OGH 11Os40/02

OGH11Os40/029.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. April 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lokay als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dragisa J***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. September 2001, GZ 2d Vr 6277/00-62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dragisa J***** des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 1. August 2000 in Wien außer den Fällen des § 201 Abs 1 StGB versucht, Agata C***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes zu nötigen, indem er sie an den Händen erfasste, sich auf sie setzte, ihr die Beine auseinanderdrückte und versuchte, sein erigiertes Glied in ihre Scheide einzuführen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

In der Verfahrensrüge (Z 4) moniert der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandung vom 27. September 2000 gestellten Beweisantrages.

In dieser Verhandlung sollte die von der Tat betroffene Agata C***** als Zeugin vernommen werden. Nachdem sie nicht erschienen war, wurden einverständlich zunächst das Videoband über ihre kontradiktorische Vernehmung vorgeführt und dann das über diese Vernehmung angefertigte Protokoll (ON 18) und ihre Aussagen vor der Polizei (S 53ff) verlesen (S 281).

Danach stellte der Verteidiger den Antrag auf persönliche Vernehmung der Zeugin Agata C***** vor dem erkennenden Gericht unter Gegenüberstellung mit der Zeugin Monika H***** und dem Zeugen Zoran M***** zum Beweis dafür, “dass die Aussagen H***** und C***** unrichtig sind, insbesondere aber zur Aufklärung des Widerspruches der Aussage Monika H***** (AS 118), wonach sie den Stammgast Zoran unter der auf AS 118 aufgenommenen Handynummer angerufen und von ihm den Namen des Angeklagten mitgeteilt erhalten hatte; diese Aussage ist nach der heutigen Zeugeneinvernahme des Zoran M***** vollkommen haltlos."

Ein ordnungsgemäßer Antrag auf Vernehmung eines Zeugen muss auch klar darlegen, über welche Tatumstände der Zeuge vernommen werden soll. Darüber hinaus muss er noch angeben, aus welchen Gründen erwartet werden kann, dass die Durchführung des beantragten Beweises auch tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 16 und 19).

Das Beweisthema, “dass die Aussagen H***** und C***** unrichtig sind", ist derart unbestimmt, dass es einer konkreten Überprüfung nicht zugänglich ist. Der Umstand schließlich, von wem und auf welche Weise Monika H*****, die keine Tatzeugin war, den Namen des Angeklagten erfahren hat, betrifft keinen für die Entscheidung wesentlichen Umstand.

Entgegen der Beschwerde wurden daher durch die Abweisung des Beweisantrages Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt, zumal sowohl er persönlich als auch seine damalige Verteidigerin Gelegenheit hatten, das Tatopfer und die einzige Tatzeugin Agata C***** anlässlich ihrer kontradiktorischen Vernehmung zu befragen (ON 18).

Die Mängelrüge (Z 5), welche einen Widerspruch zwischen Urteilsspruch und -gründen geltend macht, ist durch die Urteilsberichtigung vom 15. Jänner 2002 (ON 72) obsolet geworden.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) hingegen ist unbegründet.

Der Beschwerdeführer übersieht zunächst, dass der unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihte Anfechtungstatbestand in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichkommt. Zu seiner erfolgreichen Geltendmachung wäre es erforderlich, schwerwiegende unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5a E 1 und 2). In seinem Rechtsmittel versucht der Nichtigkeitswerber auf Grund des Fehlens von objektiven Tatspuren und unter Hinweis auf (lediglich Nebenumstände betreffende) Abweichungen in den Aussagen der Zeugin Agata C***** vor der Polizei und der Untersuchungsrichterin ihre Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Er unternimmt damit aber nur den unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, und übergeht dabei, dass die Zeugin vor der Polizei ohne geeigneten Dolmetscher vernommen wurde und sie zum unmittelbaren Tatgeschehen gleichlautende Angaben machte. Im Übrigen behauptet der Beschwerdeführer nur substanzlos, die abgelehnte Verantwortung des Angeklagten sei lebensnah und an der allgemeinen menschlichen Erfahrung orientiert. Auch damit zeigt er keine schwerwiegenden Umstände aus den Akten auf, die erhebliche Bedenken gegen die Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen erzeugen könnten; dieses Vorbringen richtet sich vielmehr neuerlich unzulässig gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.

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