OGH 11Os25/19i

OGH11Os25/19i2.4.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. April 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rögner als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des Markus B***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 3. Dezember 2018, GZ 25 Hv 42/18w‑44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00025.19I.0402.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil (das auch die Abweisung des Antrags auf Unterbringung [ON 17] hinsichtlich einer idealkonkurrierenden mit Strafe bedrohten Handlung enthält – vgl aber Lendl , WK‑StPO § 259 Rz 1 f und 15), wurde Markus B***** nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er am 22. Juni 2018 in Ba***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden Schizophrenie beruht, vier im Urteil namentlich genannte Polizeibeamte durch (teils versuchte) Bisse, Schläge und Fußtritte, sohin mit Gewalt, an einer Amtshandlung, nämlich seiner amtsärztlichen Untersuchung sowie seiner Festnahme zu hindern versucht (I) und diese Polizeibeamten dadurch während und wegen der Vollziehung ihrer Aufgaben am Körper verletzt hat, wodurch sie die im Urteil näher beschriebenen Verletzungen erlitten (II), sohin Taten beging, die als Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.

 

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.

 

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung des Antrags auf Beischaffung der „Nachweise“, mit welchen der hier beigezogene Sachverständige „gegenüber dem OLG Linz seine Sachkunde nachgewiesen hat“ (ON 43 S 6 und 12), spricht damit jedoch keine für die Anordnung der Unterbringung erhebliche Tatsache an (vgl RIS-Justiz RS0116503; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 339). Unter dem Aspekt der Sache nach behaupteter fehlender Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie (Z 3 iVm § 430 Abs 4 StPO) orientiert sich das Vorbringen nicht am gegenteiligen Akteninhalt (wonach der [auch im Ermittlungsverfahren – § 429 Abs 2 Z 2 StPO] beigezogene Sachverständige unter anderem Facharzt für Psychiatrie ist – ON 43 S 9; vgl § 34 Abs 1 Ärzte-Ausbildungsordnung, BGBl 1994/152 idF BGBl II 1998/169; Murschetz, WK-StPO § 429 Rz 10).

Im Übrigen sind auf mangelnde Sachkunde eines Sachverständigen gegründete Einwendungen nach Erstattung von Befund und Gutachten (hier ON 13) nicht mehr zulässig (RIS‑Justiz RS0115712 [T10], RS0126626; Hinterhofer, WK‑StPO § 126 Rz 83; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351 und 373) und wären – vom Schöffensenat allerdings verneinte (ON 43 S 12) – fachliche Zweifel an der Expertise des Sachverständigen nach § 127 Abs 3 erster Satz StPO durch dessen Befragung, falls diese nicht zum Ziel führt, durch Beiziehung eines weiteren Sachverständigen auszuräumen gewesen. Darauf abzielende Anträge wurden nicht gestellt (ON 43 S 9 bis 11).

Das Vorbringen der Sanktionsrüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 11 zweiter Fall – vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 721), das Erstgericht habe sich über die Prognosetat „verschwiegen“, übergeht die Urteilsannahme, es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Betroffene „mit den Anlassdelikten vergleichbare Taten gegen Leib und Leben, wie gefährliche Drohungen mit Umsetzung dieser oder schwere Körperverletzungen“ begehen werde (US 5), und legt nicht dar, weshalb damit keine mit Strafe bedrohten Handlungen mit schweren Folgen (iSd § 21 Abs 1 StGB) bezeichnet werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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