OGH 11Os76/92

OGH11Os76/929.7.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, Dr.Rzeszut, Dr.Hager und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Amschl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hermann S***** wegen des Vergehens der Begehung des Verbrechens des versuchten Raubes im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 (§§ 15, 142 Abs. 1) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6.März 1992, GZ 4 b Vr 9522/91-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.520

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hermann S***** (zu ergänzen: des Vergehens) der Begehung des Verbrechens des versuchten Raubes im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 (§§ 15, 142 Abs. 1) StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher keine Berechtigung zukommt.

Die Behauptung, daß der Ausspruch des Erstgerichtes über entscheidende Tatsachen mit sich selbst im Widerspruch stehe, weil der nach den Urteilsfeststellungen in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand befindliche Angeklagte nicht "gleichzeitig in Verfolgung eines vorgefaßten Planes" - wie gleichfalls konstatiert - in der U-Bahn-Station Taubstummengasse nach einem geeigneten Opfer für einen Handtaschenraub Ausschau gehalten haben könne, verkennt, daß die Tatrichter nicht von einer gänzlichen Aufhebung des Bewußtseins und damit einer fehlenden Handlungsfähigkeit, sondern unter Bezugnahme auf konkrete Geschehnisabläufe von einer eindeutigen tatbestandsbezogenen Willensbildung ausgegangen sind, die grundsätzlich auch bei einem Volltrunkenen möglich ist und eine Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 287 StGB bietet (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 287 RN 8, 10 a und b).

Ein Begründungsmangel ist demgemäß auch nicht zu erkennen, wenn das Schöffengericht - der Sache nach - dem Schuldspruch u.a. die offenkundige Kenntnis des - im Zweifel als im Rauschzustand befindlich angesehenen - Angeklagten zugrunde legte, daß das in Aussicht genommene Opfer des Raubversuches Geld in der Handtasche mit sich führe.

Daß der Angeklagte im Sinn der erstgerichtlichen Konstatierungen nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen an sich befähigt gewesen wäre, die Herbeiführung des verfahrensgegenständlichen Rauschzustandes hintanzuhalten, ist - der Beschwerde zuwider - durch Verfahrensergebnisse, und zwar durch das Gutachten des dem Verfahren beigezogenen gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr.Heinrich Gross (S 85 f) gedeckt, auf welches sich das Erstgericht ausdrücklich bezog.

Die insgesamt offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

Über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO).

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