OGH 11Os33/13g

OGH11Os33/13g19.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Pausa als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mohamed F***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 5. Dezember 2012, GZ 11 Hv 98/12s-88, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von weiteren einschlägigen Vorwürfen enthält, wurde Mohamed F***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (2) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - in Graz und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift

1. in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er von April bis Oktober 2011 in wiederholten Angriffen insgesamt mindestens 24.500 Gramm THC-hältiges Marihuana (980 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz) an die abgesondert Verfolgten Jamba S***** (1.500 Gramm), Friday O***** (7.000 Gramm), Alhagi J***** (12.000 Gramm), Ibrahim C***** (2.500 Gramm) und Mohamed Ja***** (500 Gramm) mit Gewinnaufschlag weiterverkaufte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 5a StPO.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 3) gingen die Tatrichter - und vom Angeklagten und seinem Verteidiger anlässlich des prozessualen Vorgangs unbestritten - gerade nicht von einer Unfähigkeit im Sinne von § 155 Abs 1 Z 4 StPO des in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen Alhagi J***** (ON 76 S 14 ff) aus, sondern bloß von dessen krankheitsbedingter Erinnerungstrübung (US 8, 12). Da aber über die Sachverhaltsgrundlage für das in Rede stehende Beweiserhebungsverbot das für die Vernehmung zuständige Organ in freier Beweiswürdigung entscheidet und dies nur nach den Kriterien der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO überprüft werden kann, versagen die inhaltlich mit eigenständigen Beweiswertüberlegungen nach Art einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld argumentierenden Spekulationen des Beschwerdeführers über die Zeugnisfähigkeit des Genannten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 40 ff; RIS-Justiz RS0118977).

Die Verlesung (ON 87 S 6) der Angaben dieses Zeugen als Beschuldigter vor der Polizei wiederum konnte nichtigkeitsfrei auf § 252 Abs 1 Z 2 und Z 4 StPO gestützt werden.

Die behauptete Aktenwidrigkeit (nominell Z 4, der Sache nach Z 5 fünfter Fall) im Zusammenhang mit der Beurteilung der Angaben des Zeugen J***** liegt nicht vor, weil das Erstgericht (US 11 f) nicht eine Aussagenpassage zitierte, die im Widerspruch zur Fundstelle in den Akten steht (Fabrizy, StPO11 § 281 Rz 47, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467 je mwN), sondern nach beweiswürdigenden Überlegungen (siehe auch US 6, 8 f) zum Ergebnis kam, dass der Zeuge vor Gericht letztlich in inhaltlicher Übereinstimmung mit seiner Einlassung als Beschuldigter vor der Polizei aussagte.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) verkennt, dass dieser formelle Nichtigkeitsgrund nicht die Möglichkeit eröffnet, ohne direkten Bezug zu aktenkundigem Beweismaterial bloß aus Erwägungen der Tatrichter Bedenken gegen Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen abzuleiten (RIS-Justiz RS0119424). Einmal mehr bewegt sich der Beschwerdeführer („Beweiswürdigung ... nicht nachvollziehbar“, „Beweiswürdigung ... fern jeder Erfahrungssätze“) lediglich auf der Ebene einer (im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich aber nicht normierten) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Dem Schuldspruch 2.) haftet allerdings der Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO an, weil § 27 Abs 1 SMG bei Erwerb und Besitz ein- und desselben Suchtgiftquantums lediglich eine strafbare Handlung begründet (RIS-Justiz RS0114037 [T3]). Demnach ist dem Angeklagten zu 2.) nur ein Vergehen nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG anzulasten. Wiewohl der Subsumtionsfehler per se keinen Nachteil iSd § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO darstellt (vgl Ratz, WK-StPO § 290 Rz 23), muss der dem Angeklagten im Rahmen der Strafbemessung tatsächlich erwachsene Nachteil (vgl US 14 - mehrere Vergehen als Erschwerungsgrund) im Berufungsverfahren aufgegriffen werden. An die aufgezeigte fehlerhafte Subsumtion ist das Berufungsgericht nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870 [T10]).

Da nur eine Ausfertigung der Beschwerdegründe zulässig ist, war auf die eigene, als Beschwerde bezeichnete Eingabe des Angeklagten (ON 93) keine Rücksicht zu nehmen (RIS-Justiz RS0100152).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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