OGH 11Os149/96

OGH11Os149/9617.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Dezember 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Heißenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Horst Dieter B***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster Fall SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 12.April 1996, GZ 23 Vr 74/96-53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung auch der zu Punkt A/3 des Schuldspruches bezeichneten Tat, in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung dieser Tat nach § 12 Abs 2 (erster Fall) SGG und demgemäß auch im Strafausspruch nach dem Suchtgiftgesetz, ferner im Strafausspruch nach dem FinStrG aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthält, wurde Horst Dieter B***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster Fall SGG, teilweise in Verbindung mit § 12 StGB, (A), und des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 148 StGB (D) sowie des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (B), des Vergehens der öffentlichen unzüchtigen Handlungen nach § 218 StGB (C), und des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (E) schuldig erkannt.

Ihm liegt (soweit von der Rechtsmittelanfechtung betroffen) zur Last, er habe

(zu A) im Oktober 1994 den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge ausgeführt, eingeführt und in Verkehr gesetzt, und zwar dadurch, daß er

1.) mindestens 1 Kilogramm Haschisch von Holland aus- und über Frankreich und die Schweiz nach Österreich einführte und davon 1/2 Kilogramm an den abgesondert verfolgten Anton H***** verkaufte,

2.) mit dem deswegen verurteilten Anton H***** 2 Kilogramm Haschisch von Holland aus- und über Frankreich und die Schweiz nach Österreich einführte, wobei er davon 1/2 Kilogramm Anton H***** zum Weiterverkauf übergab,

3.) Anton H***** mit einem Suchtgiftlieferanten in Holland bekanntmachte und es ihm dadurch ermöglichte, im Jänner und Februar 1995 insgesamt 3 1/2 Kilogramm Haschisch von Holland aus- und über Deutschland nach Österreich einzuführen;

(zu B) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift besessen und anderen überlassen, und zwar

1.) in der Zeit von Juli bis September 1994 durch mindestens einmaligen Konsum von Marihuana sowie mindestens einmalige Weitergabe von Marihuana an Anton H*****,

2.) in der Zeit vom 30.Oktober 1995 bis 9.Jänner 1996 durch wiederholten Konsum und Besitz von Haschisch und Marihuana;

(zu D) am 31.Mai 1994 in Wien gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch die Vorgabe, ohne Unterstand und nicht an einer anderen Anschrift gemeldet zu sein, Verfügungsberechtigte des Sozialreferates Wien zur Auszahlung der Sozialhilfe verleitet, wodurch dem Magistrat der Stadt Wien ein Schaden von 17.322 S entstand, und

(zu E) durch die zu A/1 und 2 genannten Handlungen eingangsabgabepflichtige Waren unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a, 9 lit a, 10 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist teilweise berechtigt.

Zutreffend wendet der Beschwerdeführer in der Subsumtionsrüge (Z 10) ein, daß im angefochtenen Urteil zum Schuldspruch wegen des Verbrechens nach dem Suchtgiftgesetz nur hinsichtlich der Taten laut Punkt A/1 und 2 (eigene "Aus- und Einfuhren und Weiterverkäufe", US 7), nicht aber auch zu Punkt A/3 die Absicht gewerbsmäßiger Tatbegehung festgestellt wurde (US 7; vgl korrespondierend dazu auch den Schuldspruch E samt den Feststellungen US 9). Demzufolge mußte - in Stattgebung der darauf abzielenden Subsumtionsrüge - das angefochtene Urteil im Ausspruch gewerbsmäßiger Beteiligung des Angeklagten auch an der vom Schuldspruch zu Punkt A/3 erfaßten Tat und in der auch insoweit erfolgten Unterstellung unter die Qualifikationsnorm nach § 12 Abs 2 SGG der Aufhebung verfallen, bleibt doch - außerhalb des hier nicht aktuellen Zusammenrechnungsgrundsatzes nach § 29 StGB - die rechtliche Selbständigkeit mehrerer zueinander gleichartig realkonkurrierender deliktischer Angriffe ungeachtet ihrer zusammenfassenden Subsumtion bestehen, sodaß die einzelnen Angriffe auch in Ansehung einer bestimmten Qualifikation einem gesonderten Schicksal unterworfen bleiben (vgl SSt 49/7; 10 Os 82/85 ua).

