OGH 11Os95/93

OGH11Os95/9314.12.1993

11Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Rouschal als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Straßegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Horst K***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 18. November 1992, GZ 13 Vr 459/92-376, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Clementschitsch sowie des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Hammerschlag zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. April 1941 geborene Horst K*****des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Organe der Gerichtsbarkeit durch die unter Verschweigen seiner gewollten Inbrandsetzung (des ihm gehörigen Hauses Bodendorf Nr. 15) gemachte falsche Angabe, die Brandursache nicht zu kennen, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, welche die Versicherungsanstalt der österreichischen Bundesländer Versicherungs-AG an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden 500.000 S überstieg, und zwar:

1./ am 21. November 1986 in Klagenfurt den zur Verhandlung und Entscheidung der Zivilrechtssache 18 Cg 165/83 zuständigen Richter des dortigen Landesgerichtes zur Verurteilung der B*****-Versicherung, *****, zur Zahlung eines Betrages von 4,532.295 S (zuzüglich detailliert angeführter Zinsenbeträge), wobei sein Vorsatz auch den Zuspruch eines weiteren Betrages von 440.549 S samt weiteren Zinsen erfaßte;

2./ am 30. März 1987 in Graz die zur Verhandlung und Entscheidung im Berufungsverfahren AZ 4 R 48/87 zuständigen Richter des Oberlandesgerichtes Graz zur Bestätigung des unter 1./ angeführten erstinstanzlichen Urteiles in seinem stattgebenden Teil, wobei sein Vorsatz überdies auf Abänderung des angefochtenen Urteiles durch Zuspruch weiterer Zinsenbeträge gerichtet war;

3./ am 12. November 1987 in Wien die zur Verhandlung und Entscheidung im Revisionsverfahren AZ 7 Ob 49/87 zuständigen Richter des Obersten Gerichtshofes zur Bestätigung des unter 2./ angeführten Urteils.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 1, 4, 5, 5a, 8, 9 lit. a, 9 lit. b und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Gegen den Strafausspruch (wie zu seinem Nachteil auch die Staatsanwaltschaft) und das Adhäsionserkenntnis wendet er sich mit Berufung.

I. Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Das Vorbringen zu § 281 Abs 1 Z 1 und 4 StPO, mit welchem die Teilnahme ausgeschlossener und abgelehnter Richter an der Hauptverhandlung (als Vorsitzender und Beisitzer) gerügt wird, ist unter keinem der geltend gemachten Gesichtspunkte berechtigt.

Die Mitwirkung der beiden Berufsrichter an der unter ON 320/VI (326/VI) bewilligten Wiederaufnahme des mit rechtskräftigem Freispruch des Angeklagten beendeten Verfahrens wegen des am 7. September 1978 versuchten schweren Betruges durch Täuschung von Angestellten der B*****-Versicherung zwecks Herauslockung einer Versicherungsleistung von etwa 4 Mio. S zu dem in Rede stehenden Schadensfall stellt keinen der im § 68 Abs 2 StPO angeführten Ausschlußgründe von der Mitwirkung und Entscheidung in der Hauptverhandlung im wiederaufgenommenen Verfahren dar, weshalb die darauf gestützten Ausschließungs- und Ablehnungsanträge des Angeklagten zu Recht der Abweisung verfielen. Das Vorbringen zur Verfahrensrüge (Z 4) ist - abgesehen von der Unzulässigkeit der Umgehung des Rechtsmittelausschlusses nach § 74 Abs 3 StPO auf diesem Wege (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 13, 14 zu § 74) - selbst unter dem Aspekt, daß der mit der Wiederholung des Ausschließungsantrages verbundene Ablehnungsantrag des Verteidigers einen Vertagungsantrag in sich schloß (siehe 490/VI; dazu Mayerhofer-Rieder aaO E 16), nicht berechtigt. Die richterliche Tätigkeit im Verfahren über die Wiederaufnahme - in welchem bei Prüfung der Eignung neuer Beweismittel nach § 355 StPO die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes keineswegs vorweggenommen wird - stellt nämlich keinen Umstand iS des § 72 StPO dar, der annehmen ließe, daß diese Richter auch angesichts allfälliger gegenteiliger Ergebnisse der Hauptverhandlung nicht gewillt wären, zu einer von ihrer bisherigen Beurteilung abweichenden Würdigung zu gelangen. Ebensowenig sind nach der aktuellen Rechtslage früher mit der Sache befaßt gewesene Erkenntnisrichter von der Entscheidung über die Wiederaufnahme ausgeschlossen. Die ihnen vom zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Gesetz zugewiesenen Aufgaben im Rahmen des iudicium rescindens stellen keine Umstände dar, die Zweifel an der Objektivität der Erkenntnisrichter aufkommen ließen. Andere Ausschlußgründe wurden nicht geltend gemacht. Der Ausschluß der Richter des iudicium rescindens vom iudicium rescissorium ist schließlich auch vom Strafprozeßänderungsgesetz 1993 nicht angeordnet.

Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs 1 Z 4 StPO erblickt der Angeklagte in der Ablehnung einer Vielzahl von Beweisanträgen. Der Verfahrensrüge kommt aber auch dazu keine Berechtigung zu.

Die vom Angeklagten beantragte Einvernahme der Zeugen Helmut L*****, Ing. Gerald W*****und Mag. Gerhard Sch*****(513/VI, 339/VII) betraf, soweit sie auf eine Überprüfung der Tatdarstellung des Belastungszeugen Dipl.Ing. Rainer T*****gegenüber Helmut L*****auf ihre Vereinbarkeit mit anderen Verfahrensergebnissen abzielte, einen letztlich auf bloßem Hörensagen beruhenden Beweis, dessen Aufnahme es umso weniger bedurfte, als - wie das Erstgericht zutreffend hervorhob (US 28) - der Zeuge T*****unmittelbar durch das erkennende Gericht vernommen werden konnte (7/VII f). Soweit die Einvernahme der genannten Zeugen auch dem Nachweis dienen sollte, daß dem Zeugen Helmut L*****und "über diesen den Zeugen T*****und M*****" von der Versicherungsanstalt erhebliche Geldzuwendungen für die Herbeiführung einer Wiederaufnahme und für die Verurteilung des Angeklagten zugesichert worden waren, konnte die Unterlassung der Beweisaufnahme die Verteidigungsrechte schon deswegen nicht beschneiden, weil die Gewährung derartiger Geldleistungen in der Urteilsbegründung als "ohnehin allgemein bekannt" bezeichnet wurde (US 27 Mitte); das Erstgericht ist also ohnedies von der Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache ausgegangen, deren Erweisungsbedarf mithin entfiel (RZ 1988/16).

Die Einvernahme des Zeugen Bartholomäus Sch*****(AS 267/VII) konnte im Hinblick auf dessen schon anläßlich lange zurückliegender Aussagen (362/II f bzw. 413/II f) erwiesene Unfähigkeit zu präzisen Zeitangaben, welche zur Widerlegung der Selbstbezichtigung des Zeugen Erwin M*****mittels Alibinachweises hätten geeignet sein können, ohne Verletzung von Verteidigungsrechten des Angeklagten unterbleiben; wurden doch keinerlei Umstände dargetan, die nunmehr - nach Verstreichen von weiteren zwölf Jahren - ein besseres Erinnerungsvermögen erhoffen ließen. Gerade im Hinblick auf die schon anläßlich der früheren Vernehmungen aufgetretene Unsicherheit des genannten Zeugen konnte auch die begehrte Verlesung seiner früheren Angaben unterbleiben, ohne daß daraus eine dem Angeklagten nachteilige Einflußnahme auf die Entscheidung folgen konnte. Der Antrag auf Einvernahme der Zeugin Luzia F*****zum Nachweis eines Aufenthaltes des Angeklagten am 8. September 1978 in R*****bis zu einer bestimmten Uhrzeit (etwa 9.45 Uhr) unterläßt es ebenfalls darzutun, weshalb der genannten Zeugin eine derart genaue Zeitangabe immer noch möglich sein sollte. Solche Ausführungen hätte es aber in Anbetracht des bis zur Beweisantragstellung bereits verstrichenen Zeitraumes von 14 Jahren bedurft (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO E 19, 83 zu § 281 Abs 1 Z 4).

Bei Begründung des Antrages auf Einvernahme der Zeugin Sonja R*****(269/VII) wurde ebenfalls nicht dargetan, in welcher Weise die von dieser Zeugin erwartete Bestätigung, bei einem Zusammentreffen der Zeugen D*****, T*****und D*****am 17. Juli 1978 weder ein Gespräch über eine Brandstiftung mitgehört noch die Anwesenheit der Brigitte K*****wahrgenommen zu haben, zur Entlastung des Angeklagten geeignet gewesen wäre.

Der Antrag auf Beischaffung des Aktes (betreffend das in Österreich geführte Strafverfahren) gegen Dipl.Ing. Rainer T*****und Erwin M*****zwecks Feststellung, "in welcher Form das Verfahren zum Erliegen kam" läßt überhaupt keinen Bezug auf die Tatfragen erkennen, die Gegenstand des Verfahrens gegen den Angeklagten sind; eine Relevanz des Antrages liegt - der Auffassung der Beschwerde zuwider - daher keineswegs "auf der Hand". In der Abweisung des Beweisantrages ist daher keine Beeinträchtigung von Verteidigungsinteressen zu erblicken. Der nachträglich in der Beschwerde unternommene Versuch, die Bedeutung dieser Antragstellung zu erläutern, kann an ihrer Prozeßordnungswidrigkeit aber nichts mehr ändern, weil bei Erledigung der Verfahrensrüge von jener Prozeßlage auszugehen ist, die sich dem Erstgericht zum Zeitpunkt seines Zwischenerkenntnisses darbot (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 40, 41).

Der Antrag der Verteidigung "auf Rückleitung des Aktes in die Voruntersuchung", der mit dem Hinweis auf die zuvor vom Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft vorgenommene Modifikation der Anklage (271/VII) gestellt wurde, enthielt ebenfalls keine tragfähige Begründung. Selbst wenn in deren "Modifikation" eine Ausdehnung der Anklage zu erblicken wäre (was vorliegend, wie noch zum Beschwerdevorbringen unter dem Aspekt des § 281 Abs 1 Z 8 StPO auszuführen sein wird, nicht der Fall war), bestünde kein Anlaß zu einer Aktenrückleitung an den Untersuchungsrichter. Eine solche Rückleitung des Aktes hätte zur Voraussetzung gehabt, daß das Schöffengericht die Durchführung neuer Erhebungen oder Untersuchungshandlungen (§ 276 StPO) für erforderlich hielte. Die Voraussetzung für eine derartige Maßnahme wird aber mit dem nicht konkretisierten Verlangen auf Vornahme neuer Erhebungen oder Untersuchungshandlungen durch den Untersuchungsrichter nicht dargestellt. Auch zu dem für den Fall, daß der Akt "nicht in die Voruntersuchung rückgemittelt" werden sollte, (hilfsweise) gestellten Beweisantrag auf Einvernahme des seinerzeit im alten Verfahren erkennenden Senates, auf Einvernahme des Richters im Zivilverfahren und der Rechtsmittelrichter wurden jene Umstände nicht dargetan, auf Grund welcher von der beantragten Beweisaufnahme ein den Angeklagten entlastendes Ergebnis - im Sinne der Verneinung aller anklagegegenständlichen Täuschungshandlungen - zu erwarten gewesen wäre. Die mit den früheren Verfahren befaßt gewesenen Richter waren selbst keineswegs Zeugen der Brandentstehung. Ob die Zivilrichter vom Angeklagten durch wahrheitswidrige Angaben über die Brandursache getäuscht wurden, ist aber eine vom erkennenden Gericht auf Grund der von ihm aufgenommenen Beweise über die Brandentstehung selbständig - ohne Bindung an die früheren richterlichen Entscheidungen - zu lösende Tatfrage. Der Nachweis, daß die Entscheidungen im Zivilprozeß auch dann zugunsten des Angeklagten ausgefallen wären, wenn dieser das ihm im Strafverfahren vorgeworfene Verhalten nicht gesetzt hätte, war nach den Denkgesetzen von vornherein ausgeschlossen.

Mit dem Antrag auf "Wiederholung der Hauptverhandlung wegen nichtvorhandener Kontinuität und Neubegründung des Anklagesatzes" verkennt der Beschwerdeführer schließlich, daß der Prozeßgegenstand von der Modifikation der Anklage nicht berührt wurde, worauf ebenfalls noch im Zusammenhang mit der Behandlung der Einwendung der Anklageüberschreitung einzugehen sein wird.

Wenn sich der Angeklagte schließlich mit der Behauptung, eine Wiederholung der Hauptverhandlung (Neudurchführung iS des § 276a StPO) wäre im vorliegenden Verfahren geboten gewesen, auf die von Bertel (Grundriß des österreichischen Strafprozeßrechtes3 Rz 533) vertretene Auffassung stützt, bei mehrmaligen Vertagungen bedürfe es nur dann nicht der Neudurchführung, wenn die Summe der Abstände zwischen den einzelnen Sitzungen vier Wochen nicht übersteige, ist er auf die dazu gefestigte Rechtsprechung zu verweisen, derzufolge eine einheitliche Hauptverhandlung vorliegt, wenn kein verhandlungsfreier Zeitraum einen Monat übersteigt (siehe dazu insbesondere EvBl. 1974/23 sowie Mayerhofer-Rieder aaO, Anm. unter E 1 zu § 276 a und Foregger-Serini StPO5 Erl I zu § 276 a). Mit der Behauptung mangelnder Fairness der bisherigen Verhandlungsführung als Grund für die begehrte Wiederholung der Hauptverhandlung wird schließlich ein gesetzlicher Nichtigkeitsgrund nicht dargetan.

Das Beweisthema der vom Erstgericht abgelehnten Einvernahme der Zeugen Armin M*****, Peter I*****, Walter W*****und Marine T*****, die der Beschwerde zufolge den Zweck haben sollte, die angeblich unfaire Behandlung des Beschwerdeführers schon bei den ursprünglichen Ermittlungen des Landesgendarmeriekommandos aufzuzeigen, ist dem in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag nicht zu entnehmen (513/VI). Auf den zuvor gestellten schriftlichen Beweisantrag (ON 342) - aus dessen bloßem Verweis unter Abschnitt 4.5. auf die Abschnitte 4.1. und 4.4. des Schriftsatzes das Beweisthema gleichfalls nicht hinreichend eindeutig hervorgeht - war aber nicht Bedacht zu nehmen, weil es lediglich auf den Inhalt des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages ankommt (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO E 1 und 4 f zu § 281 Abs 1 Z 4). Die Rüge versagt in diesem Punkt daher schon aus formalen Gründen.

Mit der Rüge der Abweisung seiner zahlreichen Anträge auf Verlesung von Aktenteilen aus dem ersten Rechtsgang als Verstoß gegen die Vorschrift des zweiten Halbsatzes des § 359 Abs 2 StPO, derzufolge die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten, die in der neuen (nach Wiederaufnahme durchgeführten) Hauptverhandlung nicht mehr vernommen werden können, aus den Akten vorzulesen sind, macht der Beschwerdeführer selbst keinen nachteiligen Einfluß der behaupteten Formverletzung auf die Entscheidung geltend (§ 281 Abs 3 erster Satz StPO), tatsächlich ist ein solcher hier auch auszuschließen.

Die Einvernahme der Belastungszeugen Dipl.Ing. Rainer T*****(7/VII f) und Erwin M*****(23/VII f) in der Hauptverhandlung am 23. Juli 1992 - zu welcher sie ohne Vorladung erschienen waren - auf Grund eines über den Widerspruch der Verteidigung ergangenen Zwischenerkenntnisses (5/VII und verso) vermochte ebenfalls keine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten zu bewirken. Das Argument, daß bei Prozeßvorbereitung für den Hauptverhandlungstermin nicht von einer bevorstehenden Einvernahme dieser Zeugen ausgegangen worden sei, läßt nicht erkennen, welcher zusätzlichen Vorbereitung es angesichts der Kenntnis des belastenden, zur Wiederaufnahme des Strafverfahrens führenden Inhalts der letzten vor der Hauptverhandlung abgelegten Aussagen der genannten Zeugen noch bedurft hätte. Die bloße Befürchtung, die Zeugen seien von der Kriminalabteilung des Landesgerichtes für Kärnten vor der Hauptverhandlung "einer entsprechenden Unterrichtung und Weisung zu ihren Aussagen unterzogen worden", ist eine jeglicher konkreten Grundlage entbehrende Unterstellung. Im übrigen hat die sofortige Einvernahme der aus der Bundesrepublik Deutschland angereisten Zeugen keineswegs die nach Auffassung des Verteidigers notwendige Gegenüberstellung mit anderen Zeugen verhindert, sondern wäre diese Gegenüberstellung im weiteren Verfahrensverlauf möglich gewesen, worauf die Verteidigung allerdings nach Durchführung der Einvernahme am 23. Juli 1992 nicht mehr bestand.

Die Mängelrüge (Z 5), derzufolge die erstgerichtliche Feststellung, der Angeklagte habe den in erster Instanz entscheidenden Zivilrichter durch Täuschung zum Zuspruch der Versicherungsleistung verleitet, "aktenwidrig" (gemeint offensichtlich: mit der Begründung des Urteils vom 21. November 1986, 18 Cg 165/83-36, nicht vereinbar) sei, ist lediglich zu erwidern, daß es sich hiebei um eine auf der Beweiswürdigung der erkennenden Richter beruhende Urteilsannahme zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz im vorliegenden Strafverfahren handelt, wobei es nicht darauf ankommt, welche Verfahrensergebnisse für die Beweiswürdigung des Zivilrichters ausschlaggebend waren.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) geht ins Leere. Die Ausführungen zu diesem Nichtigkeitsgrund legen keine aktenkundigen Umstände dar, aus denen sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenen Tatsachen ergäben. Der Angeklagte beschränkt sich vielmehr im wesentlichen darauf, die Möglichkeit einer Beeinflussung der Belastungszeugen zu seinen Ungunsten hervorzuheben und demgegenüber die größere Glaubwürdigkeit ihrer früheren - ihn entlastenden - Angaben zu betonen. Damit führt er der Sache nach aber nur eine im kollegialgerichtlichen Verfahren nach wie vor unzulässige Schuldberufung aus.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider hat das angefochtene Urteil auch die Anklage nicht überschritten. Die im wiederaufgenommenen Verfahren ursprünglich eingebrachte Anklageschrift (ON 327/VI) betrifft die betrügerische Schädigung der B*****-Versicherung um die als Schadenersatz aus dem Schadensfall vom 7. September 1978 an den Angeklagten am 25. September 1987 und am 22. Februar 1988 ausgezahlten Beträge. Auf diesen historischen Sachverhalt wird nicht nur im Anklagetenor (365/VI), sondern auch in der Anklagebegründung (379/VI unten) Bezug genommen. Im Gegensatz zum Faktum B/1 laut Anklageschrift ON 143/III, welches dem mit Wiederaufnahmebeschluß ON 320/VI aufgehobenen Teilfreispruch B/II/1 des Urteils ON 274 a/V zugrundelag, bezog sich die neue Anklageschrift sohin nicht allein auf den durch Täuschung der Versicherung versuchten, sondern auch auf den erst Jahre später - nach Rechtskraft des Freispruchs - vollendeten Betrug. Inkriminiert war demnach sowohl die mißlungene, demnach nicht für die Schädigung kausale, Täuschung der Angestellten der B*****-Versicherung im Jahre 1978, als auch die tatsächlich effektuierte Schädigung dieser Versicherungsgesellschaft. Daß die Herbeiführung dieses Vermögensschadens durch ein zivilgerichtliches Urteil aus dem Anklagesatz allein noch nicht mit entsprechender Klarheit hervorgeht, sondern dessen isolierte Betrachtung den Eindruck erwecken könnte, die Täuschungshandlungen des Jahres 1978 hätten zum Erfolgseintritt in den Jahren 1987 und 1988 geführt und damit das vollendete Verbrechen nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB verwirklicht, bedeutet keine den historischen Sachverhalt betreffende Anklageeinschränkung, sondern ist lediglich darauf zurückzuführen, daß die Anklagebehörde (wie in der Folge auch das Erstgericht) das Vorliegen mehrtätigen Zusammentreffens zweier Betrugsdelikte verkannte. Es tritt nämlich der Versuch der Straftat zwar grundsätzlich hinter deren Vollendung zurück, dies setzt aber - außer der Identität des Rechtsgutes und des Geschädigten sowie den Bestand eines einheitlichen Willenentschlusses - auch voraus, daß die Versuchs- und die Vollendungshandlungen zeitlich nicht derart weit auseinanderfallen, daß sie nicht mehr als Einheit angesehen werden können (Leukauf-Steininger Komm3 § 28 RN 59 bis 61 und die dort angeführte Judikatur; Foregger-Serini StGB5 S 112 Erl V/4; Burgstaller in Strafrechtliche Probleme der Gegenwart VI, 33 = JBl. 1978, 400). Zwar kann bei wertender Betrachtung im Hinblick auf die Größe und Bedeutung des kriminellen Vorhabens unter Umständen die zeitliche Komponente in den Hintergrund treten (in diesem Sinne die von Leukauf-Steininger sowie Burgstaller kritisierte Entscheidung SSt 48/54), bei einem mehrjährigen Abstand zwischen der erfolglos versuchten Täuschung von Versicherungsangestellten und der durch Täuschung der Zivilgerichte schließlich doch gelungenen Herbeiführung des (schon im ursprünglichen Tatplan gelegenen) Vermögensschadens kommt die Behandlung dieser Akte als dogmatische Einheit jedoch nicht mehr in Betracht. Rechtsrichtig verwirklichte daher jener Sachverhalt, auf dem die Anklageschrift im wiederaufgenommenen Verfahren beruht, zwei Betrugstaten, nämlich den im Jahre 1978 verübten Betrugsversuch und den erst nach Abschluß des diesbezüglichen Strafverfahrens begangenen, zum Teil vollendeten (Prozeß-)Betrug zum Nachteil der B*****-Versicherung. Die "Modifikation" der Anklage in der Hauptverhandlung vom 15. Oktober 1992 (271/VII f), auf Grund welcher der Anklagetenor durch ausdrückliche Erwähnung der weiteren - im Gegensatz zur versuchten Täuschung der B*****-Versicherung erfolgreichen - Täuschungshandlungen, nämlich dem prozessualen Verhalten des Angeklagten in der Zivilrechtssache 18 Cg 165/83 des Landesgerichtes Klagenfurt ab Klagseinbringung am 19. September 1983, vor allem eine den Anklagegegenstand deutlich bezeichnende Fassung erhielt, war nur insoweit eine Anklageausdehnung, als darauf Bedacht genommen wurde, daß die neuerlichen Täuschungshandlungen (gegenüber den Gerichten) infolge Abweisung eines Teilbegehrens nicht in jenem betragsmäßigen Umfang erfolgreich waren, auf welchen der Vorsatz des Angeklagten gerichtet war. Daß auch der im Jahre 1978 unternommene Versuch weiterhin Gegenstand der - richtigerweise auch in der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes (nämlich nunmehr als sowohl vollendeter als auch versuchter schwerer Betrug nach den §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB) abgeänderten - Anklage blieb, geht auch aus der Bezeichnung der am 11. September 1978 erstatteten Schadensmeldung an die Versicherung als Tathandlung hervor (273/VII).

Ersichtlich mangels einer die dogmatische Einheit der Tathandlungen aus dem Jahre 1978 mit den Täuschungshandlungen im zivilgerichtlichen Verfahren eindeutig ausschließenden Formulierung (auch) des (modifizierten) Anklagesatzes hat das Erstgericht allerdings nur das letzte Verhalten des Angeklagten zum Gegenstand des Schuldspruches gemacht. Tatsächlich wurde daher die Anklage nicht - wie der Beschwerdeführer vermeint - überschritten (§ 281 Abs 1 Z 8 StPO), sondern teilweise vielmehr nicht erledigt. Der davon betroffene Komplex ist aber mangels Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 7 StPO seitens der Anklagebehörde einem rechtskräftigen Freispruch gleichzuhalten (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 19 zu § 281 Abs 1 Z 7). Im Hinblick auf diese Beendigung des Verfahrens hinsichtlich der im Jahre 1978 verübten, demnach - bei isolierter Betrachtung (§ 58 Abs 2 StGB) - allein für die Aufhebung der Strafbarkeit infolge Ablauf der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 57 Abs 3 StGB in Betracht kommenden und den Gegenstand der Wiederaufnahme des Strafverfahrens bildenden Versuchstat ist überdies sowohl der Rechtsrüge nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO, in welcher das Verfolgungshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache und damit der Verbrauch des Anklagerechtes sowie der Strafaufhebungsgrund der Verjährung geltend gemacht werden, als auch der Strafzumessungsrüge (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO), in welcher (unter mißverständlicher Berufung auf die den hier nicht gegebenen Fall des § 359 Abs 3 StPO betreffenden Ausführungen von Bertel [Grundriß des österreichischen Strafprozeßrechtes3 Rz 841]) die Verhängung einer bloßen Zusatzstrafe im Sinne der §§ 31 Abs 1 und 40 StGB für die von der Wiederaufnahme erfaßte Straftat begehrt wird, der Boden entzogen.

Schließlich kommt auch den formell auf § 281 Abs 1 Z 9 lit. a StPO gestützten Beschwerdeeinwänden keine Berechtigung zu.

Die dazu herangezogene Entscheidung zum Problem des Behördenbetrugs (JBl 1989, 59) geht am hier aktuellen Sachverhalt vorbei, weil der Angeklagte vorliegend im Zivilprozeß sein bewußt tatsachenwidriges Vorbringen auf den Inhalt des Strafaktes (der festgestelltermaßen inhaltlich unrichtige Entlastungsbeweise enthielt) stützte und vor allem auch im Rahmen seiner Parteienvernehmung auf seine wahrheitswidrige Verantwortung im Strafverfahren Bezug nahm (US 11, 12). Angesichts dieser zusätzlichen Bekräftigung seiner Täuschungsrechte (vgl. Leukauf-Steininger Komm3 § 146 RN 30) ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers durch Anwendung der Grundsätze der von der Entscheidung EvBl 1989/44 für andere Fälle des sogenannten Behördenbetruges abgelehnten Judikatur auf den gegenständlichen Prozeßbetrug nichts zu gewinnen.

Der weiteren Rechtsrüge, die sich inhaltlich als Subsumtionsrüge iS des § 281 Abs 1 Z 10 StPO darstellt, wonach es an Feststellungen zum unmittelbar durch die täuschungsbedingte Vermögensverfügung verursachten Schaden fehle, ist entgegenzuhalten, daß sich dieser keineswegs, wie der Beschwerdeführer offenbar vermeint, auf den unmittelbar nach dem Brand aufgetretenen Schaden und die dadurch verursachte Verkehrswertminderung des Gebäudes beschränkt, welcher der - vom Erstgericht ohnehin festgestellten (US 10 unten, 11) - Versicherungszahlung in der Höhe von 371.169 S an eine Hypothekargläubigerin des Angeklagten zugrundelag, sondern in jenem Betrag besteht, um welchen das Vermögen der B*****-Versicherung insgesamt durch den Prozeßbetrug des Angeklagten letztlich vermindert wurde. Nur in diesem Betrag, nicht hingegen in der von der Versicherung an die Hypothekargläubigerin geleisteten Zahlung, hat das Erstgericht den tatsächlich herbeigeführten Schaden erblickt. Die Verpflichtung des Angeklagten aber, aus der Versicherungsleistung weitere Ansprüche von Hypothekargläubigern zu befriedigen, bleibt bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung deswegen unbeachtlich, weil sich dadurch an der Unrechtmäßigkeit seiner Bereicherung, die keineswegs von Dauer sein muß (siehe dazu Leukauf-Steininger aaO RN 57), nichts ändert.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten konnte aus den dargelegten Gründen kein Erfolg beschieden sein.

