OGH 11Os3/04

OGH11Os3/049.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günther L***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 13. November 2003, GZ 410 Hv 2/03f-25, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Solé, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Dr. Andrea Fruhstorfer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther L***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er am 27. August 2003 in Wien dem Tankstellenpächter Johannes G***** dadurch, dass er einen Kreuz-Schraubenschlüssel gegen den Tankwart Sebastian P***** gerichtet und ihn aufgefordert hatte, die Kassa zu öffnen und Geld herauszugeben, sowie hierauf aus der von Sebastian P***** geöffneten Geldlade 500 EUR Bargeld entnommen, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen hatte, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft die Unterstellung der diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Tat unter den Tatbestand des zweiten Falles des § 143 StGB mit einer auf die Z 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Wie die Subsumtionsrüge inhaltlich zutreffend festhält, umfasst der Waffenbegriff des § 143 StGB nach ständiger Judikatur (SSt 53/22, SSt 57/39, SSt 60/7, zuletzt ÖJZ-LSK 2003/44) nicht nur Waffen im technischen Sinn, sondern - nach funktionalen Kriterien erweitert - auch alle Gegenstände, die sonst nach der konkreten Art ihres Einsatzes zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder zur Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben geeignet erscheinen. Dass der hier eingesetzte Kreuz-Schraubenschlüssel, also ein - notorisch - (in Längs- wie in Querrichtung) rund 40 bis 50 cm langes (s auch S 211), zum Öffnen und Festziehen von Kfz-Radmuttern bestimmtes Metallwerkzeug, diesen Kriterien entspricht, erhellt aus der diesbezüglichen Rechtsprechung, die - gemessen an der Eignung zur Gewaltausübung - auch wesentlich ungefährlichere Gegenstände, wie einen etwa 50 cm langen Holzstock (SSt 56/73), einen 26 cm langen und 3 cm dicken Holzknüppel (9 Os 118/84) oder einen zusammenlegbaren Regenschirm (13 Os 158/82) dem Waffenbegriff des § 143 StGB zuordnet. Mit der - im Übrigen von der Aktenlage nicht gedeckten (s S 211, 227) - Behauptung, der Schraubenschlüssel sei (nur) ca 0,5 kg schwer gewesen, lässt die Beschwerde den notwendigen Vergleich mit dem allein maßgeblichen (SSt 57/20; 13 Os 123/00) Inhalt des Wahrspruchs vermissen.

Der Einwand, der Kreuz-Schraubenschlüssel habe weder Kanten noch Spitzen aufgewiesen, geht schon im Ansatz fehl, weil dies nicht einmal notwendige Merkmale von Waffen im technischen Sinn (§ 1 WaffG) sind. Korrespondierendes gilt für die Eignung des betreffenden Gegenstandes, damit einen anderen lebensgefährlich verletzen zu können, was im Übrigen mit der hier eingesetzten Waffe (bei entsprechend heftiger, gezielter Schlagführung) durchaus möglich wäre.

Soweit die Rüge das Fehlen einer Begründung für die Annahme der Deliktsqualifikation bemängelt, verkennt sie das Wesen des Geschworenenverfahrens, für welches die Prozessordnung keine Begründungspflicht iSd § 270 Abs 2 Z 5 StPO vorsieht. Die insgesamt unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB (fünf bis fünfzehn Jahre) eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren und wertete bei der Strafbemessung - zutreffend - die einschlägigen Vorstrafen sowie den raschen Rückfall als erschwerend, das umfassende und reumütige Geständnis sowie die Enthemmung durch Alkohol als mildernd (S 249).

Selbststellung reklamierend verkennt die Berufung, dass - wie hier (s S 23) - bereits erfolgte Entdeckung die Annahme des Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 16 StGB jedenfalls ausschließt (vgl Ebner in WK2 § 34 Rz 37).

Das grundsätzlich mögliche kumulative Zusammentreffen beider Varianten des § 34 Abs 1 Z 17 StGB setzt voraus, dass der Angeklagte durch seine Aussage über das (als mildernd zu wertende) Geständnis hinaus (zB durch Preisgabe von Mittätern) wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (vgl Ebner in WK2 § 34 Rz 38), was hier nicht der Fall ist.

Auf die nach der Tat gezeigte Reue sowie die Beeinträchtigung durch Alkoholgenuss hinweisend erschöpft sich die Berufung in einer einseitigen Hervorhebung der vom Erstgericht ohnedies herangezogenen und entsprechend gewichteten Milderungsgründe.

Ausgehend davon, dass sich der Angeklagte selbst durch den - die Voraussetzungen der Strafschärfungsbestimmung des § 39 StGB erfüllenden - Vollzug teils empfindlicher Freiheitsstrafen nicht von weiteren strafbaren Handlungen abhalten ließ, sondern nur wenige Monate nach Verbüßung seiner bislang letzten Haftstrafe (ON 14) neuerlich - mit gesteigerter krimineller Energie - delinquierte, erweist sich die vom Erstgericht im untersten Drittel des gesetzlichen Strafrahmens gefundene Sanktion auch unter Berücksichtigung der begrenzten Schadenshöhe (§ 32 Abs 3 StGB) als moderat und einer Reduktion keinesfalls zugänglich. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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