Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz K***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil er im Februar 1995 in Wien als Geschäftsführer der Firma R***** GesmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetz entsprechenden Voranmeldungen für den Monat Dezember 1994 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Dezember 1994 um 3,119.922 S bewirkte, wobei er diese Verkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiß hielt.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.
Der Angeklagte, der sowohl im Vorverfahren als auch in der Hauptverhandlung jegliches strafbare Verhalten in Abrede stellte, verantwortete sich dahin, die von ihm repräsentierte Firma R***** habe im Hinblick darauf, daß der Vertragspartner, die Firma S*****GesmbH, vor Beendigung der Bauarbeiten die Zahlungen eingestellt habe, nicht Rechnung gelegt, sondern zur Information des mit dem Zahlungsverzug befaßten Rechtsanwaltes und zur Vorbereitung eines Zivilverfahrens (lediglich) eine Aufstellung der bis dahin für die Firma S***** aufgewendeten Kosten verfaßt; die Legung einer Schlußrechnung sei erst für den (im relevanten Zeitraum nicht aktuellen) Fall der Einstellung der Bauarbeiten in Aussicht genommen worden. Die Zeugin B***** habe mit dem Steuerberater der Firma R***** Kontakt aufgenommen und nach erfolgter Rücksprache mitgeteilt, "daß es nur so geht, daß man die Kosten bekannt gibt, und zwar in der Form, daß man keine Rechnung macht, sondern nur eine Kostenzusammenstellung".
Die Zeugin B***** bekundete in Übereinstimmung mit dieser Verantwortung, daß keine (die Zahlschuld auslösende) Rechnungen erstellt, sondern als "Kostenaufstellung" oder "Aufstellung" bezeichnete, ihrer Meinung nach keine Zahlungsaufforderung beinhaltende Schreiben für den Rechtsanwalt des Unternehmens verfaßt worden seien; ergänzend führte sie in der Hauptverhandlung aus, sie habe im bezeichneten Konnex mit dem Mitarbeiter des Steuerberaters, L*****, gesprochen, der erklärte habe, "daß es ein Problem sein wird, da eben (die) Umsatzsteuer ausgeworfen wurde in den Aufstellungen und diese somit geschuldet werde" (79).
Das Schöffengericht stützte den Schuldspruch auf die "klaren und detaillierten finanzbehördlichen Erhebungen" sowie auf die Aussagen der Zeugen B***** und Mag.G***** (der erst Monate später mit der dargelegten Problematik befaßt wurde), durch die es die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers für widerlegt erachtete.
Den Antrag des Angeklagten auf Einvernahme des Zeugen Johannes L***** "zum Beweis dafür, daß das von Frau B***** geschilderte Gespräch mit ihm tatsächlich so stattgefunden hat und zum Beweis dafür, daß es sich hiebei um einen Rat gehandelt hat, daß man eine Zahlungsaufstellung oder eine Zwischenabrechnung unter Beachtung der steuerrechtlichen Voraussetzungen (ersichtlich gemeint: und ohne Auslösung der steuerrechtlichen Zahlschuld) tatsächlich durchführen könnte sowie auf Beischaffung "des inkriminierten Schreibens" zur Klärung der Frage, "ob es als Kostenaufstellung gekennzeichnet war oder als Rechnung" wiesen die Tatrichter mit der Begründung ab, "der unter Beweis gestellte Sachverhalt und die dazu angeführten Beweismittel seien so geartet, daß sie von vornherein am eigentlichen Beweisthema (Steuerhinterziehung mit Wissen und Vorsatz des Angeklagten) vorbeizielen".
Damit wurden aber in der Tat Verteidigungsrechte des Angeklagten verletzt, weil nach Lage des Falles das angestrebte Beweisergebnis Rückschlüsse auf die fallbezogen tatbestandsspezifische (besondere) Schuldform (s. Dorazil-Harbich FinStrG § 33 E 36 ff) ermöglichen könnte. Durch die Ablehnung der dazu beantragten Beweisaufnahmen mit der eingangs wiedergegebenen Begründung hat das Schöffengericht zum Nachteil des Angeklagten gegen den Grundsatz des Verbots einer vorgreifenden Beweiswürdigung verstoßen, dessen Beachtung durch das Wesen eines die Verteidigung (gleichwie die Strafverfolgung) sichernden Verfahrens geboten ist.
Demgemäß war schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedarf.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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