OGH 11Os111/08w

OGH11Os111/08w16.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Falmbigl als Schriftführer, in der Strafsache gegen DI Andreas Z***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 28. April 2008, GZ 39 Hv 28/07z-67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinen Schuldsprüchen I./A./ und B./ , demgemäß im Strafausspruch und im Ausspruch über die Verweisung des Privatbeteiligten Walter F***** auf den Zivilrechtsweg aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit der Berufung wegen Strafe wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche des Privatbeteiligten Dr. Thomas W***** werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde DI Andreas Z***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (I./A./ und B./) und des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB (II./A./ und B./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit bzw Leistungsbereitschaft, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese am Vermögen schädigten, und zwar

A./ am 3. September 2002 in W***** Verfügungsberechtigte der W***** GmbH „zur verkaufsweisen Ausfolgung eines PKW der Marke Passat Variant im Wert von 17.717,27 Euro";

B./ in B***** den Walter F*****

1./ im Zeitraum zwischen 29. März 2003 und 21. Mai 2003 zur Ausfolgung einer Anzahlung in nicht mehr feststellbarer, aber 3.000 Euro jedenfalls übersteigender Höhe;

2./ am 4. Juni 2003 zur Zuzählung eines Darlehens in Höhe von 40.000 Euro;

wobei er durch die Tat einen insgesamt zumindest 57.717,27 Euro betragenden, sohin 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte;

II./ die Befriedigung seiner Gläubiger bzw jener des Unternehmens H***** OEG insbesondere der L***** GmbH & Co KG, der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle *****, der B***** AG, der C***** AG, der NÖ L***** AG und der V***** reg GenmbH, der Z***** AG, der Marktgemeinde G***** dadurch vereitelt „bzw" geschmälert, dass er

A./ am 3. Jänner 2003 in K***** als faktischer Geschäftsführer das Vermögen des Unternehmens verringerte, indem er das in deren Eigentum stehende Haus mit der Anschrift *****, für einen Zeitraum von zehn Jahren beginnend ab 1. Jänner 2003 zu einem weit unterdurchschnittlichen Mietzins in Höhe von 200 Euro pro Monat an Gheorghe M***** vermietete;

B./ am 15. Jänner 2003 in M***** einen Bestandteil seines Vermögens, nämlich die in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaft EZ ***** und der Adresse B*****gasse ***** samt Wohnhaus im Wert von ca 397.000 Euro ohne Gegenleistung an die in Liechtenstein ansässige S***** Foundation veräußerte,

wobei er durch die Tat einen 50.000,- Euro übersteigenden Schaden herbeiführte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge zeigt zum Schuldspruch I./B./2./ zutreffend eine entscheidungswesentliche Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) durch unrichtige Wiedergabe des Inhalts einer Aussage auf. Denn die den Angeklagten belastende Feststellung, er habe Walter F***** zum Zeitpunkt der Geldübergabe am Nachmittag des 4. Juni 2003 seine (Rück-)Zahlungsfähigkeit und -willigkeit vorgetäuscht, stützte das Erstgericht auf die Aussage des Zeugen Walter F***** (S 217/III). Nach den Angaben dieses Zeugen fand jenes Gespräch, bei dem der Angeklagte ihm vortäuschte, er werde die Rückzahlung des Darlehens aus dem Verkauf einiger Eigentumswohnungen finanzieren, aber erst im September oder Oktober 2003 - also mehrere Monate nach der Zuzählung des Darlehens - statt.

Im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5a, der Sache nach Z 9 lit a) weist der Angeklagte weiters im Ergebnis zu Recht darauf hin, dass bezüglich des Schuldspruchs I./A./ Feststellungen zu einem bereits im Tatzeitpunkt vorliegenden Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz gänzlich fehlen. Die dieses Faktum betreffende Rechtsrüge ist allerdings nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil der Angeklagte unter Zugrundelegung eines hypothetischen Geschehensablaufs, somit entgegen den Konstatierungen des Erstgerichts, zu der Annahme gelangt, dass die W***** GmbH durch entsprechende Maßnahmen, wie das Begehren auf Herausgabe des Fahrzeugs, den Eintritt des Schadens hätte verhindern können. Zutreffend ist jedoch der Einwand der Rechtsrüge (nominell Z 10, der Sache nach Z 9 lit a), dass die zu Punkt I./B./1. getroffenen Feststellungen den Schuldspruch nicht zu tragen vermögen, weil vor oder spätestens bei Geldübergabe erfolgte Täuschungshandlungen des Angeklagten nicht festgestellt wurden.

Die somit dem Urteil hinsichtlich der Fakten I./A./ und B./ anhaftenden Begründungs- und Feststellungsmängel erfordern die Aufhebung der Schuldsprüche, demgemäß auch des Strafausspruchs und des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche des Privatbeteiligten Walter F***** sowie die Anordnung der Erneuerung des Verfahrens in diesem Umfang, weil sich schon bei nichtöffentlicher Beratung die Unmöglichkeit einer Sachentscheidung durch den Obersten Gerichtshof zeigte (§ 285e StPO). Im Übrigen aber ist die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie die Schuldsprüche II./A./ und B./ betrifft, unbegründet. Zu II./A./ behauptet der Beschwerdeführer das Vorliegen eines inneren Widerspruchs, weil seiner Ansicht nach der Abschluss des Mietvertrags mit Gheorghe M***** betreffend das Bürogebäude samt Nebengebäude in K***** keine Verringerung des Vermögens bewirken konnte, zumal zwei Einheiten des Wohn- bzw Nebengebäudes bereits an andere Personen vergeben waren. Hiebei übersieht der Angeklagte, dass die ihm vorgeworfene Vermögensverringerung darin liegt, dass der Mietgegenstand zu einem weit unterdurchschnittlichen Mietzins von 200 Euro vermietet wurde. Soweit die Begründung des damit im Zusammenhang stehenden Schadens von zumindest 67.866,81 Euro als unzureichend kritisiert wird, spricht die Mängelrüge keine entscheidende Tatsache an, weil die Schadensgrenze des § 156 Abs 2 StGB nicht berührt wird. Denn schon die zum Schuldspruch II./B./ festgestellte Vermögensverringerung allein beträgt 155.000 Euro.

Bei seiner den Schuldspruch II./B./ betreffenden Argumentation, die Liegenschaft in W***** sei mit Pfandrechten überbelastet gewesen, weswegen aus dem Verkauf eines solchen Grundstücks der Befriedigungsfonds der Gläubiger nicht verringert worden sein könne, übergeht der Beschwerdeführer, dass die Vermögensverringerung im Verzicht auf den vereinbarten Kaufpreis von 155.000 Euro bestand. Soweit er ausgehend von der Überbelastung des verkauften Grundstücks mit Pfandrechten eine Schädigung der Gläubiger negiert und unter Heranziehung des Nichtigkeitsgrunds des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO einen Freispruch fordert, geht er nicht von den erstinstanzlichen Feststellungen aus, sondern bestreitet sie und nimmt daher prozessordnungswidrig nicht den gebotenen Vergleich der Tatsachengrundlage mit dem darauf angewendeten Gesetz vor. In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche des Privatbeteiligten Dr. Thomas W***** folgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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