OGH 11Os171/02

OGH11Os171/0229.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. April 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Daniel H***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 14. Oktober 2002, GZ 36 Hv 176/02p-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17. Februar 1984 geborene Daniel H***** von der wider ihn wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB erhobenen Anklage, er habe am 20. März 2002 in Innsbruck außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, indem er die am 3. August 1994 geborene Melanie Hü***** dreimal über dem Badeanzug an der Scheide betastete, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit ausschließlich auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Die Tatrichter gelangten nach der gebotenen Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Verfahrensresultate in freier Beweiswürdigung (§ 285 Abs 2 StPO) zur Ansicht, dass der Angeklagte die unmündige Melanie Hü***** beim Spielen in einem Schwimmbecken eines Hallenbades mehrfach kurz und flüchtig über dem Badeanzug im Bereich der Scheide berührte, ohne dabei wissentlich und willentlich eine geschlechtliche Handlung an dem Mädchen vorzunehmen (US 3). Diese zum Tatvorsatz getroffenen Negativfeststellungen wurden - der Beschwerde zuwider - formal einwandfrei begründet.

Indem die Beschwerdeführerin mit eigenen Beweiswerterwägungen die aus den Schilderungen der Zeugin Hü***** abgeleiteten Rückschlüsse des Erstgerichtes bezweifelt, bekämpft sie lediglich die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Dies betrifft insbesondere auch den behaupteten Widerspruch zwischen den Urteilsannahmen, die Berührung sei einerseits nur flüchtig (US 3), andererseits aber heftig (US 4) gewesen, der vom Schöffensenat mit nachvollziehbarer Begründung, welche die Anklagebehörde unbeachtet lässt, aufgelöst wurde (US 4). Der Vorwurf unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) kann aber auch nicht auf die Behauptung gestützt werden, das Schöffengericht habe es unterlassen, ein kinderpsychologisches Gutachten zu der von ihm mit unbedenklicher Begründung angenommenen "hellhörigen Suggestibilität" von Kindern im Alter des Tatopfers (US 5) einzuholen, zumal die Zuziehung eines solchen Experten nur in besonders gelagerten, hier nicht zutreffenden Fällen wie etwa psychischer oder charakterlicher Abnormitäten angezeigt ist (Ratz WK-StPO § 281 Rz 457). Außerdem könnte das Unterbleiben der nunmehr relevierten Beweisaufnahme - unter der (vorliegend nicht gegebenen) Voraussetzung entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung - nur aus der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gerügt werden (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 82 bis 84).

Einzelne Aussagedetails der Zeugin Hü*****, wie deren Protest gegen die (vorangegangenen) geschlechtsbezogenen Berührungen des Angeklagten (S 27), bedurften mangels Entscheidungsrelevanz für die Frage des Tatvorsatzes ebenso wenig einer Erörterung in den gedrängt abzufassenden Urteilsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) wie die eine andere Lösung der Beweisfrage gar nicht indizierende (Ratz aaO Rz 424) Aussage des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung, wonach er sich lediglich an eine unbeabsichtigte Berührung im Scheidenbereich der Unmündigen mit seinem Daumen erinnern könne (S 15, 19).

Die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO).

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