OGH 11Os97/04

OGH11Os97/0419.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Oktober 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, im Verfahren zur Unterbringung des Ronald M***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 20. April 2004, GZ 28 Hv 23/04y-41a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Ausspruch über die Begehung der Anlasstaten unberührt bleibt, im Ausspruch über die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Linz zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Ronald M***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet, weil er bei zwei Vorfällen im August 2003 und ein weiteres Mal am 5. November 2003 in St. Georgen/Gusen unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden, auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhenden Zustandes seine Mutter Alena M***** durch im Spruch angeführte Äußerungen teils mit dem Tod, teils mit Brandstiftung gefährlich bedroht hatte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei zu befürchten war, er werde sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen.

Nur die Anstaltseinweisung bekämpft der Betroffene mit seiner auf die Gründe der Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung unter der Zielsetzung, eine bedingte Nachsicht der vorbeugenden Maßnahme (§ 45 Abs 1 StGB) zu erreichen.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl: Die vom Beschwerdeführer unter den beiden Nichtigkeitsgründen relevierten Begründungsmängel zur Annahme der Gefährlichkeitsprognose betreffen eine Ermessungsentscheidung des Gerichtes und sind daher nur mit Berufung geltend zu machen (Ratz in WK² Vorbem zu §§ 21 bis 32 Rz 11). Nur soweit die Befugnis zur Anordnung einer vorbeugenden Maßnahme thematisiert wird (Z 11 erster Fall) - was hier nicht erfolgte - wäre eine Anfechtung auch wegen Verfahrens- und Begründungsmängeln zulässig (Ratz aaO Rz 9). Daran hat auch die Neufassung des § 281 Abs 1 Z 11 StPO durch das StrÄG 1987 - der Beschwerdeauffassung zuwider - nichts geändert. Lediglich dann, wenn die Prognosetaten verfehlt als solche mit schweren Folgen beurteilt werden, kommt auch eine Anfechtung aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO in Betracht, was jedoch vorliegend nicht geltend gemacht wurde.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Tatsächlich haftet jedoch dem Urteil, wovon sich der Oberste Gerichtshof aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugen konnte, der letztgenannte, von Amts wegen zu beachtende (§ 290 Abs 1 StPO) Nichtigkeitsgrund an.

Nach § 21 StGB ist die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nämlich nur dann anzuordnen, wenn der prognostizierte Sachverhalt (= die Prognosetat) rechtlich als eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen zu beurteilen wäre. Dafür bedarf es aber eindeutiger Sachverhaltsannahmen zur prognostizierten Tat, die den Schluss ermöglichen, dass damit eine mit Strafe bedrohte, als besonders folgenschwer zu wertende Handlung zu befürchten sei (Mayerhofer StGB5 § 21 Nr 6 f).

Mangels jeglicher Sachverhaltsannahmen zur Prognosetat ist vorliegend jedoch die bloße Behauptung, es sei die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung mit schweren Folgen zu befürchten, auf ihre Richtigkeit nicht überprüfbar.

Wegen der damit erforderlichen Aufhebung des Sanktionsausspruches ist die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden (§ 285e StPO).

Mit seiner Berufung war der Betroffene demgemäß auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte