lediglich dem Ausspruch über die Strafe gleichsteht und deshalb von der Kassierung des Strafausspruchs nicht berührt wird.

Die Angeklagten Ivica P*****, Robert T*****, Rade P*****, Zvonko P***** und Pavo S***** waren mit ihren Berufungen, Rade P***** auch mit seiner Beschwerde ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer die Angeklagten Ivica P*****, Robert T*****, Rade P*****, Zvonko P***** und Ambroza I***** betreffenden Berufung auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Im neu durchzuführenden Verfahren wird das Schöffengericht - bei Feststellung des Reinheitsgrades den Umstand zu berücksichtigen haben, dass Kokain in geringerem Umfang sichergestellt wurde (Standblatt S 01078/02 PZ 1-4 - ON 39/I) und als Untersuchungsmaterial zur Verfügung steht, sowie dass im Übrigen eine Analyse von sichergestellten Ecstasy-Tabletten vorliegt (ON 112/IV), deren - bisher vernachlässigtes - Ergebnis gleichfalls zur Abklärung der hier in Rede stehenden Qualitätsstandards zu erörtern sein wird. Hinsichtlich der Angeklagten, denen eine oder beide Qualifikationen des § 28 Abs 3 SMG angelastet wurden, werden im zweiten Rechtsgang (ua) Feststellungen zur nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG ua erforderlichen - gleichfalls massiv indizierten - Absicht, sich durch das wiederkehrende Inverkehrsetzen jeweils - wenn auch sukzessiv erreichter - großer Suchtgiftmengen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen sowie zur zeitlichen Komponente der Tatbegehung als Mitglied einer Bande (zum Günstigkeitsvergleich mit der Qualifikation der Tatbegehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung [BGBl I 2002/134] vgl 13 Os 25/02 = RIS-Justiz RS0118097) zu treffen sein.

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