OGH 11Os25/11b

OGH11Os25/11b14.4.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef T***** wegen Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 11. Jänner 2011, GZ 604 Hv 2/10t-64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Josef T***** wurde im ersten Rechtsgang zweier Verbrechen des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt (A./ und B./).

Mit Erkenntnis vom 19. Oktober 2010, AZ 11 Os 122/10s, hob der Oberste Gerichtshof den Schuldspruch zu B./ (nicht aber den diesem zugrunde liegenden Wahrspruch) auf und verwies die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte auch zu B./ neuerlich des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 22. Jänner 2010 in Wien Gerald Tr***** durch Versetzen zahlreicher Schläge mit einem ca 30 cm langen Holzscheit gegen den Kopf, wodurch er einen Schädelbasisbruch, sieben längs verlaufende Rissquetschwunden im Bereich des behaarten Kopfes von je 4 cm, eine 5 cm lange quer verlaufende Rissquetschwunde im Bereich der linken Stirnseite, zwei je 1 cm lange Rissquetschwunden über der linken Augenbraue, eine großflächige Rötung im Bereich der linken Brustkorbhälfte, handtellergroße Abschürfungen, einen Bruch des zweiten linken Mittelhandknochens, eine geringe subarachnoidale Blutung links hochparietal sowie einen Bruch der rechten Stirnbasis erlitt, vorsätzlich zu töten versucht.

Auf Grundlage des bereits in Rechtskraft erwachsenen Wahrspruchs zum Schuldspruchpunkt B./ wurden zur ursprünglichen Hauptfrage 4. (nach versuchtem Mord) eine Zusatzfrage nach Rücktritt vom Versuch gemäß § 16 Abs 1 erster Fall StGB sowie Eventualfragen in Richtung absichtlicher schwerer Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB sowie schwerer Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB gestellt. Die Geschworenen verneinten stimmen-einhellig die Zusatzfrage, die Eventualfragen blieben demgemäß unbeantwortet.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Mit der Instruktionsrüge macht der Beschwerdeführer eine unrichtige Rechtsbelehrung zum Rechtsinstitut des strafaufhebenden Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) geltend, weil diese den Geschworenen die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Rechtsansichten gelassen habe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Vorbringen der Rüge aber hat die Vorsitzende den Begriff der Freiwilligkeit nicht anhand unterschiedlicher Lehrmeinungen („einerseits an der 'Frank`schen Formel' und andererseits an der durch Burgstaller entwickelten subjektiv hinzutretenden Komponente“) diskutiert, sondern eindeutig - und im Übrigen rechtsrichtig und im Einklang mit der allein entscheidenden (15 Os 130/03) Rechtsansicht des über die Instruktionsrüge entscheidenden Senats - dargelegt und die oben angeführten Lehrmeinungen lediglich als Illustration hiezu angeführt. Indem die Instruktionsrüge diesen Inhalt der Rechtsbelehrung negiert, verfehlt sie die gebotene Orientierung an den Verfahrensgesetzen (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 65). Nichts anderes gilt für die in der Rechtsbelehrung angeführten - im Übrigen nicht widersprüchlichen - Judikaturbeispiele, die gleichfalls nicht geeignet sind, die Rechtsfindung der Geschworenen zu beeinträchtigen.

Der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 10a des § 345 Abs 1 StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583).

Mit dem Hinweis darauf, dass das Opfer Gerald Tr***** „nicht wesentlich beeinträchtigt“ war und die ihm zugefügten Verletzungen nach dem gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachten nicht lebensbedrohend waren, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, solche erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Auf die Niederschrift der Geschworenen, die eine Begründung für die Beweiswürdigung, nicht aber deren Gegenstand darstellt, kann eine Tatsachenrüge nicht gegründet werden (RIS-Justiz RS0115549), weshalb die hiezu angestellten Erwägungen des Rechtsmittelwerbers auf sich beruhen können. Im Übrigen ergibt sich aus der Niederschrift, dass sich die Geschworenen - den Beschwerdeeinwänden zuwider - sehr wohl mit dem Thema eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch auseinandergesetzt haben, dessen Nichtvorliegen aber aus dem Verhalten des Angeklagten nach der Tat erschlossen haben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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