OGH 11Os64/18y

OGH11Os64/18y19.6.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juni 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Aref S***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. März 2018, GZ 71 Hv 15/18x‑34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00064.18Y.0619.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Aref S***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 11. Jänner 2018 in W***** Yousef Sa***** eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zuzufügen versucht, indem er mit einem Messer mit abgebrochener, ca 6 cm langer Klinge gezielt gegen den Unterbauch des Genannten stach, wodurch dieser eine Prellung im linken Unterbauch mit Bluterguss und innenliegender Blutkruste erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Das Rechtsmittel releviert mehrere Details der Zeugenaussage Sa*****, wonach „im Haus“ zwar keine „größeren“, aber „sicherlich spitzere“ Messer vorhanden gewesen seien als das vom Angeklagten zur Tatausführung verwendete, dieser „fest zugestochen“ habe und, wäre „das Messer spitz“ gewesen, „die ganze Klinge hinein gegangen“ wäre (ON 33 S 7, 8, 9).

Unter dem Aspekt der Z 5 zweiter Fall beanstandet die Mängelrüge das Unterbleiben einer Erörterung dieser Aussagedetails, welche (aus ihrer Sicht) gegen die Konstatierungen zur Absicht des Angeklagten sprächen, Sa***** eine schwere Körperverletzung zuzufügen (US 3 iVm US 5). Sie versäumt es (bereits), die Gesamtheit der diesbezüglichen Beweiswerterwägungen des Schöffengerichts in den Blick zu nehmen, das die bekämpfte Feststellung nicht nur aus dem „äußeren Geschehensablauf“, sondern auch aus dem (expliziten) Geständnis des Angeklagten in der polizeilichen Vernehmung ableitete, er habe das Opfer durch den Messerstich „schwer verletzen“ wollen (US 4). Damit bringt sie den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS‑Justiz RS0119370).

Die (konträr zu diesen Erstangaben gewählte) Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, er habe Sa***** „nicht verletzen“ wollen, sondern „absichtlich das abgebrochene Messer genommen, dass es nicht so tief hinein geht“, wurde vom Erstgericht übrigens ohnehin – ausdrücklich – als unglaubhaft verworfen (US 4 f).

Weshalb ein durch diese Verantwortung und die eingangs erwähnten Aussageinhalte indiziertes Sachverhaltssubstrat (nicht bloß relative, sondern) absolute Untauglichkeit des Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB) zur Konsequenz haben sollte, wird nicht erklärt. Das einen diesbezüglichen Feststellungsmangel behauptende Vorbringen zur Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a und 9 lit b, inhaltlich – mit Blick auf die nach dem Urteilssachverhalt tatsächlich eingetretenen Verletzungsfolgen – Z 10) verfehlt schon deshalb die Anfechtungskriterien (RIS‑Justiz RS0116565; vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 601).

Dass bei der konstatierten Stichführung mit einem – wenngleich an der Spitze abgebrochenen – Messer von ca 6 cm Klingenlänge (US 3) eine dem Tatbestand des § 87 Abs 1 StGB entsprechende Sachverhaltsverwirklichung bei generalisierender Betrachtung, also losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls, geradezu denkunmöglich gewesen sein sollte, sohin unter keinen Umständen hätte erwartet werden können ( Hager/Massauer in WK 2 StGB §§ 15, 16 Rz 70; RIS‑Justiz RS0102826, RS0115363), trifft im Übrigen nicht zu (vgl auch die tatrichterlichen Erwägungen auf US 5).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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