OGH 11Os116/94(11Os117/94)

OGH11Os116/94(11Os117/94)20.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. September 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krumholz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ernst R*****wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 15. Juni 1994, GZ 8 Vr 30/88-106, sowie über seine Beschwerde gegen den gemäß § 494 a Abs 4 StPO gemeinsam mit diesem Urteil ergangenen Beschluß nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst R*****der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB (1./), nach § 114 Abs 1 ASVG (2./), und der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB (3./) sowie des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 StGB (4./) schuldig erkannt.

Darnach hat er

1./ von 1988 bis 5. September 1990 in E*****als Geschäftsführer der Firma R*****GesmbH in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens die Befriedigung der Gläubiger dadurch geschmälert, daß er bei bestehender objektiver Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung der Gläubiger durch Eingehen neuer Schulden, Bezahlung alter Schulden und nicht rechtzeitige (Antragstellung auf) Eröffnung des Insolvenzverfahrens schmälerte.

2./ in der Zeit von Juli 1993 bis Mai 1994 in E*****als Geschäftsführer der Firma R*****Bauunternehmungs GesmbH, sohin als Dienstgeber, Beiträge der Dienstnehmer zur Sozialversicherung, nämlich der OÖ. Gebietskrankenkasse, im Gesamtbetrag von 491.695,61 S durch Verwendung dieser Beträge zur Bezahlung anderer Schulden dem berechtigten Versicherungsträger vorenthalten,

3./ in Eggelsberg als Geschäftsführer der Firma R*****Bauunternehmungs GesmbH nach Eintritt deren Zahlungsunfähigkeit Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt, und zwar

a) vom 1. April 1986 bis zum 13. Februar 1987 die OÖ. Gebietskrankenkasse durch Bezahlung eines Gesamtbetrages von 1,489.444,66 S,

b) am 31. Juli 1986 Johann F*****durch Bezahlung von 46.514,11 S,

4./ am 30. Oktober 1986 in Salzburg ein ihm anvertrautes Gut in einem 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich einen von der Firma AVA Bank GesmbH geleasten Turmdrehkran Liebherr F 45 K/80 S dadurch, daß er diesen Turmdrehkran trotz bestehenden Eigentumsvorbehaltes an Johann L*****verkaufte, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Gegen diese Schuldsprüche richtet sich die auf die Z 5, 5 a, 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Zum Urteilsfaktum 1./:

In diesem Punkt rügt der Angeklagte das angefochtene Urteil als nicht bzw offenbar unzureichend begründet, vermag aber einen Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes nicht darzutun. Die Beschwerde muß selbst einräumen, daß sich die Tatrichter bei ihren Konstatierungen über die objektive Zahlungsunfähigkeit und deren Erkennen durch den Angeklagten auf das Gutachten des Buchsachverständigen Günther Z*****stützten konnten, welcher sich auch mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens auseinandergesetzt und diese als negativ beurteilt hat. Die entscheidungswesentlichen Urteilsannahmen zu diesem Faktum sind daher mängelfrei begründet. Das Erstgericht hat sich aber auch damit auseinandergesetzt, daß der Steuerberater des Angeklagten die wirtschaftliche Entwicklung anders beurteilt hat. Ungeachtet dessen hat es unter Berücksichtigung der gesamten Beweisergebnisse (gemäß § 258 Abs 2 StPO) die einleitend wiedergegebenen Schlüsse auf den objektiven und subjektiven Vergehenstatbestand gezogen. Daß aus dem Sachverhaltssubstrat auch andere Schlüsse abgeleitet hätten werden können, bewirkt keine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 145 zu § 281 Z 5).

Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu diesem Faktum verläßt die Beschwerde den Boden der Tatsachenfeststellungen, wenn sie von den einen Irrtum des Angeklagten ausschließenden Urteilsannahmen abweichend einen solchen Irrtum als naheliegend bezeichnet. Damit ist die Rechtsrüge aber nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Zum Urteilsfaktum 2./:

Bei dem auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Vorbringen zu diesem Faktum vernachlässigt der Angeklagte, daß nach den Feststellungen des angefochtenen Urteiles (US 12 und 26) der Angeklagte seine nach § 114 Abs 3 Z 2 ASVG eingegangene Verpflichtung nicht einhielt, weswegen die Strafbarkeit im Sinne des Abs 4 der genannten Gesetzesstelle wieder auflebte. Mit der Behauptung, die OÖ Gebietskrankenkasse "stehe nach wie vor zu dieser Ratenvereinbarung", übergeht der Beschwerdeführer die ausdrückliche Urteilsannahme, daß in dieser Erklärung der OÖ Gebietskrankenkasse keinesfalls die nachträgliche Sanktion der Säumnis des Angeklagten zu erblicken sei. Damit ist auch in diesem Punkt die Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß zur Darstellung gebracht. In Wahrheit versucht die Beschwerde vielmehr unter neuerlicher Aktualisierung der Tatfrage zu von den getroffenen Feststellungen abweichenden, für den Angeklagten günstigeren Konstatierungen zu gelangen und bekämpft damit im Ergebnis auf unzulässige Weise die Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter nach Art einer Schuldberufung.

Zum Faktum 3./:

Mit der Mängelrüge (Z 5) wird zu diesem Faktum vom Beschwerdeführer erneut kein formeller Begründungsmangel dargetan, weil das Erstgericht - wie bereits zu Faktum 1./ ausgeführt, zur Begründung der Annahme der objektiven Zahlungsunfähigkeit auf das Gutachten des Buchsachverständigen Z*****zurückgreifen konnte und damit die bezüglichen Annahmen mängelfrei begründt hat. Dabei hat es sich auch mit der Verantwortung des Angeklagten ausreichend auseinandergesetzt. Insoweit genügt gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO eine zusammenfassende gedrängte Darstellung, ohne daß es der Erörterung sämtlicher Details der Verantwortung bedarf.

Dem nicht weiter substantiierten Vorbringen, es werde auch die "Benachteiligungsabsicht" des Angeklagten bestritten, genügt es entgegenzuhalten, daß gemäß § 158 Abs 1 StGB auf der subjektiven Tatseite für das tatbestandsmäßige "Benachteiligen" Eventualvorsatz ausreicht (§ 5 Abs 1 StGB) und die hiefür von den Tatrichtern aus den Anfechtungsprozessen abgeleiteten Schlußfolgerungen mit den Denkgesetzen im Einklang stehen.

Zum Faktum 4./:

Mit dem Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 5 a), die sich bemüht, die Aussageehrlichkeit des Zeugen Johann L*****in Zweifel zu ziehen, wird nur abermals - auch unter dem Aspekt dieses Nichtigkeitsgrundes unzulässigerweise - in die Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter eingegriffen. Der Hinweis auf die Weiterzahlung der Leasingraten vermag indes erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch nach § 133 Abs 1 und 2 StGB zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen nicht zu wecken.

Die zum Teil unbegründete, zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß über die Berufung des Angeklagten sowie über seine Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß das dafür zuständige Oberlandesgericht zu befinden haben wird (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte