OGH 11Os30/14t

OGH11Os30/14t8.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. April 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Mag. Fürnkranz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fellner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hamzat T***** wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10. Jänner 2014, GZ 5 Hv 104/13f‑57, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hamzat T***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (1) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 (erster und) zweiter Fall, Abs 2 SMG (2) schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen April und 21. August 2013 in G***** und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift

1. in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er zumindest 3.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 7 % bezogen auf den Wirkstoff Delta‑9‑THC, somit 210 Gramm Delta‑9‑THC an den abgesondert verfolgten Donaldson A***** mit Gewinnaufschlag verkaufte, wobei er die Taten in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und bereits einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt wurde,

2. erworben und besessen, indem er über die oben angeführten Mengen hinaus zumindest 50 Gramm Cannabiskraut zum Zwecke des Eigenkonsums erwarb und teilweise bis zum Eigenkonsum, teils bis zur Sicherstellung am 21. August 2013 besaß, wobei er die Tat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO.

Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) entgegen hat sich das Erstgericht bei Würdigung des wechselnden Aussageverhaltens des Zeugen A***** auch mit dessen Angaben zu einem angeblichen Lieferanten „Otto“ auseinandergesetzt (US 7).

Den spekulativen Überlegungen des Beschwerdeführers zuwider mussten die Tatrichter die Behauptung dieses Zeugen, bei seiner „dritten Aussage vor der Polizei“ (in der er den Angeklagten massiv belastete ‑ US 5 f) „nicht alles verstanden zu haben“, nicht gesondert erörtern. Dies trifft auch auf die Angaben des Angeklagten zu, er sei „nicht durchgängig“ in G*****, vielmehr „irgendwann zwei Wochen auf Urlaub und zwar am 1. August“ gewesen (ON 56 S 6), weil das Erstgericht unter Zugrundelegung einer einheitlichen Verbrechensmenge lediglich von zahlreichen Angriffen im Zeitraum April bis 21. August 2013 ausging (US 4). Selbst der hypothetische „Wegfall einer Grenzmenge“ würde im Übrigen an der Verwirklichung mehrerer Verbrechen nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (US 2) nichts ändern.

Dass zwischen „Lieferanten und Straßendealern ... ein Verhältnis der Über‑ und Unterordnung ... gerichtsnotorisch üblich“ sei (US 7), war für die Tatrichter im Rahmen der Würdigung der Aussagen des Zeugen A***** keineswegs entscheidend, sondern stellte nur eines von mehreren Argumenten dafür dar, das wechselnde Aussageverhalten dieser Person differenzierend zu bewerten, weshalb dieser ‑ ohnehin keine entscheidende Tatsache betreffende ‑ Umstand einer isolierten Anfechtung (Z 5 vierter Fall) entzogen ist (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399 ff, 409 f; RIS‑Justiz RS0116737).

Die erstgerichtlichen Überlegungen zur Verneinung der Privilegierung des § 28a Abs 3 SMG (US 9) mit der Verwendung des durch die Suchtgiftverkäufe erzielten Gewinns sind logisch und empirisch nicht zu beanstanden (zum Maßstab Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 444).

Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nur bei einem ‑ hier entgegen der Beschwerde nicht getätigten ‑ Fehlzitat eines Aussage‑ oder Urkundeninhalts vor.

Die Referenz auf den Angeklagten anstatt dem Zeugen A***** in US 5 ist ‑ wie die angegebene Fundstelle zeigt (ON 2 S 29) ‑ ein unbeachtlicher Schreibfehler (RIS‑Justiz RS0107358).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) zur Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG übergeht prozessordnungswidrig die Konstatierungen zur auf das wiederholte Inverkehrsetzen einer jeweils großen Menge des verpönten Stoffes gerichteten Absicht (US 4) und bleibt angesichts des Wortlauts („wegen einer Straftat nach Abs 1 verurteilt worden ist“) eine methodisch vertretbare Ableitung für die Behauptung schuldig, das Gesetz stelle „explizit auf eine Vorverurteilung nach § 28a Abs 1 SMG“ ab.

Das Erstgericht stützte sich diesbezüglich auf die Verurteilung durch das Landgericht Osnabrück, wonach der Angeklagte im Juli 2008 1.735,4 Gramm Kokain mit 432,1 Gramm reinem Kokainhydrochlorid von Holland nach Deutschland eingeführt hat (US 3).

Zutreffend bringt der Beschwerdeführer vor, „dass das Gesetz auf die Reinsubstanzmenge abstellt, wobei es sich dabei immer um die Base bzw das Salz handelt“, macht dadurch aber nicht klar, welchen Rechtsfehler des Erstgerichts er damit geltend machen möchte.

Aufgrund der nach den erstgerichtlichen Feststellungen im deutschen Urteil tatverfangenen Suchtgiftbruttomenge und der darin enthaltenen Reinsubstanz ist ‑ so sei der Vollständigkeit halber angemerkt ‑ die Überschreitung der Grenzmenge iSv § 28b SMG und Anhang 1 der SuchtgiftgrenzmengenV völlig außer Zweifel (11 Os 75/11f, SSt 2011/37; anders gelagert 11 Os 116/10h und 14 Os 86/12x).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), zur Erledigung der Berufung und der Beschwerde ist somit das Oberlandesgericht zuständig (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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