OGH 11Os35/16f

OGH11Os35/16f14.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Nordmeyer, Mag. Michel und Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Jülg, BSc, als Schriftführer in der Strafsache gegen Stefan P***** wegen Verbrechen nach § 3g VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Geschworenengericht vom 9. Dezember 2015, GZ 37 Hv 46/14p‑77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110OS00035.16F.0614.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen (richtig auf § 336 StPO zu stützenden) Freispruch des Angeklagten von gleichartigen Vorwürfen enthält, wurde Stefan P***** der Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt.

Danach hat er im Juli 2009 „in F***** und/oder V*****“ anlässlich eines Katastropheneinsatzes des Österreichischen Bundesheers gegenüber im Urteilsspruch jeweils namentlich genannten Personen zum einen durch den Ausspruch „Heil Hitler, schönes Wochenende Kameraden“, wobei er den „deutschen Gruß“ zeigte, zum anderen durch den Ausspruch „Heil Hitler, Kameraden!“, wobei er wiederum den „deutschen Gruß“ entbot, sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt.

Die Geschworenen haben die anklagekonform zu II./ an sie gestellte Hauptfrage bejaht.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert – ohne ihre argumentative Basis im Akt zu definieren (RIS‑Justiz RS0124172) – die Verlesung von Zeugenaussagen ohne Einverständnis des Beschwerdeführers. Ein unter diesem Nichtigkeitsaspekt relevantes Unmittelbarkeitssurrogat liegt schon deshalb nicht vor, weil die in Rede stehenden Zeugen in der Hauptverhandlung vor dem erkennenden Gericht vernommen wurden und sich dabei (bloß) auf ihre bisherigen Angaben bezogen (RIS‑Justiz RS0110150). Daran ändert auch die von der Verteidigung abgegebene Erklärung nichts, sich „gegen eine Verlesung der Aussagen sämtlicher heute vernommener Zeugen auszusprechen“ (ON 76 S 62).

Weshalb es rechtlich von Bedeutung sei (§ 312 Abs 1 zweiter Satz StPO), ob der Angeklagte die ihm anlässlich zweier Vorfälle im Juli 2009 im Rahmen eines Katastropheneinsatzes des Österreichischen Bundesheers angelasteten Aussagen und Gesten an beiden oder nur an einem der genannten Orte getätigt hat, lässt die Fragenrüge (Z 6) offen.

Sie legt insofern weder einen Verstoß gegen § 315 Abs 2 StPO (vgl die Erklärung des Angeklagten ON 76 S 64 f) noch deutlich und bestimmt dar (§§ 344, 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO), weshalb die Fragestellung (Frage II./) durch die Wendung „insbesondere“ in sich „unschlüssig“ sei.

Soweit die Tatsachenrüge (Z 10a) die in der Hauptverhandlung abgelegten Aussagen der Zeugen Robert S*****, Bernhard Pö*****, Boris K*****, Paul St*****, Sasa Se***** und Janis M***** zusammenfassend referiert und die Einschätzung vertritt, es könne „nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass zwei gesonderte Vorfälle stattgefunden haben“, zumal drei dieser Zeugen „den Hitlergruß nur einmal gehört haben“, erweckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen.

Weshalb es unter dem Aspekt einer ausreichenden Feststellungsbasis im Wahrspruch von Bedeutung sein sollte, „wann genau“ (im Jahre 2009) und „wo genau“ (in F***** oder V***** oder an beiden Orten) die Ausrufe „Heil Hitler“ und die Demonstration des Hitlergrußes (zu deren Tatbildlichkeit Lässig in WK² StGB § 3g VG Rz 6; RIS‑Justiz RS0079968, RS0098557) getätigt wurden, legt die Rechtsrüge (Z 11 lit a) gleichermaßen nicht dar (vgl RIS‑Justiz RS0098710).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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