OGH 11Os60/82

OGH11Os60/8226.5.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollak als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A und andere wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Johann A und Manfred B gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 23. Februar 1982, GZ 5 a Vr 1.120/81-33, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Drögsler und Dr. Dürmayer sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Strasser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Die Berufung des Angeklagten Manfred B wird zurückgewiesen. Der Berufung des Angeklagten Johann A wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden ua die jugendlichen Angeklagten Johann A, geboren am 2. Jänner 1966, und Manfred B, geboren am 25. Februar 1967, des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 15 StGB schuldig erkannt, weil sie am 30. März 1981 in Wien in Gesellschaft auch des mitverurteilten Jugendlichen Andreas C, in Ansehung dessen das Urteil in Rechtskraft erwuchs, mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung von zwei Straßenbaustellen der Firma 'X' zwei Warnblinkleuchten im Gesamtwert von ca 900 S wegnahmen und zwei weitere derartige Warnblinkleuchten wegzunehmen versuchten (Punkte A I, B I des Schuldspruches). Hiefür wurden sie nach dem § 127 Abs. 2 StGB und dem § 11 JGG zu Freiheitsstrafen von je zwei Wochen verurteilt, die gemäß dem § 43 Abs. 1

StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Rechtliche Beurteilung

Nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist zunächst die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Manfred B, soweit er unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO eine seiner Auffassung nach mangelnde Erörterung der Milderungsgründe der Z 7, 9 und 18 des § 34 StGB (Tatbegehung nur aus Unbesonnenheit;

Tatbegehung mehr durch Verleitung infolge besonders verlockender Gelegenheit als mit vorgefaßter Absicht; Tatbegehung vor längerer Zeit und mittlerweiliges Wohlverhalten) rügt.

Diese im Gesetz beispielsweise angeführten, besonderen Milderungsumstände stellen ja keine entscheidenden Tatsachen (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) dar, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen auf die Schuldfrage, die rechtliche Unterstellung der Tat oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Einfluß sind und solcherart mit Nichtigkeitsbeschwerde releviert werden dürfen (vgl Mayerhofer-Rieder, E Nr 24, 26 zu Z 5, Nr 1 bis 3 zu Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO uva).

Mit seinem gesamten übrigen Beschwerde- und Berufungsvorbringen macht der Angeklagte Manfred B gleich wie der Angeklagte Johann A in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO das Vorliegen der Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit im Sinn des § 42 Abs. 1 StGB geltend, jedoch nicht zu Recht.

Unter den Bedingungen dieser Gesetzesstelle, die kumulativ gegeben sein müssen, fehlt es schon am Merkmal einer geringen Schuld (Z 1 leg cit) der beiden Beschwerdeführer.

Gering kann die Schuld nur dann sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt zurückbleibt, es sich also hinsichtlich der Sozialschädlichkeit und des Störwertes für die Umwelt um einen deutlich unter der Norm liegenden Fall handelt (Leukauf-Steininger2, RN 9 zu § 42 StGB uva). Dies kann hier angesichts des Umstandes, daß die Taten nach dem Vorbringen beider Beschwerdeführer (S 19, 25) keineswegs einem spontanen Entschluß entsprangen, sondern vorgeplant waren und die (wenn auch teils nur versuchten) Diebstähle an Sachen begangen wurden, die nicht nur einen Gesamtwert von rund 1.800 S repräsentieren, sondern vor allem zur Absicherung von Straßenbaustellen in der Dunkelheit dienten, weswegen durch die Tat - den Angeklagten bewußt - auch eine Gefahrensituation wesentlich verschäft wurde, keinesfalls gesagt werden.

Das Erstgericht hat daher mit Recht die Anwendbarkeit des § 42 Abs. 1 StGB verneint.

Mithin waren die Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen. Die Berufung des Angeklagten B war zurückzuweisen, weil weder bei ihrer Anmeldung noch bei ihrer - inhaltlich bloß ein ergänzendes Vorbringen zur Nichtigkeitsbeschwerde darstellenden - Ausführung ein (mit diesem Rechtsmittel bekämpfbarer) Punkt des Erkenntnisses bezeichnet wurde, durch den sich Manfred B für beschwert erachtet (§ 294 Abs. 2 StPO).

Bei der Ausmessung der über den Angeklagten Johann A verhängten Strafe wertete das Erstgericht als erschwerend die Wiederholung des diebischen Angriffes, als mildernd das Geständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel, die ungünstigen häuslichen Erziehungsverhältnisse, die teilweise objektive Schadensgutmachung und den Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb. Mit seiner Berufung strebt dieser Angeklagte eine Anwendung der § 12 Abs. 2 oder 13 Abs. 1 JGG, allenfalls die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine (gleichfalls bedingt nachzusehende) Geldstrafe oder eine Strafermäßigung an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen

richtig und auch vollständig angeführt.

Einer Stattgebung des Berufungsbegehrens steht entgegen, daß der Berufungswerber nach der Aktenlage bereits erhebliche Erziehungsschwierigkeiten bereitete, weshalb die den Gegenstand des Schuldspruchs bildende Tat mit seinem sonstigen Verhalten nicht in auffallendem Widerspruch steht.

Schon aus spezialpräventiven Gründen erscheint daher hier die Verhängung einer (kurzfristigen) Freiheitsstrafe, die vom Jugendschöffengericht schuldangemessen festgesetzt und ohnedies bedingt nachgesehen wurde, erforderlich, um den erwünschten Resozialisierungseffekt zu erzielen.

Der unbegründeten Berufung des Angeklagten A konnte sohin kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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