OGH 11Os177/13h

OGH11Os177/13h11.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Mag. Fürnkranz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sattlberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dr. Gerhard K***** und andere wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB, AZ 18 Hv 100/11f des Landesgerichts Klagenfurt, über die Erneuerungsanträge gemäß § 363a StPO der Verurteilten Dr. Gerhard K***** und Mag. Günter S***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0110OS00177.13H.0211.000

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 24. Mai 2012, GZ 18 Hv 100/11f‑373a, wurden ua Dr. Gerhard K***** des Verbrechens der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB (II./) und Mag. Günter S***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB (I./) schuldig erkannt.

Die dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Genannten verwarf der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 2. Juli 2013, GZ 13 Os 131/12g‑18, und gab deren Berufungen nicht Folge.

Die für den Fall deren Erfolglosigkeit mit ihren Nichtigkeitsbeschwerden erhobenen und auf dasselbe Vorbringen gestützten Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO der Angeklagten Mag. Günter S***** und Dr. Gerhard K***** (wie auch des Angeklagten Mag. Hermann G*****) wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 2. Juli 2013, GZ 13 Os 135/12w‑9, zurück.

Mit dem Obersten Gerichtshof am 20. Dezember 2013 in getrennten Schriftsätzen vorgelegten, inhaltlich gänzlich übereinstimmenden Anträgen begehren Dr. Gerhard K***** und Mag. Günter S***** erneut die Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die ‑ sich nicht auf eine Entscheidung des EGMR berufenden ‑ Erneuerungsanträge eine aus der Sachverständigenbestellung, der mangelnden Einbeziehung von Privatsachverständigen in das Hauptverfahren und der Verfassungskonformität des § 126 Abs 4 letzter Satz StPO resultierende Verletzung des Art 6 MRK monieren, erweisen sie sich als unzulässig: Die behauptete Grundrechtsverletzung wurde nämlich bereits ‑ wie von den Erneuerungswerbern selbst zugestanden ‑ in ihren Nichtigkeitsbeschwerden gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 24. Mai 2012, GZ 18 Hv 100/11f‑373a, durch ausführliche Auseinandersetzung mit denselben Themen und einer ausdrücklich daraus abgeleiteten Konventionswidrigkeit releviert und war die behauptete Befangenheit des Sachverständigen überdies Gegenstand von zugleich mit den Nichtigkeitsbeschwerden gestellten Erneuerungsanträgen.

Solcherart stimmen die vorliegenden Erneuerungsanträge „im Wesentlichen“ mit schon vorher vom Obersten Gerichtshof geprüften Nichtigkeitsbeschwerden bzw Erneuerungsanträgen überein, sodass dem Obersten Gerichtshof eine erneute inhaltliche Befassung verwehrt ist (RIS‑Justiz RS0122737; 13 Os 135/12w; 14 Os 178/08w, SSt 2009/10; 15 Os 147/10x; 11 Os 132/06f, SSt 2007/79; Schroll , WK‑StPO § 23 Rz 3; Reindl‑Krauskopf , WK‑StPO § 363a Rz 36).

Gemäß Art 92 Abs 1 B‑VG ist der Oberste Gerichtshof oberste Instanz in Zivil‑ und Strafrechtssachen, weshalb in derselben Sache gegen eine oberstgerichtliche Entscheidung ‑ mag sie auch (organisationsbedingt notwendigerweise) von einem Senat (also einem Teil der ‑ allerdings nie als Plenum zur Rechtsprechung zuständigen ‑ Gerichtseinheit „Oberster Gerichtshof“ ‑ § 34 StPO) gefällt worden sein (§ 5 Abs 1 erster Satz OGHG) ‑ schon begrifflich ein weiterer innerstaatlicher Rechtszug ausscheidet. Kein Senat des Obersten Gerichtshofs kann somit ‑ den Fall des vom Ansatz her anders gelagerten, sogenannten Reassumierens bei irrigem Ausgehen von unrichtigen tatsächlichen Umständen (RIS‑Justiz RS0101052) ausgenommen ‑ dem von den Verurteilten gestellten Antrag entsprechen, eine bestimmte Entscheidung ‑ noch dazu eines anderen Senats ‑ des Obersten Gerichtshofs aufzuheben und in idem zu entscheiden.

