Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten De M***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch die nur im Strafpunkt bekämpfte Verurteilung des Mitangeklagten Dr. Reinhard S***** enthält - wurde Christian De M***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, des Verbrechens (siehe oben) nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und der Vergehen nach § 27 Abs 1 zweiter Fall SMG, der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB, der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und jenes nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffenG schuldig erkannt.
Danach hat er
A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift
I) in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG)
übersteigenden Menge
1) gewerbsmäßig ein- und ausgeführt, und zwar
...
b) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Dr. Reinhard S***** zwischen Ende 1998/Anfang 1999 und 25. Juli 2001, indem sie insgesamt ca 2.500 g Heroin in zahlreichen Angriffen von Pakistan und Thailand nach Österreich schmuggelten,
c) am 28. September 2001, indem er insgesamt 225,45 g Heroin (Reinheitsgehalt 140 +/- 2,1 g sowie 16,4 +/- 0,35 g) auf dem Postweg von Thailand nach Österreich sandte,
d) im Zeitraum von Anfang 1998 bis Anfang 1999, indem er insgesamt zumindest rund 127 g Heroin in zahlreichen Angriffen auf dem Postweg von Thailand nach Österreich dem in Graz wohnhaften Michael J***** sandte;
2) in Graz und anderen Orten in Verkehr gesetzt, und zwar
...
b) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Dr. Reinhard S***** zwischen Ende 1998 bis 17. September 2001 gewerbsmäßig, indem sie insgesamt ca 1.000 g Heroin in zahlreichen Angriffen an bislang unbekannte, jedoch auch bekannte Personen, und zwar Michael J*****, Heinz W***** und Werner N***** gewinnbringend verkauften,
c) im Zeitraum 1998 bis Anfang 1999, indem er die auf dem Postweg von Thailand nach Graz dem Michael J***** gesandten zumindest rund 127 g Heroin in zahlreichen Angriffen gewinnbringend verkaufte,
II) in Graz und anderen Orten mit Ausnahme der zu Punkt I) angeführten Mengen besessen, und zwar
...
2) indem er
a) im Zeitraum von Ende 1998/Anfang 1999 bis 8. Oktober 2001 insgesamt zumindest 500 g Heroin in zahlreichen Angriffen konsumierte,
b) am 8. Oktober 2001 im Besitze von 0,5 g Heroin war;
...
D) am 1. März 2002 in Graz den Arzt Dr. Friedrich E***** durch die Ankündigung "Wenn ich keine Methadonsubstitution erhalte, sorge ich für die Verbreitung von Hepatitis C im Haus!" zu einer Handlung, nämlich zur Verabreichung von Methadon durch gefährliche Drohung zu nötigen versucht;
E) im Zeitraum von 1999 bis 8. Oktober 2001 in Wien, Graz und anderen
Orten, wenn auch nur fahrlässig, eine Waffe, nämlich einen Tränengasspray besessen, obwohl im dies gemäß § 12 WaffenG verboten war;
F) im Zeitraum 1999 bis 8. Oktober 2001 in Graz Urkunden, über die er
nicht verfügen durfte, nämlich die Reisepasse von Heimo M***** und Michaela Jo***** mit dem Vorsatz zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweise der sich aus ihnen ergebenden Rechte, Rechtsverhältnisse und Tatsachen gebraucht werden, unterdrückt, indem er sie an sich nahm und den Berechtigten vorenthielt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten De M***** aus § 281 Abs 1 Z 3, 5, 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Es ist zwar richtig, dass - über Antrag des Angeklagten vom 31. Januar (!) 2003 - relativ knapp vor der Hauptverhandlung am 5. Februar 2003 ein Wechsel in der Person des Verfahrenshelfers eintrat (Bestellungsbescheid der steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 3. Februar 2003 nach Gerichtsbeschluss vom 31. Januar 2003, vgl ON 190, 191). Abgesehen davon jedoch, dass durch einen Wechsel in der Person des Verteidigers das Verfahren grundsätzlich nicht aufgehalten werden darf (§ 44 Abs 2 letzter Satz StPO), schlägt das auf § 221 StPO gestützte Vorbringen einer Fristverkürzung für den Verteidiger fehl, weil der dreitägige Vorbereitungszeitraum des § 221 Abs 1 Satz 1 erster Fall StPO nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht dem Verteidiger, sondern dem Angeklagten höchstpersönlich zusteht, darüber hinaus aber nur für die erste, nicht für eine - wie hier (vgl die Termine 23. Oktober und 29. November 2002, ON 169 und 176) - weitere Hauptverhandlung (Danek, WK-StPO § 221 Rz 9, 11; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 241). Der allgemeinen Behauptung eines Verstoßes gegen Art 6 EMRK ist prinzipiell zu erwidern, dass durch diese Norm der taxative Katalog der Nichtigkeitsgründe nicht erweitert wird (Mayerhofer StPO4 § 281 E 1 bis 3; ders NG4 EMRK Art 6 E 15a, Art 13 E 4; jüngst 12 Os 52/03) und es unter dem Gesichtspunkt eines allenfalls in Betracht zu ziehenden Verfahrensmangels nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO an einem zu dessen Geltendmachung erforderlichen (an Art 6 Abs 3 lit b EMRK zu messenden) Antrag auf Vertagung der Hauptverhandlung zwecks deren besserer Vorbereitung mangelt (vgl Danek aaO Rz 11 mwN).