Gleichfalls mit Recht weist die Strafbemessungsrüge (Z 11) darauf hin, daß dem angefochtenen Urteil die Berechnungsgrundlage für die nach § 38 (Abs 1) FinStrG ausgesprochene Geldstrafe fehlt. Dieser den strafbestimmenden Wertbetrag (§ 38 Abs 1 iVm § 35 Abs 4 FinStrG) betreffende Feststellungsmangel (vgl Mayerhofer/Rieder, § 281 Z 11 ENr 29) macht im Umfang des auf dem Finanzstrafgesetz beruhenden Strafausspruches ebenfalls eine Verfahrenserneuerung unumgänglich.

Im übrigen ist die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch unbegründet.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider vermag der Einwand einer offenbar unzureichenden Begründung für die Feststellungen zu den Schuldsprüchen laut Punkt A/3 und B/1 nicht durchzuschlagen, weil aus dem angefochtenen Urteil unzweifelhaft erkennbar ist, daß die Tatrichter ihre den Schuldspruch tragenden Konstatierungen nicht nur zu den Schuldsprüchen A/1 und A/2, sondern auch zu A/3 und B/1 auf die Angaben des Anton H***** vor der Sicherheitsbehörde (101 bis 111, 125 bis 129) stützten und hiedurch die insoweit leugnende Verantwortung des Angeklagten für widerlegt erachteten.

Entgegen den Ausführungen in der Mängelrüge wurde den formellen Anforderungen an die Urteilsbegründung auch in Ansehung der Urteilsannahmen zum Schuldspruch (Punkt D) wegen gewerbsmäßigen Betruges durch Bezugnahme auf die Angaben der Zeugin Elisabeth B***** (579 f) und die eigene (geständige) Verantwortung des Angeklagten Genüge getan (561, 579 f).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder versucht die Beweiswürdigung der Tatrichter, soweit diese ihre zum Schuldspruch führende Überzeugung auf die Angaben des Zeugen Anton H***** vor der Polizei (101 bis 111, 125 bis 129) stützten und dessen spätere - vor allem in der Hauptverhandlung - davon abweichende Angaben für unglaubwürdig erachteten (Fakten A/1-3, B/1), in Zweifel zu ziehen. Mit der weitwendigen Erörterung von Einzelheiten der Angaben des Zeugen Anton H***** in der Hauptverhandlung und daraus abgeleiteten Überlegungen in Richtung einer allfälligen (ursprünglichen) Falschbelastung des Angeklagten vermag die Beschwerde keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen, nämlich im Blickwinkel intersubjektiver Überzeugungswerte gelegenen Bedenken gegen die die Schuldsprüche tragenden erstgerichtlichen Feststellungen darzustellen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermißt zum Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Betruges die Feststellung eines Täuschungsvorsatzes. Sie orientiert sich dabei allerdings nicht am gesamten wesentlichen Urteilssachverhalt, der im Ergebnis keinen Zweifel daran läßt (US 3, 9), daß der Angeklagte mit Wissen und Wollen die Magistratsbeamten täuschte, um die Sozialhilfe (unberechtigterweise) ausbezahlt zu erhalten; die Rüge ist damit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Dies gilt gleichermaßen für den gegen den Schuldspruch wegen des Finanzdelikts (E) gerichteten Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe es versäumt darzulegen, welche Eingangsabgaben in welcher Höhe durch den Schmuggel verkürzt worden seien. Soweit die verkürzten Abgaben als Grundlage für den strafbestimmenden Wertbetrag und damit für die Bemessung der Geldstrafe nach dem FinStrG bedeutsam sind, wurde dem geltend gemachten Mangel (Z 11) durch Kassation des bezüglichen Strafausspruchs ohnehin Rechnung getragen.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) im übrigen entbehrt, soweit sie über den oben bereits dargelegten erfolgreichen Teil hinausgeht, ebenfalls der prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Der Einwand, der Angeklagte sei zu den Schuldspruchfakten A/1 bis 3 wegen eines fortgesetzten Deliktes schuldig erkannt worden, für welche Begehungsweise aber die dafür erforderliche Feststellung eines Gesamtvorsatzes fehle, ist urteilsfremd und läßt daher ebenfalls die prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen. Gleiches gilt schließlich für den Einwand, dem angefochtenen Urteil fehlten zum Schuldspruch laut Punkt A/3 Feststellungen zur subjektiven Tatseite, lassen doch die Urteilsgründe keinen Zweifel daran, daß der Angeklagte an der Einfuhr von 3,5 Kilogramm Haschisch jedenfalls vorsätzlich mitgewirkt hat (US 7).

Im zuletzt erörterten Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde - gleichfalls schon in nichtöffentlicher Sitzung - gemäß § 285 d Abs 1 StPO zurückzuweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Aufhebung (auch) des Strafausspruchs zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a Abs 1 StPO.

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