OGH 11Os44/11x

OGH11Os44/11x19.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Varga als Schriftführer, in der Strafsache gegen Madhi T***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Dezember 2010, GZ 041 Hv 125/08p-74, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Madhi T***** (richtig:) eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 10.949,9 Gramm Heroin (mit einer Reinsubstanz von 87 +/- 12 Gramm Heroinbase, 160 +/- 12 Gramm Monoacetylmorphinbase sowie 21 +/- 2,2 Gramm Morphinbase) und 4.309,2 Gramm Kokain (mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 20 % Cocain) von den Niederlanden aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt und in Österreich einem anderen überlassen, indem er das in einem Autoreifen verborgene Suchtgift am 7. April 2007 mit einem PKW von Amsterdam über Deutschland nach Wien transportierte und hier an Peter O***** übergab.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten ausschließlich aus der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit dem Vorbringen, der Zeuge Peter O***** habe den Angeklagten nur am 5. Dezember 2007 auf einem Lichtbild, nicht aber am 5. Oktober 2010 in der Hauptverhandlung wiedererkannt, werden keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen geweckt. Im Übrigen legten die Tatrichter in diesem Zusammenhang überdies den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend dar, weshalb sie auch mit Blick auf das Ergebnis einer Rufdatenrückerfassung dennoch zur Annahme der Täterschaft des Angeklagten gelangten (US 5 bis 9).

Im Übrigen beschränkt sich das Rechtsmittel darauf, einzelne Schlüsse des Erstgerichts nach Art einer hier nicht zulässigen Schuldberufung zu kritisieren, wobei es letztlich zum Schluss kommt, nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ hätte ein Freispruch ergehen müssen (vgl zur Unbeachtlichkeit dieser Argumentation im Rahmen einer Tatsachenrüge RIS-Justiz RS0102162).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Rechtlich sei klargestellt, dass sich zu einer Subsumtionseinheit nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG nur gleichartige Verbrechen zusammenfassen lassen, also solche desselben Tatbildes, nicht aber solche verschiedener Tatbilder, wie etwa Aus- und Einfuhr einerseits und Überlassung andererseits. Die vom Erstgericht vorgenommene irrige Zusammenfassung sämtlicher strafbarer Handlungen zu einem „Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter, dritter und fünfter Fall sowie Abs 4 Z 3 SMG“ bringt daher Schuldsprüche wegen des Verbrechens nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG zum Ausdruck (vgl RIS-Justiz RS0118871; RS0117464).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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