OGH 11Os96/88

OGH11Os96/889.8.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.August 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian K*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ewald W*** sowie über die Berufung des Angeklagten Christian K*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.März 1988, GZ 6 e Vr 3.462/87-172, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, gemäß dem § 290 Abs 1 StPO in Ansehung des Christian K*** im Ausspruch darüber, daß dieser Angeklagte den zu Punkt B III des Urteilssatzes erfaßten Betrug unter Benützung einer verfälschten Urkunde beging, demgemäß in der rechtlichen Unterstellung der Betrugshandlungen auch unter die Bestimmung des § 147 Abs 1 Z 1 StGB sowie im Christian K*** betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte K*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Über die Berufung des Angeklagten Ewald W*** wird das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Ewald W*** die Kosten des ihn betreffenden bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (neben anderen) der am 14. September 1962 geborene Ewald W*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 StGB und des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt. Dem (allein angefochtenen) Schuldspruch wegen Betruges (Punkt B I des Urteilssatzes) liegt zugrunde, daß Ewald W*** am 31. Dezember 1986 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Christian K*** durch die Vorgabe redlicher Mietbereitschaft die Angestellte der "Videothek C***" Rosita P*** mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung zur Ausfolgung eines Videorecorders Moviebox im Wert von zumindest 6.000 S und zwei nicht bekannte Geschäftsinhaber zur Ausfolgung von sechs Videokassetten im Wert von insgesamt ca. 10.000 S verleitete und die jeweils Berechtigten dementsprechend am Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Ewald W*** mit seiner auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich jedoch als nicht berechtigt erweist. Der Beschwerdeführer beschränkt sich auf den Einwand unzureichender Begründung der Bewertung der sechs tatgegenständlichen Videokassetten mit dem Gesamtbetrag von ca. 10.000 S und reklamiert in diesem Zusammenhang die Möglichkeit eines individuell unterschiedlichen Verschleißzustands der einzelnen Exemplare, welche der erstgerichtlichen Orientierung an einem Durchschnittswert von etwa 2.000 S pro Stück jede Grundlage entziehe. Abgesehen davon, daß die dem Angeklagten angelastete Gesamtschadenshöhe rechnerisch ohnedies einen Abstrich von 2.000 S vom durchschnittlichen Neuwert entsprechender Produkte zum Ausdruck bringt, betrifft die Argumentation zur Mängelrüge keinen entscheidenden Tatsachenausspruch, weil sich der bekämpfte Schuldspruch (mangels Aktualität jedweder qualifizierenden Wertgrenze) im Grundtatbestand des Betruges nach dem § 146 StGB erschöpft.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 1 in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Über die Berufung des Angeklagten Ewald W*** wird

(tunlichst unter Vermeidung einer Verzögerung des Fortganges des Verfahrens gegen den inhaftierten Angeklagten K***) das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Mitangeklagte Christian K***, welcher Nichtigkeitsbeschwerde nicht erhoben hat, ua des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt (Punkte B I - III des Schuldspruchs). Die Qualifikation des bezüglichen Tatkomplexes zum schweren Betrug im Sinn des § 147 Abs 1 Z 1 StGB beruht ausschließlich darauf, daß der Angeklagte K*** laut Punkt B III am 26.Juni 1986 in Wien allein "durch die Vorgabe eines zahlungsfähigen und zahlungswilligen Kunden den Peter Z*** unter Benützung einer verfälschten Urkunde zur Ausfolgung von Getränken und Speisen im Wert von 90 S verleitete und ihm als Sicherstellung eine verfälschte Urkunde, nämlich ein PSK-Sparbuch übergab", in welchem er zuvor den ausgewiesenen Guthabensbetrag verfälscht hatte. Nach den Urteilsfeststellungen übergab der Angeklagte das in Rede stehende Sparbuch dem Verkäufer eines "Würstelstandes" als Sicherstellung für die ausständige Zeche in der Höhe von 90 S (US 11), wobei er seine Zahlungsfähigkeit vortäuschen wollte (US 11 und 17). Danach bleibt aber die für die Anwendbarkeit der Qualifikation nach dem § 147 Abs 1 Z 1 StGB entscheidende Frage offen, ob die verfälschte Urkunde bereits zur (schadensbegründenden) Herauslockung der Konsumationen eingesetzt und solcherart tatsächlich (in qualifizierender Bedeutung) bei Begehung des Betruges benützt wurde, oder aber - wie nach den Angaben des Geschädigten anläßlich der Anzeigeerstattung indiziert (vgl. S 5/6 in ON 4/Bd. I) - bloß im Anschluß an die Tatvollendung der Befriedigung der Kontroverse um die offene Zechschuld diente, in welchem Fall rechtlich Realkonkurrenz zwischen (einfachem) Betrug und dem (gegenüber schwerem Betrug minderstrafbedrohten) Vergehen der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 2 StGB zum Tragen käme. Da der bezogene Feststellungsmangel einer abschließenden materiellrechtlichen Tatbeurteilung entgegensteht, erweist sich der Schuldspruch des Angeklagten Christian K*** zu Punkt B III als mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO behaftet, weshalb er - mag auch in Ansehung dieses Angeklagten keine von wem immer ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde vorliegen - gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen aufzuheben, spruchgemäß eine entsprechende Verfahrenserneuerung anzuordnen (vgl. ua SSt. 39/42) und der Angeklagte mit seiner Berufung auf die (auch den Strafausspruch erfassende) kassatorische Entscheidung zu verweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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