OGH 11Os70/95

OGH11Os70/9530.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Mai 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Svatek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mohammed Nosa O***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 (vierter Fall) SGG - teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuches nach § 15 StGB begangen - und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.Februar 1995, GZ 6 a Vr 12098/94-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG (Punkt I des Urteilsspruchs) sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mohammed Nosa O***** (zu I) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 (vierter Fall) SGG, teils begangen in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, und (zu II) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift

I. in einer großen Menge durch Verkauf in Verkehr gesetzt bzw in Vekehr zu setzen versucht, indem er

1. ab Juli 1994 bis zum 4.Oktober 1994 insgesamt 20 Gramm Heroin und ca 5 Gramm Cocain an Manuel H***** verkaufte;

2. am 4.Oktober 1994 5,6 Gramm Cocain zumindest teilweise an Manuel H***** zu verkaufen trachtete;

II. ab Dezember 1991 bis 4.Oktober 1994 Haschisch, Marihuana und Cocain erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO nach dem Inhalt der Rechtsmittelschrift ersichtlich lediglich gegen den Schuldspruch zum Faktum I erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist im Recht.

Nach den - auf den Angaben des Michael H***** fußenden - wesentlichen Urteilsfeststellungen verkaufte der Angeklagte an H***** viermal jeweils 5 Gramm Heroin zu 1.500 S pro Gramm, also insgesamt 20 Gramm Heroin, und 5 Gramm Cocain; weiters trachtete er am 4.September 1994 zumindest einen Teil der mitgeführten Cocainmenge von 5,6 Gramm an H***** zu verkaufen.

Zutreffend verweist die Nichtigkeitsbeschwerde darauf, daß es dem Urteil an den erforderlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite mangle. Denn zur Erfüllung des Tatbestandes des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG ist zumindest bedingter Vorsatz nötig, der sich auf alle Tatbildmerkmale, also auch auf die große Menge des Suchtgifts beziehen muß, welche nach ständiger Rechtsprechung bei Heroin mit 1,5 Gramm Reinsubstanz anzunehmen ist (EvBl 1988/3, 133 ua). Erfolgt das Inverkehrsetzen des Suchtgiftes durch mehrere Tathandlungen in solchen Mengen, deren jede einzelne für sich die Grenzmenge von 1,5 Gramm Reinsubstanz nicht erreicht, so kann die große Menge (iSd § 12 Abs 1 SGG) als Ergebnis der Addition der Suchtgiftmengen aus mehreren Tathandlungen dem Täter nur angelastet werden, wenn sein (zumindest bedingter) Vorsatz von Anfang an die kontinuierliche Tatbegehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfaßte (Foregger-Serini-Kodek StGB5 E III zu § 12 SGG).

Vorliegend enthält das Ersturteil weder Feststellungen über die Qualität (den Wirkstoffgehalt) des verfahrensgegenständlichen Suchtgiftes noch über eine (zumindest bedingt) vorsätzliche Handlungsweise des Angeklagten in Richtung einer Tatbestandsverwirklichung in Teilmengen wie oben dargestellt. Zu Feststellungen über die Reinsubstanz des Suchtgiftes wäre das Schöffengericht aber nicht zuletzt schon im Hinblick auf die Angaben des Manuel H***** gehalten gewesen, wonach die Qualität des vom Angeklagten bezogenen Heroins schlecht gewesen sei (169, 171, 189).

Der unterlaufene Feststellungsmangel begründet Urteilsnichtigkeit, weswegen die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist.

Somit war gemäß § 285 e StPO der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben, das angefochtene Urteil im Schuldspruch zu Faktum I und demzufolge auch im Strafausspruch aufzuheben und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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