II. Zur Berufung:

Das Schöffengericht hat bei der Strafbemessung als erschwerend die besondere Intensität und die hartnäckige Konsequenz, mit der der Angeklagte den strafrechtlichen Erfolg anstrebte und die hohe Schadenssumme als mildernd hingegen keinen Umstand gewertet. Ausgehend davon hielt es eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren für schuldangemessen.

Unter einem sprach es gemäß dem § 369 Abs 1 StPO dem Privatbeteiligten, nämlich der *****B*****Versicherungs Aktiengesellschaft den Betrag von 6,439.952 S zu.

Gegen dieses Adhäsionserkenntnis wendet die Berufung des Angeklagten im wesentlichen ein, wegen der Bindungswirkung an den rechtskräftigen zivilrechtlichen Leistungsanspruch wäre der Antrag des Privatbeteiligten auf Zuspruch abzulehnen und der Privatbeteiligte mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen. Dieser Einwand setzt sich zunächst darüber hinweg, daß eine derartige Bindung des Strafrichters im Fall "erschlichener oder vorsätzlich sittenwidrig" - demnach umsomehr bei betrügerisch - erlangter Rechtskraft entfällt. Dazu kommt, daß eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg lediglich bei Vorliegen eines einen identen Ersatzanspruch betreffenden, (diesen also erledigenden) Titels in Betracht käme (siehe zu diesem Komplex Fasching Komm III 717). Im Hinblick darauf, daß der vom Angeklagten (strafbar) erwirkte, den "Ersatzanspruch" gegenüber der Versicherung betreffende und zwischenzeitig erfüllte Titel mit der Deliktsschuld, die gerade in der betrügerischen Erschleichung des Titels liegt, nicht ident ist, entspricht der Zuspruch im Adhäsionsverfahren dem Gesetz.

Die Berufung des Angeklagten ist aber auch nicht berechtigt, soweit sie sich gegen den Strafausspruch richtet. Zunächst ist das Verlangen nach Verhängung einer Zusatzstrafe gemäß dem § 31 Abs 1 StGB deswegen verfehlt, weil nach der genannten Bestimmung eine Zusatzstrafe (nur) dann zu verhängen ist, wenn jemand, der bereits zu einer Strafe verurteilt worden ist, wegen einer anderen Tat verurteilt wird, die nach der Zeit ihrer Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte abgeurteilt werden können. Ausgehend von den urteilsmäßigen Tatzeitpunkten 21. November 1986, 30. März 1987 und 12. November 1987 sind diese Voraussetzungen weder in Ansehung des von der Berufung aufgegriffenen noch eines anderen Strafverfahrens gegen den Angeklagten erfüllt. Damit versagt aber auch die Rüge, der Angeklagte sei zum Zeitpunkt des historischen Sachverhaltes unbescholten gewesen, weil auch damit die vorstehend genannten Tatzeitpunkte unberücksichtigt bleiben. Da davon ausgehend auch weder von einem längeren Wohlverhalten in der Bedeutung des besonderen Milderungsgrundes nach § 34 Z 18 StGB die Rede sein kann, noch Umstände vorliegen, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen, vermag der Angeklagte keine berücksichtigungswürdigen Milderungsumstände darzutun. Vielmehr erweisen sich die erstgerichtlichen Strafzumessungserwägungen als insgesamt zutreffend, insbesondere wurden die Strafbemessungsgründe auch vor dem Hintergrund der Berufungsargumente der Staatsanwaltschaft ihrem Gewicht entsprechend gewertet, so daß beiden Berufungen der Erfolgt versagt blieb.

Die Kostenentscheidung ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.

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