OGH 11Os60/03

OGH11Os60/0327.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ing. Gerhard H*****, wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 169 Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 6. November 2002, GZ 16 Hv 60/02m-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Schuldspruch 1 sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil seines Rechtsmittels verursachten Kosten des Verfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ing. Gerhard H***** der Verbrechen der versuchten Brandstiftung als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 169 Abs 2 StGB (1) und des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er

1. zwischen Anfang Mai und 3. Juni 2001 einen bislang unbekannten Täter dazu bestimmt, am 5. Juni 2001 in Ybbs an der Donau an dem in seinem Alleineigentum stehenden Einfamilienhaus durch Brandlegung eine Feuersbrunst zu verursachen und dadurch eine Gefahr für das Eigentum Dritter in großem Ausmaß herbeizuführen, indem er 11 Kunststoffkanister kaufte, diese mit mindestens 30 Liter Benzin füllte, sie und Papierabfälle in seinem Haus verteilte, dem unbekannten Täter einen Hausschlüssel übergab und ihn zur Feuerlegung aufforderte.

2. zwischen 18. und 28. Juni 2001 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Angestellte der U***** AG durch die Vorspiegelung, der Brand an seinem Einfamilienhaus am 5. Juni 2001 sei ohne sein Verschulden entstanden und der Brandstifter sei ihm unbekannt, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung der dem eingetretenen Brandschaden entsprechenden Versicherungssumme zu verleiten versucht, wodurch die Versicherungsanstalt mit mindestens 200.000 EUR geschädigt werden sollte.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welche zwar ausdrücklich nur die Aufhebung des Schuldspruches 1 begehrt, inhaltlich aber auch das Urteilsfaktum 2 bekämpft. Ihr kommt teilweise Berechtigung zu.

Wie die Mängel- (Z 5) zutreffend aufzeigt, hat das Erstgericht zwar festgestellt, der Angeklagte habe aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und der Intensität des zu erwartenden Brandes zumindest in Kauf genommen und sich damit abgefunden, dass durch das immense Brandgeschehen eine Feuersbrunst und dadurch konkrete Gefahr für die Häuser und Gärten der Umgebung, sohin für fremdes Eigentum im großen Ausmaß herbeigeführt werde (US 6) und zur Begründung dieser Konstatierung auf die Aussage des Feuerwehrkommandanten Wolfgang A***** verwiesen. Es hat jedoch keine konkreten Gründe angeführt, warum trotz der (auch) vom Zeugen geschilderten Einzellage des Gebäudes (an zwei Seiten an die Straße angrenzend, an den beiden anderen Seiten von Gärten umgeben) eine konkrete Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß bestanden haben könnte. Zudem hat der Zeuge zur Begründung seiner Ansicht über die Gefährdung auf meist bei Häusern gelagertes brennbares Material verwiesen (S 226/II). Eine konkrete Feststellung hiezu fehlt aber ebenso, wie zu den Witterungs- und Windverhältnissen im Brandzeitpunkt sowie über die konkrete Höhe eines zu befürchtenden Schadensausmaßes. Hiezu wurde lediglich in der rechtlichen Beurteilung ohne Begründung angeführt, für das Eigentum Dritter sei eine Gefahr im Ausmaß von "sicherlich mehreren Millionen ATS" entstanden (US 13). Darüber hinaus haben sich die Tatrichter - wie das Rechtsmittel zutreffend aufzeigt - mit den vom Angeklagten angegebenen baulichen und örtlichen Verhältnissen (vgl ua S 225 f/II) ebensowenig auseinandergesetzt, wie mit der sich aus den in der Hauptverhandlung verlesenen Erhebungsberichten ergebenden Lage des Brandobjektes (S 258/II iVm ON 18).

Damit sind aber die Feststellungen über die vom Vorsatz des Täters umfasste Herbeiführung einer Gefahr für fremdes Eigentum im großen Ausmaß nicht ausreichend begründet, weil nicht erkennbar ist, ob tatsächlich durch die Tathandlung eine solche Gefahr als nahe wahrscheinlich zu erwarten oder zu befürchten war (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 169 RN 12).

Das angefochtene Urteil ist daher mit Nichtigkeit behaftet und lässt sich zur Beseitigung der Mängel eine neue Hauptverhandlung nicht vermeiden. Daher war das Urteil in dem allein angefochtenen Schuldspruch 1 in einer nichtöffentlichen Sitzung sofort aufzuheben. Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht - allenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen - ausführliche Feststellungen zur Lage des Brandobjektes, der umliegenden Gärten und Baulichkeiten, der Wetter- und Windverhältnisse sowie der zu erwartenden Höhe des Schadens an fremdem Eigentum zu treffen und sodann anhand dieser objektiven Gegebenheiten neu zu beurteilen und festzustellen haben, ob durch den Angeklagten vorsätzlich eine Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß herbeigeführt werden sollte.

Im Übrigen ist die Beschwerde nicht berechtigt.

Die undifferenziert auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Rüge vermag zum Verbrechen des versuchten schweren Betruges weder eine entscheidende Tatsache betreffenden formellen Begründungsmangel aufzuzeigen noch auf Umstände aus den Akten hinzuweisen, welche erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen ergeben könnten. Dass die Schulden des Angeklagten ein Motiv für die Tat waren, betrifft keine für die Schuldfrage relevante Tatsache. Deren nicht unbeträchtliche Höhe wurden sowohl vom Zeugen K***** als auch vom Beschwerdeführer selbst bestätigt.

Der Erwerb von mehreren Plastikkanistern durch den Rechtsmittelwerber findet in der Aussage des Zeugen L***** in der Hauptverhandlung ihre Deckung (vgl insb S 242). Nur auf diese Aussage haben sich die Tatrichter gestützt (US 8). Im Übrigen wurde auch die Anzeige (ON 18) in der Hauptverhandlung verlesen (S 258).

Die genaue Anzahl der vorgefundenen mit Benzin gefüllten Kanister betrifft neuerlich keine entscheidungswesentliche Tatsache. Da die in der Beschwerde zitierten Berichte lediglich auf einer vorläufigen Besichtigung des Tatortes beruhen und die genauen Tatorterhebungen durch die Gendarmerie erst in die Vollanzeige Eingang fanden, kann mit diesen auch kein erheblicher Zweifel gegen die Beweiswürdigung erzeugt werden.

Da die Tatrichter die Verantwortung des Angeklagten zur Gänze abgelehnt haben (US 8), bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit seinen Angaben bezüglich der Übergabe des Koffers mit Uhren an Mag. G*****. Die Aussage der Zeugin Gu***** hat das Schöffengericht ausführlich gewürdigt (US 10 f). Gegen die aus dieser gezogenen Schlussfolgerung vermag der Beschwerdeführer keine erheblichen Bedenken zu erzeugen.

Im Übrigen versucht die Beschwerde lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, was jedoch im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässig ist.

In diesem Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet in einer nichtöffentlichen Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.

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