OGH 11Os24/06y

OGH11Os24/06y25.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. April 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Galith G***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 19. Dezember 2005, GZ 27 Hv 161/05w-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen basierenden Urteil wurde „Galith G*****" (Jamal C***** - S 65/II) des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er am 23. Juli 2005 in Innsbruck Thomas B***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe, indem er dem Genannten eine 10 cm lange Klinge eines geöffneten Schweizer Messers vor die Brust hielt und Geld forderte, Bargeld in Höhe von 10 Euro, sohin eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz abgenötigt hatte, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Die Geschworenen hatten die einzig an sie gerichtete (anklagekonforme - ON 36) Hauptfrage nach schwerem Raub gemäß §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB bejaht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 345 Abs 1 Z 5, 6 und 10a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Die Verfahrensrüge (Z 5) erblickt zu Unrecht eine Einschränkung von Verteidigungsrechten (Art 6 MRK) in der Abweisung des Antrages auf ergänzende Einvernahme des Zeugen Erwin Be***** zum „Zustand des Zeugen B***** und zur Frage, ob der Zeuge B***** zum Tatzeitpunkt alkoholisiert oder allenfalls durch Drogen beeinflusst war" (S 109/II). Zur Alkoholisierung des Anzeigers hatte sich der Zeuge Be***** bereits (verneinend) geäußert (S 97/II). Das übrige in der Hauptverhandlung erstattete Antragsvorbringen, auf das allein abzustellen ist, zielte lediglich auf eine durch die bisherigen Verfahrensergebnisse (vgl S 97, 103/II, auch S 23 ff/I) in keiner Weise indizierte, rein spekulative Erkundung ab, die zu einer Beweiserhebung keinen Anlass bot (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Die Fragenrüge (Z 6) kritisiert die Unterlassung der Stellung einer Eventualfrage nach dem Vergehen des Diebstahles gemäß § 127 StGB. Sie wird jedoch dem für eine Erörterung iSd §§ 285c Abs 1, 286 ff, 344 StPO notwendigen Aufzeigen eines entsprechenden Tatsachenvorbringens in der Hauptverhandlung nicht gerecht. Durch selektives Betonen einzelner Aussageteile unter Außerachtlassen des Zusammenhanges wird die Indizwirkung für die angestrebte Eventualfrage nicht dargetan (Schindler, WK-StPO § 314 Rz 14; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 42; 12 Os 18/05x). Die über spezielle Frage getätigte Angabe des Zeugen Be*****, B***** habe deponiert, ihm sei das Geld „aus der Hand gerissen worden" (S 97/II), wurde bei zwei anderen Gelegenheiten unmissverständlich mit der Bedrohung durch ein Messer in sinngemäß untrennbare Relation gebracht (S 93, 95/II); gleiches gilt für die Aussage der Zeugin P*****, B***** habe von „geklaut" gesprochen (S 101/II).

Das - beweiswürdigende - Vorbringen, vom Angeklagten „konnte" aufgrund dessen eingeschränkter Dispositionsfähigkeit eine Drohung „nicht ausgegangen sein", lässt einen meritorisch erörterungsfähigen Bezug zu einer Frage nach Diebstahl nicht erkennen. Weder mit der Gegenüberstellung zweier Äußerungen des Thomas B***** über die Art, wie der Beschwerdeführer zu dem 10-Euro-Schein gelangt sei („vor die Füße geschmissen", „aus der Hand gerissen"), und die Anwesenheit anderer Personen bei der Rückgabe des Geldes noch mit hypothetischen Überlegungen zur Plausibilität des Verhaltens des Genannten nach Aufklappen des Messers durch den Angeklagten vermag dieser erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte