Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Kaldi Y***** sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich der Angeklagten Marco S*****, Stefan B*****, Sascha W*****, Daniel D***** und Kaldi Y***** in den Schuldsprüchen A./ sowie demzufolge auch in den Strafaussprüchen ebenso aufgehoben wie der Beschluss auf Anordnung der Bewährungshilfe und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Kaldi Y***** auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Marco S*****, Stefan B*****, Sascha W*****, Daniel D***** und Kaldi Y***** jeweils des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB (A./) und Daniel D***** darüber hinaus des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (B./) schuldig erkannt.
Danach haben sie - soweit im Folgenden von Relevanz - (zu A./) am 8. Februar 2013 in Wien „im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben Tim De***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld in der Höhe von zehn Euro, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie sich vor Tim De***** aufstellten, Marco S***** und Stefan B***** ihn aufforderten, ihm (gemeint: ihnen) sein Mobiltelefon zu übergeben, ansonsten sie ihn schlagen würden, und ihn anschließend zur Übergabe von Bargeld aufforderten, woraufhin Tim De***** ihnen 10 Euro übergab, während Sascha W*****, Daniel D***** und Kaldi Y***** Aufpasserdienste leisteten, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde“.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte Kaldi Y***** bekämpft dieses Urteil in dem ihn betreffenden Teil (A./) mit einer auf Z 9 lit a und 10a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zeigt zutreffend auf, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des Schuldspruchs A./ keine hinreichenden Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben enthält:
Tatmittel des Raubes nach § 142 StGB ist Gewalt gegen eine Person oder eine qualifizierte Drohung, dh eine solche mit „gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB)“. Letztere Tatmodalität stellt somit auf bloß einen Teil der droherheblichen Rechtsgüter nach § 74 Abs 1 Z 5 StGB ab. Die Ankündigung einer das Rechtsgut der Ehre beeinträchtigenden Misshandlung (§§ 83 Abs 2, 115 Abs 1 StGB) im Sinn einer üblen, unangemessenen Behandlung, welche das körperliche Wohlbefinden eines anderen nicht unerheblich beeinträchtigt (vgl Kienapfel/Schroll StudB BT I³ § 83 Rz 65 mwN; Burgstaller/Fabrizy in WK² StGB § 83 Rz 23), scheidet demnach als Tatmittel des Raubes aus, zumal auch eine darauf abstellende Äußerung - wie die bloße Ankündigung von Schlägen - keine begründete Besorgnis für Leib oder Leben hervorzurufen vermag (RIS-Justiz RS0118696, so insbesondere 12 Os 132/07i, 12 Os 88/07v, 14 Os 103/06v; vgl zum Ganzen auch Eder-Rieder in WK² § 142 Rz 32).
Die vorliegenden Urteilsannahmen, wonach die Angeklagten Sascha W*****, Daniel D***** und Kaldi Y***** „in einiger Entfernung“ - „für das Opfer wahrnehmbar“ - „Aufpasserdienste“ leisteten, währenddessen sich die Angeklagten Marco S***** und Stefan B***** vor dem 14-jährigen Tim De***** aufbauten und diesen zunächst zur Herausgabe des Mobiltelefons aufforderten, der Angeklagte B***** hernach die Worte „Ich zähle bis drei, dann gibt es Ärger“ äußerte und sodann - da das Opfer der Aufforderung zur Herausgabe des Mobiltelefons nicht nachkam - gemeinsam mit dem Angeklagten S***** Geld verlangte (US 7), lassen nun aber - trotz Annahme einer auf die Verwirklichung der bloßen verba legalia gerichteten Absicht durch das Erstgericht - nicht erkennen, ob damit nach dem Tatplan der Angeklagten eine gegenwärtige konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Bedrohten in der oben dargelegten Bedeutung angekündigt werden sollte.
Dieser Mangel wird fallaktuell im Übrigen auch weder durch die Hinweise der Tatrichter auf die Aussagen einerseits des Beschwerdeführers Y***** (wonach „alle gemeinsam beschlossen“ hätten, jemanden „meier“ zu machen, wobei mit „meier“ machen gemeint gewesen sei, dass sie jemandem „Geld stehlen und notfalls das Opfer niederschlagen“ [US 8]) und andererseits der Angeklagten S***** und B***** (wonach sie beim Opfer den Eindruck hätten erwecken wollen, dass es „geschlagen“ wird, wenn es keine Wertgegenstände herausgibt [US 9]) noch durch den Ausspruch im Urteil, wonach „die Aussage 'Ich zähle bis drei, dann gibt es Ärger' vom Opfer nicht anders gedeutet werden kann als dass ihm sonst“ - nicht näher konkretisierte (vgl Eder-Rieder in WK² § 142 Rz 37 aE) - „Gewalt droht“ (US 9), beseitigt.
Da der angefochtenen Entscheidung somit Konstatierungen zu Sinn und Bedeutungsinhalt der als Nötigungsmittel eingesetzten Drohungen („Aufbauen“ von zwei Angeklagten vor dem Tatopfer, Leisten von [nicht näher beschriebenen] Aufpasserdiensten durch die drei weiteren Angeklagten sowie Äußerung des Angeklagten B***** [„Ich zähle bis drei, dann gibt es Ärger.“]), insbesondere dazu, welche Rechtsgutverletzung angedroht werden sollte, nicht zu entnehmen sind, ist der Schuldspruch A./ mit einem vom Beschwerdeführer zutreffend aufgezeigten Rechtsfehler mangels Feststellungen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605 f) behaftet und das Urteil insoweit nichtig (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO). Eine abschließende rechtliche Beurteilung ist daher nicht möglich, sodass die Kassation dieses Schuldspruchs erforderlich ist (§ 285e StPO).
Das übrige Beschwerdevorbringen bedarf demnach keiner Erörterung.
Da die in der Beschwerde zutreffend aufgezeigte Nichtigkeit in gleicher Weise die Schuldsprüche der Angeklagten Marco S*****, Stefan B*****, Sascha W***** und Daniel D***** jeweils wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und Abs 2 StGB (A./) betrifft, war - weil diese das Urteil unangefochten ließen - von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) auch das die Genannten betreffende Urteil in den Schuldsprüchen A./ aufzuheben.
Bereits bei nichtöffentlicher Beratung war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kaldi Y***** sowie aus deren Anlass das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, hinsichtlich der Angeklagten Marco S*****, Stefan B*****, Sascha W*****, Daniel D***** und Kaldi Y***** in den Schuldsprüchen A./ sowie demzufolge auch in den Strafaussprüchen ebenso aufzuheben wie der - zu Unrecht in das Urteil aufgenommene (vgl Schroll in WK² § 50 Rz 16; Danek, WK-StPO § 270 Rz 50) - Beschluss auf Anordnung der Bewährungshilfe. In diesem Umfang war die Sache im Einklang mit dem Croquis der Generalprokuratur zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 285e StPO).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte Y***** auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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