Dies gilt auch für Erneuerungsanträge nach § 363a StPO ohne vorherige Anrufung des EGMR.

Das hiezu vorgebrachte Argument, eine sich aus der Befassung im Ermittlungsverfahren ergebende Befangenheit des Sachverständigen sei nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen, weil sich der in der Verfahrensrüge (Z 4 des § 281 Abs 1 StPO) angesprochene Beweisantrag nach Ansicht des erkennenden Senats 13 darauf gar nicht gestützt habe und eine daraus resultierende Verletzung des Grundrechts des fairen Verfahrens vom Obersten Gerichtshof demgemäß noch nicht geprüft worden sei, geht ins Leere, weil bei der zur Beurteilung der Zulässigkeit des Erneuerungsantrags erforderlichen Prüfung nach Art 35 Abs 2 lit b MRK nicht auf den Inhalt der Begründung der schon vorliegenden Entscheidung, sondern auf den dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Antrag abzustellen ist (RIS‑Justiz RS0122737 [T12, T23, T37]). Auf die umfängliche Argumentation zu Art 6 Abs 3 lit d MRK war daher im Gegenstand nicht einzugehen.

Dem Vorbringen der Erneuerungswerber zuwider kann auch von einer Beeinträchtigung des Rechtes auf eine wirksame Beschwerde (Art 13 MRK) keine Rede sein, weil die behauptete Verletzung des Art 6 MRK ja schon in den erwähnten Nichtigkeitsbeschwerden vorgebracht werden konnte ( Grabenwarter/Pabel , EMRK 5 § 24 Rz 176 und 179) und der Oberste Gerichtshof zu 13 Os 131/12g die Frage einer Schmälerung von Verteidigungsrechten insgesamt verneinte.

Mit dem Hinweis auf die auch zum Zeitpunkt des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 2. Juli 2013 bestehende Dienstzuteilung der Vorsitzenden des im vorliegenden Verfahren in erster Instanz zuständigen Schöffengerichts zum erkennenden Senat des Obersten Gerichtshofs sprechen die Anträge keinen dessen Mitglieder betreffenden Ausschlussgrund an:

Seit einiger Zeit werden durch Erlass des Bundesministeriums für Justiz Richter von Landesgerichten dem Obersten Gerichtshof gemäß § 78 RStDG zugeteilt, um dort Erfahrungen für eine allfällig künftige Tätigkeit als Rechtsmittelrichter zu sammeln. Eine „Zuteilung“ an einen bestimmten Senat erfolgt nicht; unter der Leitung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs werden die dem Evidenzbüro des Obersten Gerichtshofs zugewiesenen Richter allerdings in der Regel überwiegend durch Richter eines bestimmten Senats des Obersten Gerichtshofs betreut. Die dem Höchstgericht zugeteilten Richter nehmen selbstverständlich an Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs nicht teil, werden in von ihnen geführten Verfahren nicht einmal mit irgendeiner (konzeptiven oder recherchierenden) Tätigkeit betraut und sind bei diesbezüglichen Beratungen der Höchstrichter nicht anwesend. Der aus der Zuteilung resultierende dienstliche Kontakt allein (und mehr behaupten selbst die Erneuerungswerber nicht) jedoch stellt selbst im Auge des kritischsten ‑ aber immer noch aequidistant beurteilenden ‑ objektiven Beobachters ( Lässig , WK‑StPO § 43 Rz 10, 13) keinen Grund dar, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit von Richtern des Obersten Gerichtshofs in Zweifel zu ziehen (§ 43 Abs 1 Z 3 StPO).

Die Anträge auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a StPO waren daher ‑ auch unter Berücksichtigung der von der Verteidigerin gemäß § 24 StPO erstatteten Äußerungen ‑ gemäß § 363b Abs 2 Z 2, Z 3 StPO zurückzuweisen.

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