OGH 11Os107/24f

OGH11Os107/24f22.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Oktober 2024 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wachter als Schriftführerin in der Strafsache gegen * L* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom 1. August 2024, GZ 16 Hv 59/24k‑53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00107.24F.1022.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen – auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden – Urteil wurde * L* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 8. März 2024 in P* M* N* vorsätzlich zu töten versucht, indem er mit einem Klappmesser mit rund zwei Zentimeter breiter und rund acht Zentimeter langer Klinge mehrfache Stichbewegungen gegen dessen Oberkörper führte, wodurch M* N* mehrere Stich- und Stich-/Schnittverletzungen, verbunden mit einer zweifachen Eröffnung der Bauchhöhle und einer Eröffnung der Brusthöhle, mithin dem Grade nach an sich schwere Verletzungen erlitt.

[3] Die Geschworenen bejahten die in Richtung des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB gestellte Hauptfrage 1 (fortlaufende Nr 1), demzufolge unterblieb die Beantwortung daran anknüpfender, für den Fall der Verneinung der Hauptfrage gestellter Eventualfragen (fortlaufende Nr 2 bis 4). Weiters verneinten sie die – zutreffend alternativ gefasste (vgl RIS‑Justiz RS0100451, RS0102740 [T1]) – Zusatzfrage (fortlaufende Nr 5) nach dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr durch notwendige Verteidigung iSd § 3 Abs 1 erster Satz StGB (Fragenteil a/) und nach dem Schuldausschließungsgrund der Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt nach § 3 Abs 2 StGB (Fragenteil b/), weshalb auch die Beantwortung der für den Fall der Bejahung der Zusatzfrage in der Variante b/ gestellten Eventualfrage in Richtung des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4 erster Fall StGB (fortlaufende Nr 6) entfiel.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[5] Die Tatsachenrüge (Z 10a) vernachlässigt den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes, der dazu dient, anhand aktenkundiger Umstände unter Beachtung sämtlicher Verfahrensergebnisse erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Solche erheblichen Bedenken liegen nur dann vor, wenn die Laienrichter das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO gesetzlich zustehende Ermessen bei der Beweiswürdigung in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben und damit eine Fehlentscheidung qualifiziert naheliegt (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 470, 490 und § 345 Rz 11, 15; RIS‑Justiz RS0119583 [T13], RS0118780 [T16]). Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583).

[6] Mit dem Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten und einzelne Passagen von Aussagen der Zeugen Mi*, B* und L* N* sowie * F* gelingt es der für eine fahrlässige Körperverletzung infolge fahrlässiger Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt eintretenden Beschwerde nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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