Die Protokollierung der Urteilsverkündung (S 313/III) begründet weder mit Blick auf § 260 StPO noch auf § 271 StPO Nichtigkeit nach Z 3. Nur die gänzliche Unterlassung der Protokollführung ist derart streng sanktioniert (§ 271 Abs 1 Satz 1 StPO), nicht aber die der vom Gesetz nicht geforderten umfänglichen Erzählung der Urteilsverkündung (Ratz aaO Rz 262; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 3 E 51, § 271 E 7, 22). Dem nicht statuierten, wegen der Bedeutung des verkündeten Urteiles (Foregger/Fabrizy StPO8 § 270 Rz 12) aber praktisch sinnvollen Gebot, die in § 260 Abs 1 StPO erwähnten Aussprüche wenigstens schlagwortartig festzuhalten (vgl den in Mayerhofer aaO § 271 A 1a erwähnten Erlass des Bundesministeriums für Justiz), genügt deren Darstellung mit dem Verweis auf die Angeklageschrift (ON 139), wodurch erhellt, dass das verkündete Urteil sämtliche Aussprüche nach § 260 Abs 1 StPO enthielt.
Die Mängelrüge (Z 5) kritisiert die Verwendung von "Beiläufigkeitsausdrücken" bei den Mengenangaben der tatverfangenen Suchtgifte als Undeutlichkeit, spricht damit jedoch nach Lage des Falles keine entscheidenden Tatsachen an, weil schon durch das Schuldspruchfaktum A)I)1)c) die höchste Qualifikationsgrenze nach § 28 SMG überschritten war und auch bei den übrigen Mengen wahrlich nicht strittig sein konnte (vgl Ratz aaO Rz 406; Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 4b, 20, 20a, 42). Dass insgesamt Suchtgiftquanten weit über der Qualifikation nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG grenzüberschreitend geschmuggelt und in Verkehr gesetzt wurden, konnte das Erstgericht formell unbedenklich auf die sicherheitsbehördlichen Erhebungsergebnisse und das damit korrelierende Geständnis des Nichtigkeitswerbers stützen (US 20; S 137/I, 24, 27/III, 296/III [auch inhaltlich geständige Einlassung im Sinne der Anklage bezüglich Heroins von guter Qualität]). Die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz in diesem Zusammenhang bleibt einerseits prozessordnungswidrig die Darlegung faktischer Anhaltspunkte für Zweifel schuldig und verfehlt überdies die Darstellung eines mit Mängelrüge angreifbaren Urteilsfehlers (Ratz aaO Rz 454). Der Beschwerde zuwider (die dies als Undeutlichkeit der Diktion aufgreift, wohl aber unzureichende Begründung meint - vgl Foregger/Fabrizy aaO § 281 Rz 46) kann auf sich beruhen, dass das Erstgericht bei der beweiswürdigenden Überlegung, der Rechtsmittelwerber sei bestrebt gewesen, sein Täterprofil in eine bessere Rolle zu bringen, das einleitende Wort "offenkundig" verwendete (US 22). Denn diese Urteilspassage betrifft weder zum Schuldspruchfaktum D) - in dessen Kontext sie verwendet wird - noch zu den anderen Schuldsprüchen Entscheidungswesentliches, ist überdies Ausdruck des Ergebnisses eines Logikschlusses und steht nicht an dessen Stelle. Die im Widerspruch zu §§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO unsubstantiierte Behauptung einer unvollständigen Verwertung von Beweisergebnissen ist einer sachlichen Behandlung nicht zugänglich. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) moniert mangelnde Feststellungen über den Vorsatz des Angeklagten, übergeht dabei aber die für die abschließende Subsumtion zureichenden Konstatierungen dazu US 16, 19, 20 (die im Zusammenhang mit den Ausführungen US 24 bis 26 und 29 zu lesen sind). Die Nichtigkeitsbeschwerde entzieht sich somit in diesem Umfang einer meritorischen Erledigung.
Deshalb und im Übrigen als offenbar unbegründet war sie bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1, Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz für die Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung fußt auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)