OGH 11Os39/06d

OGH11Os39/06d20.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Juni 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gebhart als Schriftführer, in der Strafsache gegen Stefan W***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Katharina P***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgerichtes Innsbruck vom 15. Februar 2006, GZ 35 Hv 7/06h-89, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, welches auch unangefochten gebliebene Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthält, wurde Katharina P***** des als Beitragstäterin nach § 12 dritter Fall StGB begangenen Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I 3) und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat sie in Innsbruck

(I 3) am 1. Oktober 2005 zur Tat des Stefan W*****, der an diesem Tag einer Angestellten der BP-Tankstelle N***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe 625 EUR Bargeld abnötigte (I 1), beigetragen, indem sie ein Fluchtauto organisierte und damit Stefan W***** und den Mitangeklagten Heinz M***** nach der Tat abholte, und (II) am 17. Juli 2005 Andreas B***** dadurch, dass sie mit einem zunächst intakten und dann zerbrochenen Bierkrug mehrmals auf ihn einschlug, vorsätzlich am Körper verletzt, wobei sie die Tat mit einem solchen Mittel und auf solche Weise begangen hat, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist.

Katharina P***** wurde hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung der §§ 28 und 36 StGB sowie gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. Oktober 2005, 27 Hv 132/05 f, zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von drei Jahren, drei Monaten und fünfzehn Tagen verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen den Strafausspruch richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten P*****, welcher indes keine Berechtigung zukommt.

Das Geschworenengericht wertete bei der Strafbemessung eine einschlägige Vorstrafe, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit fünf Vergehen, die Begehung des schweren Raubes mit zwei Mittätern, den überaus raschen Rückfall und die Begehung einer Straftat während eines behängenden Strafverfahrens als erschwerend, als mildernd hingegen das Geständnis, das Alter unter 21 Jahren, die vernachlässigte Erziehung, die Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Raubbeute, die untergeordnete Beteiligung beim Verbrechen des Raubes und dessen Begehung unter der Einwirkung eines Dritten sowie den Umstand, dass die Taten teilweise nur versucht wurden und erachtete unter Bedachtnahme auf die im Vor-Urteil verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Tagen eine zusätzliche Freiheitsstrafe im obangeführten Ausmaß angemessen. Als nichtig nach § 345 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StPO rügt die Beschwerdeführerin das als erschwerend bewertete Zusammentreffen eines Verbrechens mit fünf Vergehen. Richtigerweise könne ihr nur das Zusammentreffen der urteilsaktuellen strafbaren Handlungen, nämlich eines Verbrechens mit einem Vergehen vorgeworfen werden, weil die den Gegenstand der Vor-Verurteilung bildenden mehreren Vergehen bereits in diesem Urteil als erschwerend berücksichtigt worden seien. Dieser Einwand übersieht jedoch, dass bei Vorliegen der - hier gegebenen - Voraussetzungen einer Anwendung der §§ 31, 40 StGB gemäß § 40 StGB die bei gemeinsamer Aburteilung zu verhängende Strafe zu bestimmen und hievon - nach Maßgabe der Beschränkungen des § 31 StGB - die mit dem Vor-Urteil bemessene Strafe abzuziehen ist. Dieser gesetzlich determinierten Vorgangsweise hat das Geschworenengericht ersichtlich Rechnung getragen, indem es alle bei gemeinsamer Aburteilung zu berücksichtigenden Strafbemessungserwägungen, damit auch die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin im Vor-Urteil (GZ 27 Hv 132/05f-11 des Landesgerichtes Innsbruck) wegen vier Vergehen schuldig erkannt wurde, angeführt hat. Auch ohne die solcherart ermittelte hypothetische Strafe ausdrücklich zu benennen, ergibt sich doch unzweifelhaft, dass eine hypothetische Gesamtstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für gerechtfertigt angesehen wurde, wovon nach Abzug der Sanktion des Vor-Urteils (150 Tagessätze, für den Uneinbringlichkeitsfall 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) die sich daraus ergebende Strafe mit drei Jahren, drei Monaten und fünfzehn Tagen als Zusatzstrafe festgesetzt wurde. Die Heranziehung der dem Schuldspruch des Vor-Urteils zugrunde liegenden strafbaren Handlungen bei der Straffindung erfolgte somit zu Recht, weshalb von einer unrichtigen Beurteilung für die Strafbemessung maßgebender entscheidender Tatsachen nicht die Rede sein kann.

Die in der Beschwerde weiters kritisierte aggravierende Gewichtung der Begehung der Raubtat mit zwei Mittätern ist, weil hier der Sachverhaltsbezug nicht in Frage gestellt wird, einer Anfechtung aus § 345 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StPO von vornherein entzogen und kann nur als Berufungsgrund thematisiert werden. Auf den Erschwerungsgrund des § 33 Z 4 StGB hat sich das Geschworenengericht, der Beschwerdeansicht zuwider, nicht berufen, weshalb das hiezu erstattete Vorbringen keiner Erörterung bedarf. Die gerügte Unterlassung der Bedachtnahme auf einen weiteren Milderungsgrund, in concreto der angeblich verminderten Zurechnungsfähigkeit der Angeklagten, der weder die Unterstellung der Tat unter das Gesetz noch die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes beeinflusst, kann mit diesem Nichtigkeitsgrund ebenfalls nicht geltend gemacht werden. Mit dem Einwand schließlich, dass die Strafe der Beschwerdeführerin im Verhältnis zu den über die Mitangeklagten verhängten Strafen „unverhältnismäßig, geradezu drakonisch" sei, werden keine den Anwendungsfällen des § 345 Abs 1 Z 13 StPO subsumierbaren Fehler behauptet, sondern gleichfalls nur Berufungsgründe vorgebracht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 2, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO). Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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